Die zweite Stufe der Einsamkeit
schmerzhaft in die Haut. Die scharfen Kanten des polierten Ordens hatten sich bereits durch die Uniform hindurchgeschnitten, und er konnte einen roten Fleck sich langsam über das Weiß ausbreiten sehen.
Der Druck stieg weiter an, und Kagen wand sich vor Schmerz, krümmte sich gegen seine unsichtbaren Fesseln. Es nützte nichts. Der Druck wurde noch stärker, und immer mehr Strahlen kamen dazu.
„Stellt es ab!“ kreischte er. „Ihr Bastarde, ich werde euch auseinanderreißen, wenn ich hier herauskomme. Ihr bringt mich um, verdammt!“
Er hörte das scharfe Knacken eines Knochens, der unter der Anspannung brach. Kagen spürte einen Stich heftigen Schmerzes im rechten Handgelenk. Einen Herzschlag später gab es noch einen Knacks.
„Stellt es ab!“ schrie er, seine Stimme schrill vor Schmerz. „Ihr bringt mich um. Zum Teufel mit euch, ihr bringt mich um!“
Und plötzlich begriff er, daß er damit recht hatte.
Grady sah mit finsterer Miene zu dem Adjutanten auf, der das Büro betrat.
„Ja? Was gibt es?“
Der Adjutant, ein junger Erdner in Ausbildung zu einem hohen Offiziersgrad, salutierte forsch. „Wir haben gerade die Meldung von der Fähre bekommen, Sir. Es ist alles vorbei. Sie wollen wissen, was sie mit der Leiche machen sollen.“
„In den Raum damit“, gab Grady zurück. „So gut wie alles andere.“ Ein dünnes Lächeln huschte über sein Gesicht, und er schüttelte den Kopf. „Zu schade. Kagen war ein guter Mann im Kampf, aber irgendwo muß seine Psychoausbildung versagt haben. Wir sollten eine eindringliche Notiz an seinen Kasernenkonditionator senden. Es ist komisch, aber bisher hat sich diesbezüglich noch nichts gezeigt.“
Er schüttelte wieder den Kopf. „Erde“, sagte er. „Einen Moment lang hat er sogar mich verunsichert, ob es nicht doch möglich wäre. Aber als ich ihn mit meinem Laser getestet habe, da wußte ich es. Unmöglich, unmöglich.“ Er schüttelte sich geziert. „Als würden wir je einen Kriegsweltler auf die Erde loslassen.“ Dann wandte er sich wieder seinen Papieren zu.
Als sich der Adjutant zum Gehen wandte, sah Grady wieder auf.
„Etwas anderes“, sagte er. „Vergessen Sie nicht, diese PR-Meldung zur Erde zu schicken. Machen Sie Kriegsheld-stirbt-als-Hranganer-Schiff-sprengen daraus. Motzen Sie es gut auf. Ein paar von den großen Kom-Netzen müßten es aufgreifen, und es wird eine gute Reklame hermachen. Und schicken Sie seine Orden nach Wellington. Sie werden sie für ihr Kasernenmuseum haben wollen.“
Der Adjutant nickte, und Grady wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Er sah noch immer ziemlich gelangweilt aus.
Evanston. Illinois
Februar 1969
LMA
FTA
Der Hyperraum existiert. Daran kann es keinen Zweifel geben. Wir haben ihn mathematisch bewiesen. Während wir die Gesetze des Hyperraums bisher noch nicht kennen können, können wir jedoch sicher sein, daß sie nicht gleichbedeutend sind mit den Gesetzen des normalen Raumes. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, die begrenzte Geschwindigkeit des Lichts gelte auch für den Hyperraum. Deshalb bleibt uns nur noch, eine Möglichkeit zu finden, um aus dem normalen Raum in den Hyperraum und wieder zurück wechseln zu können. Geben Sie mir die Mittel, einen Hyperantrieb zu entwickeln, und ich werde Ihnen die Sterne geben!
Dr. Frederik D. Canferelli, Gründer der SAL-Stiftung, in einer Ansprache vor dem Kommittee für Technologische Einschätzung, Weltsenat, Genf, 21. Mai 2016.
JEDER WEISS, DASS EINE AMEISE KEINEN GUMMIBAUM BEWEGEN KANN.
Motto der SAL-Stiftung
Kinery stürmte herein; unter seinem Arm wölbte sich eine dicke Akte. Er war ein aggressiver junger Mann mit kurzem, blondem Haar und einem stoppeligen Bart und einer Todernst-Miene. Er zeigte keinerlei Ehrerbietung.
Jerome Schechter, der Vizedirektor der SAL-Stiftung, sah ihn aus müden Augen heraus an, während sich Kinery ohne Aufforderung setzte und seine Akte auf Schechters übervollen Schreibtisch knallte.
„Morgen, Schechter“, sagte Kinery schroff. „Ich freue mich, daß ich endlich durch Ihre Palastwache durchgebrochen bin. Sie sind ein Mann, den man schwer zu sehen bekommt, wissen Sie das?“
Schechter nickte. „Und Sie sind sehr hartnäckig“, sagte er. Der Vizedirektor war ein großer Mann, überall Fettwülste, mit schweren Augenbrauen und einem Schopf dichten, grauen Haares.
„Man muß hartnäckig sein, wenn man mit Leuten Ihres Schlages zu tun hat. Schechter, ich werde keine unnötigen
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