Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
die Erinnerungstafeln in der New Yorker Polizeistation. Sechs Beamte hatten am 11. September 2001 im Dienst ihr Leben verloren. »Sie verdienen von Ihren Vorgesetzten mindestens eine Belobigung, wenn nicht gar eine Medaille für das, was Sie getan haben. Für mich sind Sie ein Held.«
»Für mich auch«, sagte Sam.
»Und für mich erst«, sagte auch Abby, während Megan Brian schweigend anstarrte. Die Nähe eines richtigen FBI -Agenten machte sie nervös.
»Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie heute Ihr Debüt als Undercover-Agent gegeben haben«, sagte Brian zu Jill. »Mit Abhörwanze und allem Drum und Dran. Gratulation!«
Jill errötete, sie war noch immer zu aufgeregt, um befreit zu lachen. Sam, der neben ihr stand, schmunzelte.
»Meine Verlobte macht Karriere als neuer 007. Sie hätten sie mal sehen sollen. Wie ein Profi hat sie Elliott dazu gebracht, die Wahrheit zu sagen.«
Jill versetzte ihm einen spielerischen Hieb. Ihr war seine Lobeshymne peinlich. »Nicht übertreiben, Sam.« Sie deutete auf Brian. »Dieser Mann hier ist der Profi. Er hat versucht Kriminelle, die mit hundert Meilen pro Stunde eine Landstraße entlanggerast sind, von der Straße zu drängen. Das werde ich nie vergessen. Ich bin nie zuvor in meinem Leben so schnell gefahren.«
»Ich schon. Leider war das dem Baum egal.« Brian und die anderen lachten, nur Victoria war auffallend still. »Wenn Sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, bringt Sie niemand davon ab, stimmt’s nicht, Frau Doktor? Erinnern Sie sich noch, dass ich Ihnen mit einer einstweiligen Verfügung gedroht habe? Sinnlos.«
»Ihre Drohung hat mich nur noch zorniger gemacht.« Jill lächelte.
Brian blickte zu Sam. »Mit der Frau werden Sie alle Hände voll zu tun haben. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Sie werden es brauchen.«
Sam lachte. »Das können Sie laut sagen.«
»Gibt es für solche Frauen eigentlich ein Geheimnis, das Sie mir verraten können?«
»Es ist ganz einfach. Tun Sie einfach, was sie Ihnen sagen.«
Wieder lachten alle außer Victoria. Als es anschließend unangenehm still im Zimmer wurde, blickte Brian kurz zu ihr und räusperte sich.
»Es tut mir leid, dass ich dich täuschen musste. Wirklich.« Brian zuckte zusammen, aber daran waren nicht die Schrammen in seinem Gesicht schuld. »Es war Teil meines Jobs. Zweifellos nicht der rühmlichste davon.«
»Dann gratuliere ich dir zu einem perfekt gemachten Job«, erwiderte Victoria sarkastisch. »Gratulation zur Operation Hedge Clippers.«
»Komm schon, beschimpf mich. Ich habe es verdient.«
»Dich beschimpfen? Wenn du nicht schon im Krankenhaus wärst, würde ich dafür sorgen, dass du in eins kommst.«
Jill sah weg.
»Es tut mir wirklich leid, Victoria.«
»Du hast dir meine Freundschaft erschlichen, nur damit du meinen Vater kennenlernst.«
»Aber dann sind du und ich Freunde geworden. Die schönen Stunden, die wir miteinander verbracht haben, waren echt. Wir sind echte Freunde.«
»Nein. Jetzt nicht mehr«, sagte Victoria verächtlich.
Jill fühlte sich unbehaglich, griff aber nicht ein. Das hier war nicht ihr Kriegsschauplatz. Sie konnte Victorias Reaktion gut verstehen, schließlich war sie selbst einmal betrogen worden. Aber auch Brians Handeln war nachvollziehbar. Er hatte nur seinen Job erledigt. Und er war, Job hin, Job her, ganz offensichtlich noch immer in Victoria verliebt.
Abby legte eine Hand auf das Bettgestell. Ihr Blick war nachdenklich. »Ich bin nicht böse auf dich, Brian. Ich habe inzwischen so einiges von der Arbeit des FBI mitgekriegt und kann verstehen, was du getan hast. Auch mit Dad bin ich im Reinen. Ich werde ihn immer lieben, selbst wenn er vieles falsch gemacht hat. Im Gegensatz zu dir.«
»Danke, Abby.« Brian wurde noch ernster. »Für euch beide muss die ganze Sache ziemlich hart gewesen sein. Aber euer Vater hat sehr oft von euch gesprochen. Er hat euch geliebt.« Er blickte wieder zu Victoria. »Es tut mir wirklich leid. Es tut mir leid, dich getäuscht zu haben. Ich meine es ernst, egal, ob wir nun Freunde bleiben oder nicht.«
»Wir kennen uns seit einem Jahr, und die ganze Zeit über hast du mich angelogen.« Victoria schüttelte den Kopf. »Dein Job. Deine Vergangenheit. Deine Zukunft. Sogar dein Name. Alles waren nur Lügen. Was erwartest du von mir?«
»Es war meine Arbeit. Es tut mir leid.«
»Trotzdem.« Victoria atmete hörbar aus. »Alles war gelogen.«
»Nicht alles. Meine Gefühle für dich sind wahr.«
»Und warum soll ich dir gerade
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