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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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werden. „Nicht“, warnte er.
    „Es tut mir leid“, sagte Cochran. Und er hechtete nach vorn.
    Kabaraijian brachte den Schraubenschlüssel hoch und schlug zu, aber Cochran fing diesen Schlag ab, bevor er traf. Seine andere Hand griff hoch und umklammerte Kabaraijians Handgelenk und drehte daran. Er fühlte seine Finger taub werden.
    Da war kein Gedanke an Fairneß oder Gnade. Er kämpfte um sein Leben. Seine freie Hand tastete an die Hüfte und packte den Schraubenzieher. Er zog ihn heraus und stach zu. Cochran keuchte, und plötzlich lockerte sich sein Griff. Kabaraijian stach wieder zu, drehte den Schraubenzieher und riß ihn heraus, fetzte ein Loch in Jacke und Fleisch.
    Cochran wirbelte zurück, preßte die Hände auf den Bauch. Kabaraijian folgte ihm und stach ein drittes Mal zu, ganz plötzlich. Cochran stürzte.
    Er versuchte noch einmal hochzukommen und gab es auf, fiel schwer auf den Boden der Barkasse zurück. Dann lag er da, blutete.
    Kabaraijian ging zum Motor zurück und hielt das Boot von den Wänden fern. Er lenkte es glatt durch die Kanäle und über die tiefen grünen Teiche. Und im grellen Licht des Bootes betrachtete er Cochran.
    Cochran bewegte sich nie wieder, und er sprach nur noch einmal. Gerade als sie die Höhle verlassen hatten und in die frühe Nachmittagssonne Grottos hinausgekommen waren, schaute er kurz auf. Seine Hände waren naß vom Blut. Und seine Augen waren auch naß. „Es tut mir leid, Matt“, sagte er. „Es tut mir verdammt leid.“
    „O Gott !“ sagte Kabaraijian, die Stimme belegt. Und plötzlich stoppte er das Boot und beugte sich zum Versorgungsbehälter hinunter. Dann ging er zu Cochran hinüber und behandelte und verband seine Verletzungen.
    Als er wieder vor den Kontrollen saß, schnellte er die Geschwindigkeit auf Maximum hoch. Die Barkasse flitzte über die funkelnden grünen Seen.
    Aber Cochran starb, bevor sie den Fluß erreichten.
    Kabaraijian stoppte das Boot und ließ es ruhig im Wasser treiben. Er lauschte den Geräuschen Grottos rings um sich herum; dem Rauschen des Flußwassers, das sich in den großen See ergoß, den Singvögeln und Tagflüglern, den stets aktiven Seespringern, die in weiten Bogen durch die Luft hüpften. Er saß da, bis die Abenddämmerung hereinbrach, starrte flußaufwärts und grübelte.
    Er dachte an morgen und den Tag danach. Morgen mußte er zu den Wirbelsteinhöhlen zurückkehren. Seine Leichen mußten erstarrt sein, als er außer Reichweite gewesen war; sie müßten zu retten sein. Und einer aus Cochrans Mannschaft war auch noch da. Vielleicht konnte er wieder eine Dreier-Mannschaft zusammenbekommen, wenn der Leichnam, den er über Bord gestoßen hatte, nicht ertrunken war.
    Und es gab Wirbelsteine dort, große Wirbelsteine. Er würde dieses Ei aus tanzendem Nebel herausbekommen und zur Station bringen, und er würde eine gute Schätzung dafür bekommen. Geld. Er brauchte Geld, soviel er zusammenkratzen konnte. Dann konnte er damit anfangen, mit den anderen zu reden. Und dann … und dann würde Bartling einen Kampf vor sich haben. Cochran war ein Todesfall, der erste. Aber nicht der letzte. Er würde den anderen erzählen, daß Bartling einen Mann mit einem Überlagerungs-Kasten ausgeschickt hatte und daß Cochran deswegen getötet worden war. Es stimmte. Es stimmte alles.
    In dieser Nacht kehrte Kabaraijian nur mit einer Leiche in seiner Barkasse zurück, einer Leiche, die seltsam still und regungslos war. Immer waren seine Leichen hinter ihm her ins Büro gegangen. In dieser Nacht ritt die Leiche auf seiner Schulter.
     
    Chicago
    Dezember 1972

 
Dunkel, dunkel waren die Tunnel
DARK, DARK WERE THE TUNNELS
     
    Greel hatte Angst.
    Er lag in der warmen, satten Dunkelheit jenseits der Stelle, wo sich der Tunnel krümmte, seinen schmalen Körper gegen die seltsame Metallstrebe gepreßt, die am Boden entlanglief. Seine Augen waren geschlossen. Er strengte sich an, vollkommen reglos zu verharren.
    Er war bewaffnet. Ein kurzer, gezahnter Speer war hart von seiner rechten Faust umklammert. Aber das verringerte seine Furcht nicht.
    Er war weit gekommen, weit. Er war höher hinaufgestiegen und weiter gewandert als jeder andere Kundschafter des Volkes seit langen Generationen. Er hatte sich durch die Schlimmen Ebenen hindurchgekämpft, in denen die Wurmkreaturen das Volk noch immer unerbittlich jagten. Er hatte in den vom Verfall gezeichneten Mitteltunneln den Killermaulwurf beschlichen und getötet. Er hatte sich durch Dutzende von

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