Die zweite Todsuende
und trat vor sie. Dabei bugsierte er den Schlagstock in seine rechte Jackentasche und hoffte, sie sähe es nicht. Dann rief er barsch:
«Hier ist Delaney! Kommen Sie raus, Boone!»
Man vernahm Gebrummel, dann ein undeutliches: «Hau ab!»
«Hier ist Delaney!» rief der Chief noch einmal, hob das rechte Knie fast bis ans Kinn und trat mit dem Fuß unmittelbar über Klinke und Schloß gegen die Tür. Es splitterte und krachte, die Tür sprang auf, knallte gegen die geflieste Wand, und Delaney war drinnen. Boone hockte in sich zusammengesunken auf dem geschlossenen Klosettdeckel. Er hielt die Flasche am Mund und reagierte nur matt. Delaney nahm ihm die Flasche weg und warf sie hinter sich, wo Rebecca sie vermutlich auffing. Er blickte sich nicht um.
Boone hob den Kopf, und es wirkte komisch, wie sich auf seinen Zügen erst Verblüffung, dann Wut malten. Delaney holte aus und versetzte ihm eine kräftige Ohrfeige. Boones Kopf flog herum; er bibberte und lief rot an.
«Arschloch», sagte Delaney, ohne die Stimme zu heben.
Er trat zurück ins Schlafzimmer und wartete gespannt, die Knie leicht eingeknickt, den Schlagstock in der Rechten hinterm Rücken verborgen. Er hörte in der Küche Wasser laufen, hörte Rebecca schluchzen.
Mit wütendem Gebrüll stürzte Boone aus dem Bad, die Arme ausgestreckt. Delaney lehnte sich zurück, und als Boone an ihm vorbei wollte, traf ihn der Schlagstock seitlich am Schädel. Es war kein Schlag, eher ein Antippen, behutsam, beinahe liebevoll. Der Schlag des erfahrenen Streifenpolizisten: nicht heftig genug, um die Haut platzen zu lassen, eine Gehirnerschütterung oder einen Knochenbruch hervorzurufen. Eine Sache der Erfahrung. Sehr wirksam. Boones Knie gaben nach, und er verdrehte die Augen. Mit dem Gesicht voran fiel er auf den Schlafzimmerteppich.
Rasch beugte der Chief sich hinunter, nahm ihm den Revolver weg und ließ ihn in die eigene Tasche gleiten. Dann steckte er den Schlagstock ein, in die Gesäßtasche, wo Rebecca ihn nicht sah. Die kam aus der Küche, ratlos, die leere Whiskeyflasche in der Hand. Sie sah Boone auf dem Boden liegen, das Gesicht nach unten gekehrt und jammerte:
«Ist er …?»
«Nur ohnmächtig», sagte Delaney knapp und nahm ihr die Flasche aus der schlaffen Hand. «Das hast du fabelhaft gemacht. Wirklich fabelhaft. Hast du Geld?»
«Was?» fragte sie.
«Ob du Geld hast?» wiederholte er geduldig. «Wo ist dein Portemonnaie?»
Sie fanden die Handtasche auf dem Fußboden neben der Couch. Sie hatte etwas Kleingeld und einen Fünf-Dollar-Schein.
«Nimm ein Taxi und fahr zu Monica», schärfte Delaney ihr ein. «Warte unten in der Halle, bis der Portier das Taxi besorgt hat. Gib ihm einen Dollar. Hast du verstanden? Und fahr zu Monica. Sie wartet schon. Alles klar?»
«Ist er …? Wird er …?»
«Tu, was ich gesagt habe. Monica wartet.»
Sie nickte, bekam wieder den verschwommenen Blick. Er hängte ihr die Handtasche über den Arm und schob sie sanft zur Tür. Als sie fort war, schloß er hinter ihr ab, legte die Kette vor, suchte nach einer weiteren Flasche, einer zweiten Waffe. Nichts. Boone fing an, sich zu regen, er murmelte, würgte, als wäre ihm übel.
Delaney rief Monica an und erstattete knapp Bericht. Er sagte, Rebecca sei unterwegs, sie solle ihn anrufen, falls sie in zwanzig Minuten nicht da sei. Sodann ließ er die Jalousien herunter, zog sich bis auf die Unterhose aus. Boone würgte ächzend. Delaney packte ihn an Hemd- und Jackenkragen und schleifte ihn durchs Schlafzimmer ins Bad; die Zehen des Sergeants hinterließen Furchen im Velourteppich. Delaney hob ihn hoch und ließ ihn mit dem Gesicht nach unten in die Wanne gleiten. Boones Kopf, seine Arme, Schultern und ein Teil des Oberkörpers befanden sich in der Wanne. Sein Bauch ruhte auf dem Wannenrand, während Hüften und Beine außerhalb blieben.
Der Sergeant fing sogleich an zu erbrechen: Essen, Whiskey, Galle quollen als dickliche Masse stoßweise aus ihm heraus. Spaghetti, Klopse, Schleim. Es stank scheußlich, aber Delaney war Polizeibeamter. Er hatte schon Schlimmeres gerochen.
Er drehte die Brause auf, bis ein harter, kalter Strahl herauskam, den er auf Boones Kopf und Schultern lenkte. Das Erbrochene wurde weggespült, der Abfluß war sogleich verstopft. Das Schmutzwasser staute sich. Delaney packte Boones rechtes Handgelenk. Die Hand hing schlaff herunter. Mit Boones fühllosen Fingern machte er den verstopften Abfluß frei, und der Dreck lief gurgelnd ab. Ihm wurde
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