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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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wie ich gehofft hatte. Genauso gut hätte ich kapitulieren können. Irgendwie schaffte ich es einfach nicht, mich gegen meinen Nachbarn durchzusetzen und genoss seine Nähe immer mehr.
    Allerdings verspürte ich im Moment nicht die geringste Lust, mich überhaupt mit diesem Themenkomplex auseinanderzusetzen. Ich wollte Eiscreme, am liebsten eine schokoladige Sorte, außerdem war eine Flasche Bacardi wahrscheinlich auch nicht verkehrt. Dabei verspürte ich ein gewisses Verlangen nach Gyros, einem Grillhähnchen, Pommes und der Herrencreme meiner Oma. Seufzend griff ich nach der Fernbedienung. Vielleicht würde es helfen, wenn ich mich berieseln ließ.
    Zwar hätte ich selbst nicht geglaubt, dass es überhaupt möglich war, aber sofort, als der Fernseher lief, sank meine Laune noch weiter. Jemand hatte die Programmreihenfolge geändert und ich hatte eine sehr plausible Theorie, wer das gewesen sein könnte.
    Meine Zähne knirschten bereits, als ich an Frederiks Tür klopfte. Als er öffnete, strahlte er mich an. Zu seinem eigenen Glück konnte er meinen Aufzug richtig deuten und trat sicherheitshalber einen Schritt zurück. Ich wusste selbst, dass ich keinen erbauenden Anblick bot. Meine Haare standen wirr um meinen Kopf und die Jogginghose hatte schon bessere Tage gesehen. Außerdem war ich mir nicht sicher, welchen Ausdruck ich gerade auf meinem Gesicht trug.
    »Du hast meinen Fernseher kaputt gemacht«, knurrte ich leise und verschränkte die Arme.
    Verblüfft blinzelte er. »Habe ich das?«
    »Ja. Die Sender sind alle durcheinander!«, stieß ich hervor und es juckte in meinen Fingern, Frederik nur ein ganz kleines bisschen zu würgen. Danach würde es mir sicher besser gehen.
    »Unsinn. Ich habe sie nur logisch sortiert. Abgesehen davon ist das bestimmt schon sechs Wochen her, so schlimm kann es also nicht sein, wenn es dir jetzt erst aufgefallen ist.« Er besaß tatsächlich die bodenlose Frechheit, mich anzugrinsen.
    Wütend hielt ich ihm die Fernbedienung hin. »Bring das wieder in Ordnung!«, forderte ich ihn auf und drehte mich um. Ihm würde ganz schön etwas blühen, wenn er mir nicht sofort folgte.  
    Ich hörte, wie seine Tür ins Schloss fiel und dann seine Stimme: »Ich nehme an, dass es keine gute Zeit ist, um auf Sex zu spekulieren?«
    Ganz langsam drehte ich mich um und bedachte ihn mit einem Blick, der mehr als deutlich zum Ausdruck brachte, dass ich blutete und er jetzt besser die Klappe halten sollte, wenn er es mir nicht gleich tun wollte – und zwar aus der Nase!
    Aber er hielt mir ungerührt stand und zuckte dann mit den Schultern. Mit einem Schnaufen ließ ich mich auf die Couch fallen und zeigte nur wortlos auf den Fernseher. Statt gefälligst direkt das Chaos zu beseitigen, das er angerichtet hatte, schob Frederik mich ein Stück zur Seite und pflanzte seinen Hintern auf meine Couch.
    »Was wolltest du denn gucken?«, wollte er wissen.
    »Keine Ahnung. Irgendwas, wofür ich nicht denken muss. QVC oder so«, nuschelte ich leise und überlegte, wie ich mich jetzt ausstrecken sollte, ohne ihm zu nahe zu kommen. Er roch schon wieder so gut. Ich sollte ihm verbieten, das zu tun.
    Frederik schaltete den Fernseher ein und zwei Sekunden später flimmerte ein anderer Shoppingsender über den Bildschirm.  
    »Willst du dich nicht lang machen?«, erkundigte er sich vorsichtig.
    »Das ist nicht QVC«, erwiderte ich gereizt.
    Frederik lachte leise und streckte die Hand nach meiner Schulter aus. Nachdem er sich scheinbar vergewissert hatte, dass ich ihn nicht beißen würde, zog er mich zu sich und bettete meinen Kopf auf seinem Schoß. Misstrauisch sah ich zu, wie er seine Füße auf meinen Couchtisch legte. Gerade, als ich protestieren wollte, begann er, meinen Kopf zu massieren. Meine Protest verwandelte sich auf halber Strecke in einen wohligen Seufzer und ich schloss die Augen.
     
    Die Türklingel erschreckte mich fast zu Tode und ich fuhr mit klopfendem Herzen hoch. Verwirrt sah ich mich um.  
    »Schon gut, bleib liegen. Ich gehe.« Sanft schob Frederik mich von seinen Beinen und stand auf.
    »Wer ist das?«, fragte ich irritiert und bemerkte, dass meine Stimme heiser klang. Ich musste eingeschlafen sein – und zwar ziemlich fest.
    »Nur das Essen«, antwortete er und verschwand aus meinem Sichtfeld.
    Ich setzte mich auf und wischte mir über das Gesicht. Ein Blick auf die Uhr versicherte mir, dass ich fast zwei Stunden geschlafen hatte. Statt QVC flimmerte irgendein Fußballspiel über den

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