Die zweite Nacht
sein Gesicht, weil ich einfach nicht wusste, was ich hätte sagen sollen und mit leeren Phrasen wollte ich ihn nicht beleidigen. »Was habt ihr denn dann gemacht? Seid ihr bei eurer Oma geblieben?«
Frederik schüttelte etwas unwirsch den Kopf. »Das erzähle ich dir ein anderes Mal, zu viele Depressionen an einem Abend sind nicht gut. Das Ganze ist fast zwanzig Jahre her und wir haben beide überlebt. So, jetzt hast du deine Antwort und ich will meinen Nachtisch.« Er küsste mich so hungrig, dass mir für einen Moment schwindelig wurde. Hatte er etwa nicht zugehört, als ich gesagt hatte, dass nicht ich als letzter Gang geplant war, sondern es ein richtiges Dessert gab?
»Dann fangen wir wohl besser gleich mit der Nougat-Torte an. Wenn der Zuckerrausch erst einmal einsetzt, wirst du dich in Weihnachten verlieben!« Ich hatte lange überlegt, was für ein Dessert ich ihm wohl vorsetzen sollte. Da ich wusste, dass er eine kleine Naschkatze war und ich persönlich ein Faible für Nougat hatte, war die Wahl schnell getroffen gewesen.
»Nougat-Torte?«, wiederholte Frederik fassungslos und sah mit großen Augen zu, wie ich den Kühlschrank öffnete. So wie er mich anstarrte, hatte der besagte Zuckerrausch wohl schon längst eingesetzt.
Ich stellte die Platte schwungvoll auf den Tisch und verbeugte mich leicht. Klugerweise war die Torte schon geschnitten, weil ich diese nervenzerfetzende Arbeit lieber alleine erledigte, damit niemand mein Fluchen hörte. War ich eigentlich der einzige Mensch auf diesem Planeten, der es unmöglich fand, gleich große Stücke zu schneiden?
Der Mann konnte seinen Blick nicht von der Torte lösen und ich befürchtete, dass er jeden Moment auf die Tischplatte sabbern würde. Hatte ich es übertrieben, indem ich jedes Tortenstück mit einem Toffifee garniert hatte? Ich wusste doch, wie sehr er die Dinger liebte.
»Bitte sag mir, dass du nicht auch noch backen kannst!«, flehte er mich an und an seiner Stirn konnte ich ablesen, dass er auszurechnen versuchte, wie viele Kilometer er laufen musste, um ein Stück Torte abzutrainieren – eine Frage, über die ich lieber nicht nachdenken wollte, wenn ich an die Kuvertüre, das Marzipan und den Zucker dachte, die maßgeblich an der Entstehung der Torte beteiligt gewesen waren.
»Keine Ahnung. Ich schätze, um das herauszufinden, müssen wir sie wohl oder übel probieren.«
Noch bevor ich die Chance hatte, sprang Frederik auf und sprintete praktisch zum Küchenschrank, um die Dessertteller zu holen. Ich konnte mir mein Lachen nicht verkneifen, doch als er mich mit hochgezogener Augenbraue ansah, blieb es mir fast im Hals stecken.
»Sollte sich heraus stellen, dass du wirklich backen kannst, lasse ich mir dein charmantes Angebot doch glatt noch einmal durch den Kopf gehen«, informierte er mich mit funkelnden Augen.
Ich schluckte schwer und der Tortenheber verharrte in der Luft. Mir war klar, dass er über meinen verkorksten und ziemlich betrunkenen Heiratsantrag sprach. Schweigend servierte ich den Kuchen und stand auf, um mir noch einen Kaffee zu machen. Das würde mir vielleicht die Zeit geben, das Zittern meiner Hände in den Griff zu bekommen.
»Oh mein Gott«, stieß Frederik mit vollem Mund aus.
Langsam drehte ich mich um. »Ja bitte?«
»Der ist gut«, brachte er schließlich hervor und schloss genießerisch die Augen.
Ich schaffte es, nur mit dem Kopf zu nicken – schließlich hatte ich nichts anderes erwartet, doch innerlich führte ich ein Freudentänzchen auf. Wenigstens konnte ich mir bei Frederik sicher sein, dass er nicht nur auf mich stand, weil er meine häuslichen Qualitäten so toll fand; bis vor zwei Stunden hatte er von ihnen ja noch nichts gewusst. Er hätte mich also auch genommen, wenn ich nicht kochen könnte.
Moment – wenn ich das so betrachtete, musste ich wohl ebenfalls ziemlich gut im Bett sein. Der Gedanke gefiel mir und zufrieden probierte ich nun ebenfalls den Kuchen. Er war lecker, aber für meinen weihnachtlichen Geschmack hätte ich allerdings noch etwas mehr Zimt nehmen können.
»Worüber denkst du nach?«, fragte Frederik hastig zwischen zwei Bissen. Offenbar hatte er Angst, dass der Kuchen verschwinden würde, wenn er nicht schnell genug aß.
»Darüber, dass ich nie wieder für dich backen und du mindestens eine Woche lang keinen Sex bekommst, wenn du dieses Jahr noch ein einziges Mal diese beknackte Frage stellst.«
Seine Augenbrauen wanderten nach oben. »Eine ganze Woche? Meinst
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