Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
weg.« Als Jill das Gebäude verließ, folgte ihr der Wachmann wie beim letzten Mal. Bis Jill in Sams Lexus eingestiegen und weggefahren war, ließ er sie nicht aus den Augen.
Kurz vor der ersten Ampel auf dem Weehawk Boulevard läutete ihr Handy. Die Nummer war unbekannt, und den noch wusste sie, wer am Apparat war. Jill wappnete sich. »Hallo, Elliott.«
75
Jill saß auf einer Holzbank im Park hinter dem Pharmacen-Gebäude und wartete. Handtasche und Blackberry lagen neben ihr. Es war ein schöner, ruhiger und großer Park. Hier konnten die Mitarbeiter Softball spielen oder picknicken. Als natürliche Eingrenzung waren Buchsbäume und Hecken gepflanzt worden. Links lag der künstliche See, auf dem gerade eine Stockente landete. Jill und ein junger Mann und eine junge Frau, die ein paar Bänke weiter die Köpfe zusammensteckten, waren die einzigen Parkbesucher.
Als sie Elliott Horton über den Rasen kommen sah, streckte sie ihren Rücken durch. Elliott war Anfang vierzig, groß und mager und trug ein weißes Oxford-Hemd und eine dunkelblaue Hose. Er sah zu Boden und machte ein ernstes Gesicht.
»Soll das ein Scherz sein?« Elliott hatte eine hohe Stimme, es schien, als hätte er sich seine Worte zurechtgelegt. »Wer sind Sie? Von wem haben Sie die Informationen?«
»Setzen Sie sich, dann erkläre ich Ihnen alles.«
Elliott blieb vor ihr stehen. »Diese Informationen sind streng vertraulich und gehen nur Pharmacen etwas an. Die Sicherheit des Unternehmens wurde aufs Schärfste verletzt.«
»Das sehe ich genauso.« Jill überlegte kurz. »Und dennoch kommen Sie zu mir, wo es doch nach den Nachrichtensendungen heute Morgen ein Leichtes gewesen wäre zu verschwinden. Der größte Hedgefonds der Wall Street ist gestern Abend wegen Leerverkäufen von Pharmacen-Aktien vom Staat angeklagt worden, und Sie sind ohne Interview davongekommen?« Jill neigte fragend den Kopf. »Wie ist Ihnen das gelungen?«
»Unsere PR -Abteilung kümmert sich um solche Sachen. Aber wer sind Sie? Und woher haben Sie die Informationen?«
»Oh, dann habe ich mich wohl getäuscht. Ich dachte, Ihre Bosse und Sicherheitsbeauftragten hätten Sie zu mir geschickt, um herauszufinden, was ich von Ihnen will.«
»Keineswegs.« Elliotts blassblaue Augen weiteten sich leicht. Seine Haut war so fahl wie die einer Laborratte. »Beantworten Sie meine Frage. Wer sind Sie? Und wie kommen Sie an unsere Daten?«
»Mein Name ist Jill Farrow, mein Exmann war William Skyler, der Geliebte von Nina D’Orive. Ich bin über seinen Laptop an Ihre Unterlagen gekommen. Sie mögen vielleicht nicht wissen, wer ich bin, aber Ihre Vorgesetzten wissen es. Ich bin zum zweiten Mal diese Woche bei Pharmacen, und jedes Mal habe ich mit einem Wachmann mit Vornamen Barry gesprochen. Er trägt einen Unterlippenbart. Ich bin sicher, Barry hat an entsprechender Stelle von mir berichtet.« Jill sah Elliott in die Augen. »Ihre Chefs nehmen Sie nicht ernst. Sie spielen mit Ihnen. Der einzige Mensch, der auf Ihrer Seite steht, bin ich. Seltsam, oder?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.« Elliott setzte sich jetzt doch auf die Bank, seine knochigen Finger legte er in den Schoß.
»Irgendjemand muss für das, was passiert ist, die Verantwortung übernehmen. Nina hat ein paar sehr wertvolle Informationen weitergeleitet. Sie waren Ihr Chef. Sie haben sie sogar zur stellvertretenden Abteilungsleiterin gemacht.« Jill legte ihre bandagierte Hand auf die Lehne der Bank. »Ich weiß, dass es nicht gerade fair ist, Ihnen Vorwürfe zu machen. Sie haben fünfzig Mitarbeiter unter sich, Sie können nicht jeden von ihnen ständig kontrollieren.«
»Woher wissen Sie das alles?«
»Man wird Sie in den Ruin treiben. Nicht in absehbarer Zukunft, schließlich braucht man Sie noch. Aber letztendlich wird man Sie feuern – und nach diesem Skandal dürfte es nicht gerade einfach für Sie werden, einen neuen Job zu finden. Ich spreche aus Erfahrung.«
»Was wollen Sie?«
Jill bemerkte, dass Elliott in der Wahl seiner Worte sehr vorsichtig war. »Zuerst will ich Ihnen sagen, wie ich hinter Ihre Machenschaften gekommen bin. Mein Ex hat vor drei Jahren das Geschäft mit Deferral begonnen. Wie hat sich das Medikament übrigens verkauft, bevor es zurückgerufen wurde?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Okay, dann sage ich es Ihnen. Allein in den USA wurde es von zwei Millionen Allergikern eingenommen. Aber weiter: Mein Ex hat auch Informationen über Riparin verkauft, ein harntreibendes
Weitere Kostenlose Bücher