Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
Watson.«
Megan sah zu ihr hoch. »Wirklich beeindruckend, Mom.«
Jill winkte ab. Bei all den Menschen, die ihr Leben gelassen hatten, war ihr jetzt nicht danach, sich feiern zu lassen.
Special Agent Harrison fuhr fort: »Die Operation Hedge Clippers hat schon vor einigen Jahren begonnen. Die Börsenaufsichtsbehörde hatte uns darüber informiert, dass Piper Flanagan Pharmacen-Aktien-Leerverkäufe getätigt hatte, bevor die Medikamente Deferral und Riparin zurückgerufen wurden. Wir fanden heraus, dass alle Leerverkäufe ein gewisser Skip Priam, von Beruf Investmentmanager, getätigt hatte. Priam ist heute verhaftet worden. Wir können jetzt beweisen, dass er die notwendigen Informationen einem gewissen Joe Zeptien abgekauft hat.«
»War Zeptien früher Medikamentenvertreter?«, fragte Jill.
»Nein, Börsenmakler.« Harrison sah Victoria an. »Als wir Zeptiens Handy abhörten und seine Wohnungen überwachten, konnten wir schnell eine Verbindung zu Ihrem Vater herstellen. Zeptien erhielt von ihm die Insiderinformationen. Er hatte sich ihm als Neil Straub vorgestellt. Das Geld, mit dem Zeptien Ihren Vater bezahlte, hatte er von Skip Priam.«
Nur Abby schien ruhig zu bleiben. Vielleicht wusste sie die Wahrheit schon länger. Victorias Augen waren feucht, Megan verhielt sich auffällig ruhig, presste ihre Lippen nur gegen ihre Zahnspange. Wahrscheinlich verstand sie von alldem nicht sonderlich viel, außer dass es nicht gut um William stand.
Victoria schüttelte den Kopf. »Unser Dad soll das wirklich getan haben? Es ist also wahr?«
»Ja. Vermutlich fragen Sie sich, warum Ihr Vater die Informationen über einen Mittelsmann verkauft hat. Die Antwort darauf ist folgende: So konnte er in seiner Situation wahrscheinlich am meisten Geld verdienen, denn ihm fehlte das notwendige Kapital, um in einen Hedgefonds zu investieren. Außerdem wäre ihm die Bundessteuerbehörde dann zu schnell auf die Schliche gekommen.« Der FBI -Agent hielt inne. »Zudem konnte man ihn so juristisch nicht belangen, denn der Verkauf von Insiderinformationen ist nur strafbar, wenn der Verkäufer zu den Treuhändern gehört. Ein Beispiel, das jeder Jurastudent kennt: Sie werden auf der Toilette Zeuge eines Gesprächs mit Insiderinformationen. Die verkaufen sie dann weiter – eine Sache, die vollkommen legal ist.«
Victoria und Jill nickten.
Special Agent Harrison rutschte in seinem Sessel hin und her. »Allerdings wussten wir damals noch nicht, woher Ihr Vater die Informationen bekam. Seine New Yorker Wohnung wurde noch nicht überwacht. Deshalb schleusten wir Brian als Anwalt bei Creed & Whitstone ein. Die Kanzlei vertritt Piper Flanagan. Und deshalb schickten wir Brian auch in die Bar nach Downtown Manhattan, damit er Ihre Bekanntschaft macht.«
»Aber warum ich?« Victoria ballte die Hände in ihrem Schoß zu Fäusten. »Ich habe doch gar nicht mehr bei Dad gewohnt. Warum nicht Abby?«
»Offen gesagt, weil Abby zu der Zeit schon einen Freund hatte. Sie haben dann Brian Ihrem Vater vorgestellt, die beiden trafen sich ab und zu und entwickelten eine Beziehung zueinander, ohne dass Sie etwas davon mitbekamen.«
»Und warum hat Dad das getan?«, fragte Victoria.
»Ihr Vater wollte expandieren. Ihm war klar, dass das Rückrufkontingent bei Pharmacen beschränkt war. Er war auf der Suche nach neuen Hedgefonds, denen er Informationen von anderen Pharmafirmen verkaufen konnte. Brian sollte ihm dabei helfen.« Harrison senkte die Stimme, ihm war bewusst, wie schwer das alles für seine Zuhörer zu verdauen war. »Außerdem wollte sich Ihr Vater auch nicht zu sehr von Zeptien abhängig machen. Die beiden mochten sich nicht sonderlich, das zeigen Gespräche zwischen Zeptien und Priam. Aber Zeptien hatte Angst, dass Ihr Vater sich von ihm trennen und sich einen neuen Mittelsmann suchen würde.«
»Das alles wissen Sie von Zeptiens abgehörten Telefonaten?«, fragte Victoria.
»Genau. Also bot sich Brian Ihrem Vater als neuer Mittelsmann an. Er erzählte ihm, er hätte die besten Verbindungen zu Investmentbankern und anderen Hedgefonds.«
Jill konnte sich ausmalen, wie sehr William diese neuen Perspektiven gereizt haben mussten. Vielleicht war ihm dann alles zu viel geworden und die Sache ihm über den Kopf gewachsen? Eigentlich hatte er immer nur zum Opportunisten getaugt. Einem Opportunisten, der die Folgen seines Tuns beharrlich ignorierte.
Als Special Agent Harrison weitersprach, wandte er sich hauptsächlich an Victoria. »Somit wäre
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