Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)
Kontrolle behielt, auch an Orten wie diesem ...
Es war ohnehin absurd, Emotionen an ein Pr ogramm zu verschwenden. Das Mädchen neben ihm war Teil eines Programms. Rahina war kein Mensch, nicht einmal ein Cyborg oder eine KI. Sie existierte einzig in seiner Vorstellung. Dennoch wollte Vincent nicht weggehen, ohne sich zu verabschieden.
»Bist du wach?«, erkundigte er sich vorsichtig und öffnete blinzelnd die Augen.
»Ein bisschen«, erwiderte das Mädchen schlaftrunken und drehte sich zu ihm um.
Was sieht sie in mir? fragte sich Vincent, als sich ihre Blicke begegneten. Er kannte die einzig logische Antwort, zog es aber vor, die Frage offen zu lassen.
»Ich muss weg«, sagte er schließlich und wartete fast ängstlich auf eine Reaktion.
»Das weiß ich.« Die Antwort klang nicht sonderlich betroffen. Wider alle Vernunft spürte Vincent einen leisen Stich der Enttäuschung. Er stand auf und rieb sich betont umständlich den Sand von Armen und Oberschenkeln. Das Mädchen sagte nichts, sah ihn nur an.
»Was wirst du machen, wenn ich weg bin?« Vi ncent biss sich auf die Lippen. Sentimentaler Blödsinn! Was sollte ein Programm schon machen, wenn es nicht mehr benutzt wurde?
»Nichts«, lächelte das Mädchen und ließ sich von ihm aufhelfen. »Warten, bis du wiederkommst.«
»Und wenn ich nicht wiederkomme?«
Ein Schatten huschte über Rahinas Gesicht. »Da ran möchte ich nicht denken.«
»Warum nicht?«
»Weil dir dann etwas zugestoßen wäre. Das würde mir sehr leid tun, Vince.«
Sie kannte seinen Namen! Vincent starrte das Mädchen ungläubig an, entspannte sich aber sofort wieder. Vielleicht hatte er im Schlaf gesprochen. Aber was machte sie so sicher, dass er wiederkommen würde?
»Etwas anderes könnte mich nicht abhalten?« Die Frage war unsinnig, aber ihre Selbstsicherheit fo rderte eine Erklärung.
»Nein, du brauchst mich.« Sie lächelte, aber ihre Augen blickten ernst.
»Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es eben.« Sie zuckte mit den Schultern. »Das ist doch nichts Schlimmes.«
»Nein, das ist es nicht«, murmelte er mehr zu sich selbst. »Im Gegenteil.«
»Du willst jetzt gehen, nicht wahr?«
Vincent nickte. »Ja, ich muss.«
Es war genau die Situation, der er versucht hatte, aus dem Weg zu gehen – kitschig, sentimental und vol lkommen absurd. Es tat trotzdem weh.
»Und ich kann dich nicht aufhalten?« Sie trat e inen Schritt auf ihn zu und nahm sein Gesicht in die Hände, als wolle sie ihn zwingen, sie anzusehen. Wieder ertappte er sich bei dem Gedanken, dass Rahina mehr Leben ausstrahlte als alle richtigen Frauen, die er gekannt hatte. Es war unmöglich, ihr nicht zu verfallen.
Dennoch schlug er das Angebot aus: »Doch, aber es würde nichts ändern.«
Die Frau ließ die Hände sinken und gab ihn frei. Sie lächelte noch immer, aber der Glanz in ihren Augen war erloschen. Und dann sagte sie etwas, das Vincent vollkommen außer Fassung brachte: »Ich weiß, du hast noch etwas zu erledigen – Jäger .«
Er starrte sie an und fragte sich, ob er richtig g ehört hatte. Aber die Worte klangen noch immer in seinen Ohren, so dass eigentlich kein Irrtum möglich war. Es sei denn, er unterlag einer Sinnestäuschung ...
Schlagartig wurde Vincent klar, dass er die Wah rheit nicht herausfinden konnte – nicht hier . Er musste zurück, schnell. Mit Hilfe der eingelernten Eselsbrücke stellte er das Schlüsselwort zusammen und wiederholte die einzelnen Silben noch einmal im Zusammenhang. Einen Moment lang fürchtete er, der Befehl habe versagt, aber dann gab der Boden unter seinen Füßen urplötzlich nach, und er fiel. Das letzte, was Vincent sah, war Rahinas weißes, erschrockenes Gesicht; dann wurde das Schwindelgefühl übermächtig, und er verlor das Bewusstsein.
Der Return war brutal. Eine Woge der Übelkeit schwappte durch Vincents Körper und bahnte sich den Weg speiseröhrenaufwärts. Er schluckte die saure Magenflüssigkeit hinunter und registrierte angewidert, dass er in etwas Feuchtem lag. Über die Herkunft der klebrigen Nässe wollte Vincent erst gar nicht nachdenken. Er musste ins Bad, schnell, bevor der Brechreiz übermächtig wurde. Hastig richtete er sich auf, zerrte die Infusionsleitung aus der Armbeuge und taumelte wie ein Betrunkener zur Sanitärzelle. Wenigstens schaffte er es noch bis zur Toilette, bevor er sich würgend erbrach.
Verdammt , war alles was er denken konnte, während er zwischen den Hustenanfällen um Atem rang. Verdammt, warum hört
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