Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
herunter.
So wie es aussah, mochte Jilgar die Dunkelheit nicht. Gut ein Dutzend Laternen und weitere zwei Dutzend Fackeln erhellten diesen Raum.
Auf einem steinernen Sockel hatte der König der Diebe seinen Thron und Tisch errichten lassen, dort tafelte er mit seinen getreuesten Halunken. Das gemeine Volk und der Pöbel mussten mit den Abfällen vorlieb nehmen, die er zu ihnen hinunterwarf.
Jilgar Doppeldolch hatte an diesem Abend seinen Beinamen wieder gepflegt, der Leichnam einer älteren Frau war an ein Brett genagelt, das neben dem Tisch an der Wand lehnte.
Ich hatte mir Jilgar anders vorgestellt, wie, wusste ich auch nicht, aber nicht als diese ausgemergelte Gestalt in den geschundenen Kleidern eines Edelmanns. Seinen Tisch teilte er mit vier weiteren Personen, darunter eine Frau, die nicht halb so aufreizend war, wie sie sich gab. Vielleicht hundert Bettler und Diebe bildeten den Hintergrund für diese erlauchte Abendgesellschaft.
Dennoch, unvorsichtig war Jilgar nicht. An verschiedenen Stellen im Raum, in den Öffnungen kleinerer Kanäle und auch in der Menge zu seinen Füßen, hatte er Bogenschützen und Messerwerfer versteckt. Keiner von ihnen hatte eine Schussbahn auf ihn, sehr wohl aber auf die Menge. Kermil hatte uns deren Position verraten, uns auch einen Weg zu ihnen genannt. Und noch mehr. Bis auf die Männer, die der Fürst der Diebe in der Menge postiert hatte, waren alle anderen bereits ausgeschaltet.
Zokora hatte die Bogenschützen auf ihre Art befragt, und Varosch wusste nun, wer sich sonst noch in der Menge versteckt hielt. Er hatte einen Platz gefunden, der ihm freies Schussfeld über den ganzen Raum gab, inklusive auf Jilgar.
Auf dem Tisch stand eine große offene Truhe. Jilgar und seine Kameraden sichteten den heutigen Fang, goldene Kerzenständer, kostbare Kleidung, ein paar bestickte Schuhe, ein verbogenes silbernes Messer, das ich heute schon einmal gesehen zu haben meinte.
Noch auf dem Podest, vor dem Tisch, lagen vier gefesselte Personen, darunter eine junge Frau. Mein Herz schlug für einen Moment höher, als ich die langen, weißblonden Haare sah, aber nein, es war nicht Leandra. Beim Kampf gegen Balthasar waren ihre Haare verbrannt, und sie waren noch nicht sehr weit nachgewachsen.
Dennoch war ich froh, als ich das Gesicht der Frau sah und es Leandras nicht ähnelte. Zwei andere Gesichter jedoch kannte ich. Sie gehörten Armin und Selim. Selim war unversehrt, Armin jedoch blutüberströmt und scheinbar ohnmächtig.
Deshalb also wussten sie von uns. Kein übermächtiger Feind. Oder doch? Der Nachtfalke hatte verlangt, dass man auch nach Selim und Armin Ausschau halten sollte. Also hatte sie nicht gewusst, dass sie bereits gefangen waren.
Sei’s drum. Der dunkle Fürst hatte seine Pläne, wir die unseren.
Es war überraschend, wie weit ich kam, bis jemand bemerkte, dass ich hier zur falschen Festlichkeit geladen schien.
Jilgar blickte überrascht auf, als man ihn in die Seite stieß und auf mich aufmerksam machte. Die Menge um mich herum teilte sich. Nur ein Mann mit Pockennarben im Gesicht versuchte in meinen Rücken zu gelangen. Ich berührte Seelenreißer, hatte aber meine Klinge noch nicht gezogen.
»Die Götter lächeln heute auf mich herab!«, rief Jilgar, und ich konnte mir beinahe vorstellen, wie Zokora mit den Augen rollte.
»Seht, welch edler Gast sich zu uns gesellt! Wisst ihr, wer das ist?«, rief er. Natürlich nicht, die Menge sah mich nur angstvoll an. Sie ahnten, dass etwas nicht stimmen konnte, niemand war so dumm und begab sich einfach so in die Höhle des Löwen. Ich sah Blicke von mir zu den Mündungen der Kanäle eilen, wo allerdings kein Doppelglied an Stadtsoldaten auftauchte. Sie blieben leer und dunkel.
»Dies ist niemand anderes als Armins Herr! Ihr erinnert euch bestimmt, Armin versprach uns ja, dass sein Herr uns strafen würde wie ein Engel des Todes, der auf unsere verzweifelte Welt herniederfährt, um die Sündigen zu quälen.«
Danke, Armin, dachte ich und rollte nun beinahe selbst mit den Augen.
Angst machte sich auf den Gesichtern der Leute um mich herum breit, sie wichen weiter von mir zurück. Ich ging langsam auf das Podest zu.
Jilgar erhob sich und lachte. »Was willst du, engelsgleicher Held?«, fragte er spöttisch.
»Mein Name ist Havald. Ihr habt etwas, das mir gehört. Gebt es mir, und Ihr könnt weiterleben«, sagte ich leise, aber vernehmlich.
Es schien ihn wenig zu beeindrucken. »Da seht ihr ihn, den Helden aus dem
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