Die zweite Nacht
genoss seinen unverwechselbaren Duft.
Selbst als seine Hand durch meine Haare glitt und mit den Locken spielte, wehrte ich mich nicht.
»Ist dein Bruder nicht beunruhigt, wenn du nicht ans Telefon gehst oder zurückrufst?«
»Ist er gewohnt.« Mit einem unhörbaren Seufzer schmiegte ich mich an ihn. Ob ich ihn zu einer zweiten Runde animieren konnte? Dann fiel mir ein, dass wir das letzte Kondom benutzt hatten. Hatte er vielleicht noch welche?
»Wow. Dann sollte ich mich geehrt fühlen, dass ich überhaupt so viel von dir zu Gesicht bekomme, was?«
»Hm.« Wohlige Wärme umfing mich und ich war angenehm müde. Sollte ich vorschlagen, ins Schlafzimmer zu wechseln?
»Ich schätze, dass ich jetzt besser gehe, bevor du mich mit deinem unverwechselbaren Charme hinauswirfst.«
Äußerst widerwillig hob ich den Kopf. Aber er hatte recht, es war vermutlich besser, wenn er ging. Nur irgendwie wollte ich das gar nicht. Meine Grundsätze blendete ich bequemerweise aus. »Wieso hinauswerfen?«, irritiert suchte ich in seinem attraktiven Gesicht nach einem Hinweis.
Frederik lachte. »Am Freitag, beziehungsweise Samstag hast du mir doch auch nahegelegt, zu gehen«, klärte er mich auf.
Kurz wühlte ich in meiner Erinnerung. Er hatte auf der Bettkante gesessen, was ich offensichtlich falsch interpretiert hatte. »Ich wollte nur keine Peinlichkeiten provozieren, du hast mich doch direkt zu Anfang wissen lassen, dass du normalerweise nicht der Typ dafür bist.«
Er hauchte einen leichten Kuss auf meinen Mundwinkel. »Genau – und du willst mir jetzt sicherlich weismachen, dass es bei dir genau andersherum ist und die Männer hier reihenweise ein und aus gehen.«
Widerstrebend löste ich mich aus seiner Umarmung und versuchte, meine Haare glatt zu streichen. Ein nutzloses Unterfangen, nachdem Frederik sich gerade leidenschaftlich hindurch gewühlt hatte. »Das habe ich nicht behauptet. Ich hab’s generell nicht so mit Männern.«
Die Stimme, die mich an meine letzte Erfahrung mit besagter Spezies erinnerte, war sehr beharrlich und ich ließ ihn aufstehen.
An der Tür gab ich ihm einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Frederik.«
Zu meinem Erstaunen legte er den Arm um mich und zog mich an sich. Der Kuss sorgte für weiche Knie, seine Zunge teilte meine Lippen, bevor sie meinen Mund erkundete.
Er ließ mich mit klopfendem Herzen stehen. »Gute Nacht, Helen.«
3
Neuerdings schien ich nach dem Sex mit Frederik auf einem regelrechten Hoch zu schweben und knackte in der folgenden Woche mehrfach meinen Tagesrekord für geschriebene Wörter. Außerdem war ich mit der Handlung zufrieden – ich konnte mich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal so entspannt und ausgelastet zugleich gewesen war.
Irgendwie hätte mir das zu denken geben sollen! Um sonst in diesen Zustand zu gelangen, musste ich in der Regel mehrere Stunden schreiben und anschließend etliche Kilometer laufen gehen. Wenn ich dann unter der Dusche stand, fühlte mein Kopf sich wunderbar leer und leicht an.
Energisch schob ich die Gedanken zur Seite und beschäftigte mich mit angenehmeren Aussichten. Wenn ich in diesem Tempo weiter schrieb, wäre ich sicherlich lange vor dem eigentlichen Abgabetermin fertig. Das Wort »Urlaub« flatterte durch meinen Kopf und sorgte für ein wohliges Gefühl in meinem Bauch.
Bevor ich mich allerdings in Fantasien von einer einsamen Blockhütte, einem gewissen Nachbarn und leidenschaftlichem Sex ergehen konnte, ermahnte ich mich selbst zur Ruhe. Ich sollte gar nicht erst anfangen, mir das kleine Abkommen mit Frederik zu Kopf steigen zu lassen. Er hatte in meinem Leben nichts zu suchen.
Schließlich überlegte ich, ihn zu fragen, ob wir nicht feste Termine für unsere Begegnungen vereinbaren sollten. Ich musste grinsen – das klang ja wirklich enorm sexy. Dienstags und donnerstags pünktlich um 18.30 Uhr in meiner Wohnung, ich konnte die kleine Karte an einem Blumenstrauß befestigt förmlich vor mir sehen.
Unser letzter Sex lag noch nicht lang zurück, aber ich hatte schon wieder Lust, über Frederik herzufallen. Wenn ich ihm nur abgewöhnen könnte, ständig zu reden – unwillig schüttelte ich den Kopf. Vielleicht sollte ich morgen bei ihm klopfen und ihn verführen. Je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir die Idee.
Als es draußen langsam dunkler wurde, beschloss ich, dass es an der Zeit war, Feierabend zu machen. Ich wollte den Abend in der Badewanne
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