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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Vermutlich bei den Gerichtsmedizinern.»
    «Dann rufen Sie dort bitte an und sagen, man soll bei der Autopsie unbedingt auf Messerstiche achten. Vor allem im Rücken.»
    «Mache ich», sagte Thorsen matt.
    «Auch auf Betäubungsmittel oder Alkohol. Anschließend unterhalten Sie sich mit Ihrem Oberbranddirektor und deuten an, das Opfer sei in gewisse illegale Machenschaften verwickelt gewesen, es besteht Anlaß, Brandstiftung zu vermuten. Hören Sie, ob er schon was zu sagen hat, und falls nicht, sollen die Leute sich Simons Büro, oder was davon übrig ist, mit besonderer Sorgfalt ansehen.»
    «Mache ich, Edward.»
    «Und sagen Sie mir bitte Bescheid, sobald Sie was erfahren?»
    Er knallte den Hörer auf. Monica mochte er nicht ansehen.
    «Es ist doch nicht deine Schuld, Edward», sagte sie unsicher.
    «Futsch ist er, einfach futsch!»
    Sie glaubte, er meine damit den toten Simon, doch damit irrte sie. Er stapfte ins Arbeitszimmer, knallte die Tür zu, warf sich in den Drehstuhl. Er streckte die Arme aus, sah, wie seine Hände zitterten. Das war, wie er wußte, die Wut über seine Demütigung. Was da litt war das angeschlagene Selbstwertgefühl. Wieder einmal war er düpiert worden. Hatte er seine Karriere vielleicht zum Teil einer unangemessen hohen Einschätzung der eigenen Begabung zu verdanken gehabt? Falls das zutraf, erteilte der kleine Saul Geltman ihm jedenfalls eine Lektion in Demut.
    Er suchte sich ein zutreffendes Bild von diesem Menschen zu machen, doch war das wie ein Kreuzworträtsel mit zu vielen Buchstaben. Geltman war dies, er war aber auch jenes. Er war grausam, zugleich aber auch zartfühlend; empfindsam und frivol. Delaney, dem allerlei Details aus den Akten und seinen Gesprächen durch den Kopf gingen, bekam ihn nicht zu fassen. Was er suchte war ein einleuchtendes Motiv.
    Er war lange genug Kriminalbeamter gewesen, um zu wissen, daß es eindeutige Motive bei Verbrechen kaum je gibt, daß vielmehr meist ein Gemisch von Antrieben und Reizen vorliegt. Der Sohn, der den alten, kränkelnden Vater mit Arsen vergiftet, sagt: «Ich habe es getan, um ihm Schmerzen zu ersparen», und er glaubt es auch. Aber wer tiefer bohrte, entdeckte, daß der Mörder bei seinem Rauschgifthändler in der Kreide stand und unbedingt seine Erbschaft brauchte, wollte er vermeiden, daß man ihm zur Warnung die Kniescheiben zerschlug; oder er war scharf auf eine Biene, die Geld sehen wollte, bevor sie Ja sagte; oder der Ermordete war ein lästiger, ewig jammernder, bösartiger Invalide, der schon unter sich ließ. Gleichwohl stimmte es, daß das Opfer ständig Schmerzen gelitten hatte. Und was folgte daraus?
    Thorsen unterbrach durch einen Anruf Delaneys Bemühungen, Geltman zu analysieren. Der Stellvertretende Commissioner war ziemlich erregt.
    «Die Anatomen waren uns schon ein gutes Stück voraus, Edward, sie hatten bereits mehrere Stichwunden im Rücken gefunden. Und zwar ähnlich denen, die Maitland aufwies. Eindeutiger Mord, laut Autopsiebericht. Zufällig hat derselbe Mann auch im Fall Maitland die Leiche begutachtet und sagt, es könnte sich sogar um dieselbe Waffe handeln. Und die Experten der Feuerwehr sind schon an der Arbeit.»
    «Sehr schön, Ivar», sagte Delaney und warnte nachdrücklich: «Nichts davon darf in die Zeitungen! Nichts! Der Zwerg soll denken, er hat uns getäuscht. Man könnte allerdings in der Nachbarschaft Fotos von Geltman zeigen und fragen, ob ihn wer gesehen hat? Wahrscheinlich ist es nicht, aber wir sollten wenigstens so tun als ob.»
    Der Stellvertretende Commissioner versprach, sein Bestes zu tun, klagte aber auch gleich darüber, daß er nicht genügend Leute habe.
    «Weiß ich doch alles, Ivar», tröstete ihn Delaney, «es ist ja bloß für ein paar Tage, schlimmstenfalls eine Woche.»
    Thorsen schwieg ein Weilchen. Dann fragte er mit gespielter Lässigkeit: «Sie glauben, Sie haben ihn bis dahin?»
    «So oder so. Bestimmt», versicherte Delaney absichtsvoll rätselhaft. «Hat Boone Ihnen von dem beabsichtigten Steuerbetrug berichtet?»
    Dies bejahte Thorsen; man werde wohl die Finanzbehörden irgendwann davon unterrichten müssen, und ihm war schon unbehaglich bei dem Gedanken, was wohl der Abgeordnete Chapin dazu sagen würde, daß die Polizeibehörden von New York das Finanzamt Nyack auf seine Schwester hetzten.
    «Wenn Sie das richtig anstellen, könnte es sogar nützlich für Sie sein», belehrte Delaney ihn. «Spielen Sie unter vier Augen mit offenen Karten. Sagen Sie, wir würden

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