Die zweite Todsuende
erlaubt ist?
Monica lief es kalt über den Rücken. Ob das bedeute, Belle Sarazen sei nun die Hauptverdächtige, fragte sie ihren Mann. Seine Antwort lautete Nein; was er über sie gesagt habe, treffe auf Jake Dukker genauso zu. Und Alma Maitland, Ted Maitland und Saul Geltman hätten handfestere, konventionellere Motive.
Und die Mutter, die Schwester? wollte Monica wissen. Hatten die auch Motive?
Delaney erwiderte, im Moment wären zwar keine zu erkennen, doch bedeute das keineswegs, daß es keine gäbe.
Monica seufzte; nach einer Weile fragte sie ihn, ob ihm nicht vielleicht das ganze Menschengeschlecht verleidet sei, weil er ein Leben lang als Polizist ständig mit der Schlechtigkeit der Menschen zu tun gehabt habe?
Er dachte lange darüber nach und sagte dann, nein, das glaube er nicht. Er habe gelernt, nicht zuviel von den Menschen zu erwarten, und es auf diese Weise vermieden, dauernd enttäuscht zu werden. Abner Boone hingegen sei ein heimlicher Romantiker. Was vermutlich ein Grund für sein Trinken sei. Boone schiebe es auf die «dreckige» Polizeiarbeit; was er jedoch meine, sei das Böse im Menschen. Er erwarte soviel Gutes und finde so wenig davon.
Er hingegen erwarte wenig und erlebe daher gelegentlich angenehme Überraschungen. Auf diese Weise bewahre er sich sein inneres Gleichgewicht. Außerdem sei es wichtig, fügte Delaney mit Nachdruck hinzu, daß das eigene, das persönliche Leben in geordneten Bahnen und in sich stimmig verlaufe. Darin liege für einen Polizeibeamten das Heil.
Monica sprach die Hoffnung aus, Rebecca Hirsch könne Abner Boone dazu verhelfen, und der Chief sagte, das hoffe er auch. Dann tranken beide noch einen Whiskey, berieten, wo die Mädchen die Sommerferien verbringen sollten und stritten sich schläfrig darüber, ob an Kartoffelpufferteig geriebene Zwiebeln gehören.
13
Sie bestellten Kaffee und Nachtisch, dann stand Delaney auf und murmelte eine Entschuldigung. Boone folgte ihm gleich darauf. Monica und Rebecca Hirsch sahen ihren Männern nach, wie sie sich entfernten: der Chief mit wiegendem Gang, Boone mit forschem Schritt.
«Nimmt er sich zusammen?» fragte Monica.
«Bis jetzt ja», sagte Rebecca.
«Trauen kannst du ihm nie», warnte Monica streng. Dann lächelte sie traurig. «Jetzt rede ich schon wie Edward.»
Rebecca legte ihre Hand auf die von Monica. «Ist schon in Ordnung. Wir wissen das. Vorläufig freuen wir uns über jeden Tag.»
Monica befreite ihre Hand und sah auf die Uhr.
«Machst du dir Sorgen wegen der Mädchen?» fragte Rebecca.
«Es ist das erste Mal, daß wir sie abends allein lassen. Irgendwann müssen sie's ja lernen. Aber ich glaube, ich rufe sie doch lieber an, um ihnen gute Nacht zu sagen. Sobald die Männer wieder da sind.»
In der Toilette standen Delaney und Boone an zwei Becken nebeneinander.
«Ich bin mit der Hemley essen gegangen», sagte Boone leise. «Sie hat Geltman nicht mehr gesehen, nachdem er das Büro gegen zehn betreten hat. Als Simon rauskam, um die Sandwiches zu holen, machte er die Tür seines Zimmers hinter sich zu.»
«Vertrackte Sache», sagte Delaney.
«Glauben Sie, die beiden hätten den Mumm, so was zu tun?»
«Bestimmt», antwortete der Chief gleichmütig. «So groß war das Risiko auch wieder nicht.»
«Außerdem hat mich Jason T. Jason angerufen», fuhr Boone fort, als sie die Reißverschlüsse hochzogen und sich die Hände wuschen. «Er ist auf eigene Faust und in Zivil losgezogen und hat nach der Karibin und dem Mädchen Ausschau gehalten. Jeden Tag ein paar Stunden - außerhalb der Dienstzeit.»
«Nett von ihm.»
«Er meint, sie könnten aus dem Viertel östlich der Bowery kommen. Vielleicht um die Orchard Street rum. Da wohnen eine Menge Puertorikaner, sagt er. Ich weiß nicht, aber ich hatte das Gefühl, als wollte er uns nahelegen, ihn vom normalen Streifendienst befreien zu lassen, damit er die ganze Zeit nach den Frauen suchen kann.»
«Hm … noch nicht», sagte Delaney. «Er ist ehrgeizig. Dagegen ist nichts zu sagen. Ich werde eine Liste von Maitlands Lieblingskneipen zusammenstellen, die kann Jason überprüfen. Vielleicht hat Maitland die Frau in einer Bar oder in der Nähe einer Bar aufgegabelt. Kommt Susan Hemley zur Vernissage?»
«Sie hat gesagt, ja.»
«Weiß Rebecca, daß Sie mit ihr essen gegangen sind?»
«Ja, Sir. Ich habe es ihr erzählt.»
«Das ist gut», sagte Delaney und lächelte. «Wäre schade, wenn sie's in die falsche Kehle kriegte, falls die Hemley was sagt.
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