Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin

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Band machen, das den Strudel zeigt, wenn er sich dreht. Das Ballett des Nichts. Ich wundere mich, daß noch nie jemand daran gedacht hat.
    Vielleicht werde ich das meinem Nachfolger vorschlagen. Etwas zu tun zu haben – das wird die Stunden ausfüllen; vorausgesetzt, er ist interessiert. Ich hoffe, er ist interessiert. Die Erde wäre reicher, wenn jemand eine Aufzeichnung mit zurückbringen würde.
    Ich würde es ja selbst machen, aber die Ausrüstung ist nicht dafür geeignet, und ich habe keine Zeit, sie umzubauen.

    4. September
    Ich stelle fest, daß ich in der letzten Woche jeden Tag hinausgegangen bin. Keine Alpträume. Nur Träume von der Dunkelheit, verwoben mit den Farben des Nullraums.

    9. September
    Weiter hinausgehen und alles in mich hineintrinken. Bald, jetzt bald, wird mir all dies verloren sein. Auf ewig. Ich fühle mich danach, als müßte ich aus jeder Sekunde Nutzen ziehen. Ich muß mir einprägen, wie die Dinge hier draußen auf Cerberus sind, damit ich die Ehrfurcht und das Staunen und die Schönheit in mir lebendig halten kann, wenn ich zur Erde zurückkehre.

    10. September
    Es ist schon lange kein Schiff mehr gekommen. Ist es also vorbei? Habe ich mein letztes gesehen?

    12. September
    Kein Schiff heute. Aber ich bin hinausgegangen und habe die Maschinen geweckt und habe den Strudel brodeln lassen.
    Warum schreibe ich in diesem Zusammenhang immer, daß der Strudel tost und heult? Es gibt keinen Schall im Weltraum. Ich höre nichts. Aber ich betrachte ihn. Und er brodelt wirklich. Wirklich.
    Die Klänge der Stille. Aber nicht so, wie es die Dichter gemeint haben.

    13. September
    Ich habe den Strudel heute wieder beobachtet, obwohl kein Schiff da war.
    Früher habe ich das nie getan. Jetzt habe ich es zweimal gemacht. Es ist verboten. Die Kosten für die Energie sind gewaltig, und Cerberus lebt von Energie. Warum also?
    Es ist fast so, als wollte ich den Strudel nicht aufgeben. Aber ich muß. Bald.

    14. September
    Idiot, Idiot, Idiot. Was habe ich getan? Die Charon ist weniger als eine Woche entfernt, und ich habe die Sterne angegafft, als hätte ich sie nie zuvor gesehen. Ich habe nicht einmal damit angefangen zu packen, und ich muß meine Aufzeichnungen für meinen Nachfolger auf den aktuellen Stand bringen und die Station in Ordnung bringen.
    Idiot! Warum verschwende ich Zeit damit, Eintragungen in dieses verdammte Buch zu machen!

    15. September
    Das Packen ist fast geschafft. Ich habe auch einige unheimliche Dinge entdeckt. Dinge, die ich in den Anfangsjahren zu verbergen suchte. Wie meinen Roman. Ich habe ihn in den ersten sechs Monaten geschrieben und dachte, er sei großartig. Ich konnte es kaum erwarten, zur Erde zurückzukehren und ihn zu verkaufen und in Zukunft Autor zu sein. Ah ja. Hab ihn ein Jahr später noch einmal gelesen. Er ist beschissen. Fand auch ein Bild von Karen.

    16. September
    Heute habe ich eine Flasche Scotch und ein Glas mit in den Kontrollraum hinuntergenommen, auf der Konsole abgestellt und mich angeschnallt. Hab einen Toast auf die Schwärze und die Sterne und den Strudel getrunken. Ich werde sie vermissen.

    17. September
    Ein Tag, nach meinen Berechnungen. Ein Tag. Dann bin ich auf dem Weg nach Hause, zu einem neuen Anfang und einem neuen Leben. Wenn ich den Mut habe, es zu leben.

    18. September
    Fast Mitternacht. Kein Zeichen von der Charon. Was ist passiert? Wahrscheinlich nichts. Diese Reisepläne sind nie exakt. Manchmal Abweichungen von fast einer Woche. Warum also mache ich mir Sorgen? Verdammt, ich bin hier oben auch zu spät angekommen. Ich frage mich, was der arme Junge, den ich abgelöst habe, damals gedacht hat.

    20. September
    Die Charon ist auch gestern nicht gekommen. Als ich das Warten satt hatte, hab’ ich mir die Scotch-Flasche genommen und bin wieder in den Kontrollraum gegangen. Und hinaus. Um noch einen Trinkspruch auf die Sterne hervorzubringen. Und den Strudel. Ich habe den Strudel erweckt und ließ ihn lodern und habe ihm zugetrunken.
    Eine Menge Trinksprüche. Ich hab’ die Flasche leer gemacht. Und heute habe ich einen solchen Kater, daß ich glaube, es nie bis zur Erde zurück schaffen zu können.
    Es war eine Dummheit, das zu tun. Die Besatzung der Charon könnte die Strudelfarben möglicherweise gesehen haben. Wenn sie mich melden, wird man ein kleines Vermögen von dem Haufen Geld einbehalten, der zu Hause, auf der Erde, wartet.

    21. September
    Wo bleibt die Charon? Ist ihr etwas