Die zweite Todsuende
wir gesucht haben; daß Mama Perez und Dolores ihm gefährlich werden können, muß ihm klar sein, denn er hat sie ja selber am Freitag vor Maitlands Atelier gesehen.»
«Und was folgt daraus?» fragte Monica.
«Daraus folgt», sagte der Chief verträumt, «daß man ihm behilflich sein muß, sie seinerseits zu finden.»
Als Delaney seinen Vorschlag noch am gleichen Abend telefonisch dem Stellvertretenden Commissioner unterbreitete, war Thorsen alles andere als begeistert.
«Das könnte als unzulässige Verleitung angesehen werden, Edward», wandte er ein.
«Verleitung ist juristischer Firlefanz. Und ob die darin gesehen wird, hängt bloß davon ab, ob der Richter abends vorher von seiner Frau drangelassen worden ist. Wir verleiten ihn schließlich nicht dazu, ein Verbrechen zu begehen, wir stellen ihn vor die Wahl. Ist er schuldlos - und das ist er eben nicht! -, wird er uns auslachen und abmarschieren, uns vielleicht sogar anzeigen. Ist er aber schuldig - und ich wiederhole, er ist es! -, dann schluckt er den Köder. Ivar, der Bursche hat die Hosen voll, darauf gehe ich jede Wette ein. Der beißt an.»
«Und die Kosten …» ächzte Thorsen.
«Die fallen kaum ins Gewicht. Ein oder zwei Techniker für ein bis zwei Arbeitstage. Kompliziertes Gerät brauchen wir nicht. Boone und Jason und die Leute, die Mama Perez beschatten, reichen mir völlig. Also, was meinen Sie?»
«Für die Perez ist das ein übles Risiko.»
«Wir passen schon auf sie auf.»
«Und wenn es schiefgeht, kostet es mich meinen Kopf.»
«Das weiß ich doch, Ivar», sagte Delaney geduldig. «Soll ich alles auf meine eigene Kappe nehmen? Wir können ja so tun, als hätte dies Gespräch nie stattgefunden.»
«Nein, danke schön für das Anerbieten, aber so geht es nicht. Allein für das Gerät brauchen Sie meine Anforderung. Daß Sie ihn anders nicht überführen können, steht für Sie fest?»
«Unbedingt. Also - was ist?»
Delaney lauschte gespannt. Thorsen zögerte.
Endlich sagte er: «Machen wir es doch so: Sie werfen den Köder aus. Beißt Geltman an, kriegen Sie von mir, was Sie brauchen. Beißt er nicht an, lassen wir ihn laufen. Einverstanden?»
«Nach allem, was er Mary und Sylvia angetan hat? Nie!» schwor sich Delaney.
20
Sie saßen nach dem Mittagessen geruhsam beim Kaffee, Delaney mit der Zeitung vor sich, die von einem Fassadenkletterer berichtete, der mit dem Kopf in einem Gitter steckengeblieben war. Die Polizei mußte ihn befreien. Delaney schmunzelte. Monica stützte das Kinn in die Hände und hörte der Musik aus dem Küchenradio zu.
«Klaviersonate Nummer zwei», murmelte sie verträumt. «Von Prokofiev.»
«Sam Prokofiev?» fragte Delaney, ohne aufzublicken. «Der war doch früher mal bei den Cincinnati Reds?»
«Ebenderselbe», bestätigte Monica.
«Mit den Händen war er flink, aber treffen tat er nie.»
Nun blickte er auf und beide schauten einander mit gespieltem Ernst an.
Um zwei kamen Nachrichten, und Delaney legte die Zeitung weg. In Ohio hatte eine Überschwemmung stattgefunden, in Pakistan herrschte Hungersnot und in Kalifornien wurde ein Abgeordneter wegen Veruntreuung und Unterschlagung angeklagt.
«Und wegen maßloser Faulheit», brummelte Delaney.
Dann hieß es weiter: «In den frühen Vormittagsstunden wurde die Leiche eines Mannes von mittlerem Alter aus den Trümmern eines in Brand geratenen Gebäudes in Manhattan geborgen. Der Brand machte die Evakuierung mehrerer hundert Personen erforderlich. Der Schaden durch Feuer und Löschwasser ist beträchtlich. Bei dem Toten handelt es sich mutmaßlich um den bekannten Rechtsanwalt J. Julian Simon. Berichten aus Italien zufolge -»
Delaney stellte ab.
«Hat er gesagt -» stammelte Monica.
«Ja, das hat er. J. Julian Simon. Und ich muß sagen, manchmal überschätze ich mich!» fügte er wütend hinzu.
Er griff nach dem Telefon, doch klingelte es bereits. Er riß den Hörer hoch. «Delaney», bellte er bösartig.
«Haben Sie gehört, Edward?» fragte Thorsen, offenbar außer Atem.
«O ja, gerade eben. Verfluchte Scheiße, das geht auf meine Rechnung, Ivar!»
«Sie glauben also -»
«Glauben? Ich weiß! Dieser kleine Lumpenhund hat seinen alten Sportsfreund hingemacht, weil der die Nerven verlor. Jetzt sitzen wir auf der ursprünglichen Aussage von Simon, Geltman hat also noch sein Alibi. Das glaubt er jedenfalls. Sie müssen sich jetzt einschalten, Ivar, ich habe nicht genügend Einfluß. Wo ist die Leiche?»
«Weiß ich nicht, Edward.
Weitere Kostenlose Bücher