Die zweite Todsuende
nicht übel.
Er drehte die Brause zu, legte Boone auf den Schlafzimmerteppich, ließ ihn abtropfen, drehte ihn um. Jetzt keuchte und prustete der Sergeant, doch schien seine Speiseröhre einigermaßen frei: sein Atem ging laut und röchelnd.
Delaney kniete neben ihm und zog ihm mühselig die nassen Sachen aus. Das dauerte seine Zeit, und als der Chief ihn bis auf die verschmutzte Unterhose ausgepellt hatte, schwitzte er heftig. Er hievte Boone aufs Bett, ließ ihn auf das zerknitterte Laken und die leichte Wolldecke fallen. Für seine Begriffe atmete der Sergeant normal; er brummelte nur gelegentlich was, wälzte sich und drosch mit dem Kopf links und rechts aufs Bett.
Delaney ging in die Küche und suchte Papierservietten. Damit entfernte er die letzten Brocken aus der Badewanne und warf alles in die Toilette. Boone lag unverändert. Delaney duschte in der Unterhose und seifte alles ein. Er wrang die Unterhose aus und hängte sie auf einen Wäschetrockner. Mit einem Handtuch von Boone rubbelte er sich trocken, schlang es um die Hüfte und patschte barfuß zurück ins Schlafzimmer. Boone schnarchte offenen Mundes, und zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine harte Falte eingegraben.
Delaney rief nochmals Monica an, und sie unterhielten sich eine Weile. Es war ihr gelungen, Rebecca zu beruhigen und sie zu bewegen, sich im Gästezimmer hinzulegen. Er sagte, er habe alles unter Kontrolle und werde am Morgen nach Hause kommen. Sie sprachen wenig; beide waren betrübt, und beide sagten: «Ich liebe dich», bevor sie auflegten. Das tat ihnen gut.
Das Handtuch um die Hüfte, durchsuchte Delaney nochmals die Wohnung, fand aber weder Schnaps noch eine zweite Pistole. Das einzige, was er fand, waren Fläschchen mit Rasierwasser und Desinfektionsmitteln. Er leerte alles in den Ausguß und warf die Flaschen in den Mülleimer. Dann suchte er nach Geld, fand jedoch nur Boones Portemonnaie in der Gesäßtasche seiner feuchten Hose. Es enthielt insgesamt 15 Dollar in Fünf-Dollar- und Ein-Dollar-Scheinen. Delaney schob es unter ein Couchkissen im Wohnzimmer.
Boone war immer noch unruhig. Er schnarchte, wälzte sich, stöhnte. Delaney ließ ihn liegen, fand ungebügelte Laken und Kopfkissenbezüge in der Wäschekommode, breitete ein Laken über die Wohnzimmercouch und legte einen Kissenbezug auf die Armlehne. Mit einem zweiten Laken deckte er sich zu. Ehe er sich hinlegte, schob er noch den Schlagstock und Boones Revolver so unter die Couch, daß er sie ohne große Mühe erreichen konnte. Dann legte er den Kopf auf die harte Armlehne. Er konnte Boone im Schlafzimmer hören. Rasselnder Atem, Schlucken und Stöhnen. Gelegentlich Husten und ein Schluchzen.
Delaney döste. Leichter Schlaf. Wach. Leichter Schlaf. Hellwach. Dann, viel später, hörte er, wie Boone sich stöhnend bewegte. Delaney griff nach dem Schlagstock, stand auf. Behutsam tappte er zur Schlafzimmertür und steckte den Kopf hindurch. Im Dämmerlicht sah er Boone auf dem Bettrand sitzen. Er fummelte mit Bleistift und Block auf dem Nachttisch und sprach halblaut vor sich hin. Übertrieben sorgfältig notierte er etwas, die Zunge zwischen den Zähnen, mit der Umständlichkeit des Betrunkenen, und brummelte dabei unaufhörlich vor sich hin. Dann fiel er wieder zurück aufs Bett und schnarchte.
Lautlos trat Delaney ein, hob Boones Beine auf das zerknüllte Leintuch und deckte ihn mit der Wolldecke zu. Der Mann stank penetrant. Delaney nahm den Schreibblock mit hinüber ins Badezimmer und knipste das Licht an. Er las, was Boone gekritzelt hatte. «Mon zwei sau». Delaney legte den Block beiseite und löschte das Licht. Dann tappte er zurück zu der durchgelegenen Couch und versuchte wieder einzuschlafen.
Als er am nächsten Morgen zu früher Stunde erwachte, blickte er sich ärgerlich in der ungewohnten Umgebung um. Er gedachte mit Widerwillen des nächtlichen Auftritts, war aber dankbar dafür, daß es nicht schlimmer ausgegangen war. Zerschlagen stand er auf und ging hinüber, um nach Boone zu sehen. Der Sergeant schlief auf der Seite liegend, den Kopf eingezogen, das Rückgrat gekrümmt, die Knie angewinkelt wie ein Fetus.
Delaney trottete ins Bad. Er wusch das Gesicht mit kaltem Wasser und spürte die Bartstoppeln. Dann schaute er in den Spiegel. Weiß. Der Bart eines alten Mannes. Boones Rasierzeug fand sich im Medizinschränkchen, doch benutzte der Chief es nicht. Er drückte etwas Zahnpasta auf den Zeigefinger und verrieb sie an den Zähnen. Er benutzte
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