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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Grenzregionen zu festigen. Diese Drecklöcher, wie Sie sie nennen. Aber es sind sehr wichtige Drecklöcher. Wir brauchen sie als Basen, wegen ihrer Rohstoffe, wegen ihrer industriellen Kapazität und wegen der Zwangsarbeitskräfte, die sie bieten. Deshalb versuchen wir den Schaden unserer Feldzüge auf ein Mindestmaß begrenzt zu halten. Und deshalb wenden wir Psycho-Kriegstaktiken wie die Heuler an. Um so viele Eingeborene wie nur möglich vor einem jeden Angriff zu vertreiben. Um Arbeitskräfte zu bewahren.“
    „Ich weiß das alles“, unterbrach Kagen mit typisch wellingtonscher Schroffheit. „Na und? Ich bin nicht hierhergekommen, um mir einen Vortrag anzuhören.“
    Grady schaute von dem Bleistift auf. „Nein“, sagte er. „Nein, das sind Sie nicht. Also sage ich es Ihnen, Kagen. Die Vorgeplänkel sind vorbei. Es ist Zeit für das Hauptereignis. Es ist jetzt nur noch eine Handvoll unabhängiger Welten übrig. Bald werden wir mit dem hranganischen Eroberungskorps in direkten Konflikt kommen. Innerhalb eines Jahres werden wir ihre Basen angreifen.“
    Der Major starrte Kagen erwartungsvoll an, wartete auf eine Antwort. Als keine kam, flackerte ein verwunderter Blick über sein Gesicht.
    „Verstehen Sie denn nicht, Kagen?“ fragte er. „Was für eine bessere Aufregung könnten Sie sich wünschen? Keine Kämpfe mehr gegen diese unbedeutenden Zivilisten in Uniform mit ihren dreckigen kleinen Atomwaffen und ihren primitiven Projektilgewehren. Die Hranganer sind ein richtiger Feind. Wie wir haben sie seit Generationen und Generationen eine Berufsarmee. Sie sind Soldaten, durch und durch. Auch gute. Sie haben Abwehr-Schirme und moderne Waffen. Sie werden Gegner sein, die unsere Sturmtruppen wirklich auf die Probe stellen.“
    „Vielleicht“, sagte Kagen zweifelnd. „Aber diese Art Aufregung ist nicht das, was ich im Sinn habe. Ich werde alt. Ich habe gemerkt, daß ich in letzter Zeit wesentlich langsamer bin – sogar Synthastim hält meine Schnelligkeit nicht mehr oben.“
    Grady schüttelte den Kopf. „Sie haben eine der besten Akten im ganzen TEK, Kagen. Sie haben zweimal das Stellarkreuz bekommen und dreimal die Weltkongreß-Auszeichnung. Jede Kom-Station auf der Erde hat die Geschichte gebracht, wie sie den Landetrupp auf Torego gerettet haben. Weshalb sollten Sie jetzt Ihre Leistungsfähigkeit anzweifeln? Wir werden Männer wie Sie gegen die Hranganer brauchen. Schreiben Sie sich wieder ein.“
    „Nein“, sagte Kagen nachdrücklich. „Die Vorschriften besagen, daß man nach zwanzig Jahren ein Recht auf seine Pension hat, und diese Orden haben mir einen hübschen Batzen Ruhestands-Zuschläge eingebracht. Jetzt will ich sie genießen.“ Er grinste breit. „Wie Sie gesagt haben, auf der Erde kennt mich jeder. Ich bin ein Held. Mit diesem Ruf, denke ich, kann ich mir ein gescheites Auskreischen bescheren.“
    Grady runzelte die Stirn und trommelte ungeduldig auf den Schreibtisch. „Ich weiß, was in den Vorschriften steht, Kagen. Aber niemand hat sich wirklich zur Ruhe gesetzt – das müssen Sie wissen. Die meisten Krieger der Truppe ziehen es vor, an der Front zu bleiben. Das ist ihr Job. Deshalb gibt es die Kriegswelten ja.“
    „Das geht mich nichts an, Major“, erwiderte Kagen. „Ich kenne die Vorschriften, und ich weiß, daß ich ein Recht darauf habe, mich bei voller Pension zur Ruhe zu setzen. Sie können mich nicht davon abhalten.“
    Grady dachte ruhig über diese Erklärung nach, die Augen vom Denken verfinstert.
    „In Ordnung“, sagte er nach einer langen Pause. „Sind wir in diesem Fall also einsichtig. Sie setzen sich mit voller Pension plus Zuschlägen zur Ruhe. Wir setzen sie auf Wellington an einem Ort ihrer Wahl ab. Oder auf Rommel, wenn Sie wollen. Wir machen Sie zu einem Jugendkasernenleiter – jede Altersgruppe, die Sie wollen. Oder zu einem Trainingslager-Leiter. Mit Ihrer Akte können Sie überall ganz oben anfangen.“
    „Au, au“, sagte Kagen fest. „Nicht Wellington. Nicht Rommel. Erde.“
    „Aber warum? Sie wurden auf Wellington geboren und aufgezogen – in einer der Hügelkasernen, glaube ich. Sie haben die Erde noch nie gesehen.“
    „Richtig“, sagte Kagen. „Aber in den Lager-Telesendungen und im Kino hab’ ich sie gesehen. Und das, was ich gesehen habe, gefällt mir. Auch habe ich in letzter Zeit eine Menge über die Erde gelesen. Deshalb will ich jetzt sehen, wie sie ist.“ Er hielt inne, grinste dann wieder. „Sagen wir einfach: Ich möchte sehen,

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