Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
»Aber warum hat er mich überhaupt verfolgt?«
»Wir vermuten, dass Zeptien Wind von Abbys Spekulationen über den Tod ihres Vaters bekommen hat. Sie hätte ihm also womöglich gefährlich werden können. Deshalb engagierte er Deyaz und Hutcheson zu ihrer Beobachtung. Als Abby dann bei Ihnen auftauchte, wurden auch Sie observiert. Die beiden saßen übrigens auch in der silbernen Limousine, die Sie von der Straße drängen wollte.«
»Aber woher wussten die beiden, dass Brian undercover für das FBI arbeitet?«, fragte Jill.
»Um Sie zu retten, hatte er sich selbst enttarnt. Deshalb mussten wir auch heute zuschlagen, sonst hätte Piper Flanagan noch angefangen Computerordner zu löschen und Dokumente zu schreddern. Sie haben uns sehr geholfen – und Sie haben eine Menge dafür riskiert.«
Megan schmiegte sich an Jill, die sie zur Beruhigung streichelte.
»Piper Flanagan hat in den letzten drei Jahren 75 Millionen Dollar durch den Leerverkauf von Arzneimittelaktien verdient. Wenn Skip Priam kooperiert, womit wir rechnen, können wir die Top-Leute von Piper Flanagan anklagen.« Der FBI -Agent lehnte sich zurück, als wollte er zum Ende kommen. »Wir werden versuchen in der Wall Street rei nen Tisch zu machen. Damit können wir unsere Wirtschaft stüt zen und der Öffentlichkeit wieder Lust auf Investitionen machen. Beides war vom ersten Tag an das Ziel der Operation Hedge Clippers.«
Victoria hob wie im Unterricht die Hand. »Eine Frage noch. Hat Brian seine Freundschaft mir gegenüber vorgespielt? Ging es ihm nur um meinen Vater? Spielen alle Undercover-Agenten mit Gefühlen?«
Special Agent Harrison verzog keine Miene. »Brians Job war es, das Vertrauen Ihres Vaters zu gewinnen. Dass er etwas für Sie empfand, war nicht geplant. Dass er Sie anlügen musste, hat ihn in moralische Konflikte gestürzt. Aber das erzählt er Ihnen besser selbst. Morgen können Sie ihn im Krankenhaus besuchen. Falls Sie wollen.«
»Aber ist er wirklich Anwalt?«
»Das ist er. Sein wahrer Name lautet Brian Prendergast. Der Deckname eines Agenten klingt meist so ähnlich wie der Originalname. Falls ihn jemand auf der Straße erkennt.«
»Und weißt du was?« Abby schenkte ihrer Schwester ein verschmitztes Lächeln. »Brian hat gar keine Freundin in Paris. Die hat das FBI nur erfunden, damit er mit dir nichts anfängt.«
»Da sehe ich ja glatt einen Silberstreif am Horizont.« Victoria verdrehte die Augen. »Brian ist zwar ein Lügner, aber er ist Single? Danke, ohne mich.« Dann sah sie wieder den FBI -Agenten an. »Und warum hat Dad ein Doppelleben geführt?«
»Ich werde Ihnen erzählen, was ich weiß. Vielleicht tröstet es Sie ja ein bisschen. Er hat Brian gesagt, dass er damit Sie und Ihre Schwester schützen wollte. Falls etwas danebengeht. Er wollte nicht, dass Sie beide Probleme bekommen. Und auch nicht, dass Sie in Gefahr geraten. Er hat Sie geliebt.«
Abby spürte einen Kloß im Hals, und Victoria blickte automatisch zu Boden. Ob das die Wahrheit war? Alle schwiegen. Sie dachten an William, waren in Gedanken versunken. Auch Megan sah zu Boden, während sie nervös mit den Fingern spielte. Victoria schloss die Augen.
Es war Sam, der schließlich die Stille durchbrach. »Gemeinsam werden wir das schon alles durchstehen. Wir sind eine Familie und helfen einander. Das verspreche ich euch.«
72
Jill stand im Nachthemd an der Tür zu Megans Schlafzimmer und lauschte. Victoria und Abby waren bei ihrer Tochter, Beef hatte sich später zu den drei Mädchen gesellt. Jill hätte nur zu gern gewusst, was da drinnen vorging.
»Schatz, den Mädels geht’s gut.« Sam saß im Bett und las.
»Aber was machen sie da drinnen?«
»Sie reden über alles, was passiert ist. Das ist doch okay.«
»Für Megan war diese Woche die Hölle.« Jill bewegte sich nicht von der Stelle. »Und ich habe mich als Mutter nicht sonderlich um sie gekümmert.«
»Megan weiß, dass du sie liebst.«
»Ab jetzt muss ich mich vor allem um sie kümmern.« Jill war müde, am Ende ihrer Kräfte. »Bei der Diagnose ihrer Panikattacke habe ich ganz schön danebengelegen.«
»Das sehe ich nicht so. Auch Williams Tod hat bestimmt eine Rolle gespielt. Das Foto war nur eine Ursache von vielen.«
»Nicht bei einem dreizehnjährigen Mädchen.«
»Jetzt komm endlich ins Bett.« Sam nahm seine Brille ab und legte sie mit dem Buch auf den Nachttisch. Jill schloss die Tür, setzte sich aufs Bett und schlüpfte dann unter die Decke.
Sam streichelte ihren Arm.
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