Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
Zeptien aus dem Spiel gewesen. Wahrscheinlich hatte er irgendwie etwas von dem Plan mitbekommen, oder die Reibereien zwischen den beiden Männern wurden immer häufiger. Jedenfalls wissen wir, dass Zeptien Angst hatte, die Kontrolle über Ihren Vater zu verlieren. Er wurde zu einem immer schwerer zu kalkulierenden Risiko. Deshalb glauben wir, dass Zeptien Ihren Vater ermordet hat.« Harrison hielt inne, im Wohnzimmer war es still geworden. »Leider können wir die Vermutung nicht beweisen. Am Tag seines Todes wurde sein Haus in Philadelphia nicht überwacht. Ihr Vater war übrigens sehr geschickt im Wechseln seiner Identitäten. Erst vor einem knappen Jahr hatte Joe Zeptien herausgefunden, dass sich hinter Neil Straub in Wahrheit William Skyler verbarg.«
»Und wieso haben Sie so lange gebraucht?«, unterbrach Victoria den FBI -Agenten. »Jill hat es in weniger als einer Woche herausgefunden.«
Harrison lehnte sich nach vorn. »Unser Hauptaugenmerk lag auf den Hedgefonds an der Wall Street, und unsere Mittel sind beschränkt, gerade in dieser Zeit, wenn wir uns auch um inländischen Terrorismus kümmern müssen. Also haben wir unsere Aktivitäten auf Piper Flanagan konzentriert und nach und nach Skip Priams Büro sowie seine Häuser in Hamptons und Greenwich, Connecticut, visuell überwacht. Das Gleiche galt für Joe Zeptiens Büro in New York und seine Immobilien im Norden und Süden von New Jersey.«
Jill verstand. Das FBI konnte nicht überall gleichzeitig sein. Aber ob Victoria das akzeptieren würde?
Victorias Augen verengten sich. »Mein Vater ist bei Ihnen also schlicht und einfach durch die Maschen gefallen. Und Zeptiens Mord bleibt unbestraft?«
»Keinesfalls.« Der FBI -Agent runzelte die Stirn. »Joe Zeptien wird so schnell nicht aus dem Gefängnis kommen. Unsere Anklage wegen Steuerhinterziehung und Verkauf von Insiderinformationen steht auf soliden Füßen. Glauben Sie mir, er wird bestraft werden. Und wir machen keine Deals mit ihm.«
»Er hat recht, Victoria«, sagte Abby. »Zeptien wird im Knast verrotten. Und das ist das Einzige, was mich interessiert. Natürlich wüsste ich gern, wie er Dad umgebracht hat, aber ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, wie hart das FBI arbeitet.«
Sam sah von seinem Sessel herüber. »So wird übrigens auch mit den Mafiosi verfahren. Man sperrt sie nicht wegen Mordes, sondern wegen Steuerhinterziehung ein. Auch so sitzen sie immerhin für einige Jahrzehnte hinter Gittern.«
»Genau.« Special Agent Harrison wandte sich wieder Victoria zu. »Sie müssen das alles auch im Zeitrahmen se hen. Ihr Vater ist erst vor einer Woche getötet worden. So schnell wird normalerweise kein Mordfall aufgeklärt, auch wenn wir unsere Hände im Spiel haben. Zudem hält die Polizei von Philadelphia den Tod Ihres Vaters noch immer für einen Unfall.«
Victoria nickte. »Okay, jetzt verstehe ich Sie.«
»Special Agent Harrison«, meldete sich Jill zu Wort, »ich habe noch eine ganz andere Frage. Hat Zeptien auch Nina umgebracht? Oder war es tatsächlich der Ehemann?«
»Keiner von beiden«, antwortete der FBI -Agent. »Wir gehen davon aus, dass Zeptien und Priam zwei Auftragskiller engagiert haben: Richard Deyaz und John Hutcheson. Die beiden, die sich Ihnen gegenüber als die FBI -Agenten Donator und Cohz ausgaben.«
»Habe ich die beiden zu Nina geführt?«, wollte Jill wissen.
Harrison schüttelte den Kopf. »Nein, die beiden hatten Nina als Informationsquelle schon vorher im Visier. Wie wir übrigens auch. Allerdings war es nicht gerade einfach, das herauszufinden. Ihr Ex hatte als Neil Straub Beziehungen zu mehreren Frauen. Außerdem versuchten Nina D’Orive und er ihre Beziehung geheim zu halten.«
»Haben Sie Zeptien und Priam wegen dieser beiden Morde angeklagt?«
»Nein. Und um genau zu sein, müsste die Anklage gegen die beiden auf Anstiftung zum Mord lauten. Sie haben das Paar ja nicht persönlich umgebracht. Aber auch hier haben wir Wert auf eine lupenreine Anklage gelegt. Sie werden wegen des Verkaufs von Insiderinformationen angeklagt. Außerdem sind Deyaz und Hutcheson tot.«
»Und wer hat mich die ganze Zeit verfolgt?«
»Das waren Deyaz und Hutcheson, aber manchmal auch wir. Deshalb sind wir uns alle heute auch in Parkertown begegnet. Deyaz hat Sie wahrscheinlich in dem schwarzen SUV verfolgt, bis Sie ihn in Manhattan entdeckt haben. Danach, so vermuten wir, hat er das Fahrzeug gewechselt.«
Jill lief bei dem Gedanken ein Schauer über den Rücken.
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