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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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dachte nach, während ich das Luftauto heimwärts flog. Über das, was Lyanna gesagt und bei Kamenz und Gustaffson gelesen hatte. Ich konzentrierte mich auf das Problem, das wir zu knacken beauftragt waren. Ich versuchte, meine Gedanken nicht zu Lya hin abschweifen zu lassen, zu Lya und zu dem, was immer sie auch beunruhigen mochte. Das würde sich von selbst klären, dachte ich.
    Wieder im Turm, verschwendete ich keine Zeit. Ich fuhr direkt in Valcarenghis Büro hinauf. Er war da, allein, und diktierte in eine Maschine. Er schaltete sie aus, als ich eintrat.
    „Hallo, Robb“, begann er. „Wo ist Lya?“
    „Spazierengegangen. Sie wollte nachdenken. Ich hab’ auch nachgedacht. Und ich glaube, ich habe Ihre Antwort gefunden.“
    Er hob seine Augenbrauen; wartete.
    Ich setzte mich. „Wir haben heute nachmittag Gustaffson getroffen, und Lya hat ihn gelesen. Ich denke, es ist ziemlich klar, weshalb er übergetreten ist. Er war ein gebrochener Mann, innerlich, auch wenn er noch soviel lächelte. Der Greeshka bereitete seinen Schmerzen ein Ende. Und da war ein anderer Konvertit bei ihm, ein gewisser Lester Kamenz. Auch er war unglücklich, ein mitleiderregender, einsamer Mann mit nichts, wofür es sich zu leben gelohnt hätte. Warum hätte er sich nicht bekehren lassen sollen? Überprüfen Sie die anderen Bekehrten, und ich wette, Sie finden ein Muster. Die meisten einsam und unglücklich, die Versager, die Isolierten – das sind sie; sie alle haben sich der Vereinigung zugewandt.“
    Valcarenghi nickte. „Also gut, das ist akzeptiert“, sagte er. „Aber das haben unsere Psycher schon lange vermutet, Robb. Nur – es ist keine Antwort, keine richtige Antwort. Sicher, die Konvertierten sind im großen und ganzen ein trauriger Haufen, das will ich auch gar nicht bestreiten. Aber warum schließen sie sich dem Kult der Vereinigung an? Das können mir die Psycher nicht beantworten. Jetzt nehmen Sie Gustaffson. Er war ein starker Mann, glauben Sie mir. Ich habe ihn niemals persönlich kennengelernt, aber ich kenne seine Karriere. Er hat einige verdammte Jobs übernommen und sich die Hölle darum gekümmert – und er hat sie erledigt. Er hätte die gemütlichen Jobs haben können, aber daran war er nicht interessiert. Ich habe von dem Unglück auf Nachtmahr gehört. Es ist berühmt, eine traurige Art von Berühmtheit. Aber Phil Gustaffson gehörte nicht zu der Sorte Männer, die sich geschlagen geben, nicht einmal von so etwas. Er hat sich sehr schnell wieder gefangen, nach dem, was mir Nelse erzählt hat. Er kam nach Shkea und räumte in dem verdammten Misthaufen, den Rockwood hinterlassen hatte, gehörig auf. Er hat unseren ersten richtigen Handels-Kontrakt durchgeboxt, und er hat den Shkeen klargemacht, was das überhaupt bedeutet, was bestimmt nicht einfach ist.
    Da haben wir ihn also: diesen kompetenten, begabten Mann, der mit Himmelfahrts-Jobs seine Karriere gemacht hat – und weil er mit Menschen umgehen konnte. Er hat einen ganz persönlichen Alptraum überstanden, aber es hat ihn nicht zerstört. Er ist robust wie eh und je. Und plötzlich diese Kehrtwendung hin zum Kult der Vereinigung, die Einschreibung für einen grotesken Selbstmord. Warum? Um seiner Qual ein Ende zu machen, wie Sie sagen? Eine interessante Theorie, aber es gibt andere Möglichkeiten, um eine Qual zu beenden. Gustaffson hat jahrelang durchhalten müssen zwischen Nachtmahr und den Greeshka. Er hat sich niemals vor dem Schmerz gedrückt. Er hat nicht angefangen zu trinken, er hat keine Drogen genommen, auch nichts von den üblichen sogenannten Durchstartern. Er ist auch nicht nach Alt-Erde zurückgegangen, um einen Psi-Psycher seine Erinnerungen löschen zu lassen – und glauben Sie mir, er hätte diese Behandlung sogar bezahlt bekommen, wenn er es nur gewollt hätte. Das Kolonialbüro hätte alles für ihn getan, nach dem, was auf Nachtmahr passiert ist. Er machte weiter, schluckte seinen Schmerz hinunter, erholte sich. Bis er dann plötzlich konvertierte.
    Sein Schmerz hat ihn verletzlicher gemacht, ja, zweifellos. Aber irgend etwas anderes brachte ihn soweit, sich zu bekehren – etwas, das ihm die Vereinigung bot, etwas, das er nicht im Wein oder durch eine Gehirnwäsche finden konnte. Dasselbe gilt auch für Kamenz und die anderen. Sie alle hätten andere Auswege gehabt, andere Möglichkeiten, sich aus dem Leben davonzustehlen. Sie haben sie ignoriert. Aber sie haben die Vereinigung gewählt. Verstehen Sie, auf was ich

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