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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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ja.»
    «Polizisten sind das Warten gewöhnt. Es gehört zum Beruf. Ich habe aber feststellen können, daß dann am Ende doch was dabei rauskommt. Nur Geduld muß man haben.»
    «Versteht sich, versteht sich.» Simon nahm einen Schluck. «Ah!» machte er und rutschte behaglich in seinen Sessel. «Ein amtlicher Besuch, Chief?» fragte er sodann.
    «Ach, eigentlich könnte man sagen, mehr ein Höflichkeitsbesuch.»
    «Wie?» Simon war verblüfft.
    «Sie, als Anwalt, sind doch eine Art Justizbeamter, nicht wahr?» fragte Delaney.
    «Ja, selbstverständlich.»
    «Und ich diene als Polizist ebenfalls der Justiz. Man könnte also sagen, wir gehören zur gleichen Partei, wie?»
    Simon nickte und beobachtete den Chief wachsam.
    «Ich finde es darum nur recht und billig», fuhr Delaney fort, «Sie mit den Fakten vertraut zu machen, bevor ich Anzeige erstatte.»
    Simon trank sein Glas auf einen Zug leer. Er stand auf, stelzte zur Bar und machte ein weiteres Glas zurecht. Er kehrte Delaney dabei den Rücken. Als er nun sprach, hatte die melodiöse Stimme alles Honigsüße eingebüßt.
    «Was geht eigentlich vor, Delaney?»
    «Sind Sie mit Saul Geltman befreundet?»
    Der Anwalt kam mit dem Glas zurück und ließ sich schwer in seinen Sessel sinken. Er hob das Glas, trank aber nicht, starrte vielmehr Delaney über den Rand hinweg an.
    «Das ist Ihnen doch bekannt.»
    «Möchten Sie gern sein Freund bleiben?» fragte Delaney.
    «Was bedeutet denn nun wieder diese Frage, zum Kuckuck aber auch!»
    «Sie bedeutet, daß ich wissen möchte, wie weit Sie ihm zuliebe zu gehen gedenken. Wer hat die Sandwiches gegessen?»

    «Was? Wie?» Simon war verblüfft. «Wovon reden Sie?»
    «Von den Sandwiches, die Sie zum Lunch kommen ließen.» Delaney verlor keinen Moment die Geduld. «Für sich und Geltman. An dem bewußten Freitag. Wer hat sie gegessen? Geltman war zum Lunch nicht da. Haben Sie alle allein gegessen? Haben Sie die restlichen weggeworfen? Ist er noch mal hergekommen und hat sie selber gegessen?»
    «Ich habe bereits mehrfach gesagt-»
    «Einen Dreck haben Sie!» schnauzte Delaney ihn an. «Was waren das für Sandwiches?»
    «Wozu fragen Sie mich dauernd nach diesen Sandwiches?»
    «Los, was war darauf? Thunfisch? Gehackte Eier? Fleisch? Was war darauf!»
    «Na schön, wenn Sie unbedingt … Roastbeef und Weißbrot. Und dazu haben wir ungesüßte Limonade getrunken.»
    «Und was haben Sie vergangenen Dienstag zum Lunch gegessen?»
    «Letzten Dienstag?» wiederholte der Anwalt. «Glauben Sie, ich weiß noch-»
    Er brach ab, jedoch zu spät. Delaney grinste ihn an.
    «Ganz recht. An den Lunch vom vergangenen Dienstag erinnern Sie sich nicht, wer könnte das schon. Ich bestimmt nicht. Aber daß Sie an einem Freitag vor zwei Monaten Roastbeef auf Weißbrot aßen und ungesüßte Limonade tranken, das wissen Sie genau. Geltman übrigens ebenfalls. Und zwar gab er uns diese Auskunft ungefragt. So sind nun mal die Amateure: sie reden zu viel. Nun wohl, mein lieber Advokat, als Experte der Zeugenbefragung stimmen Sie mir wohl darin zu, daß eine Verabredung, wo nicht gar ein betrügerisches Einverständnis vorliegen muß, wenn sowohl Sie als Geltman sich genau daran erinnern, was jeder von Ihnen an einem Freitag vor zwei Monaten zum Lunch gegessen hat.»
    J. Julian Simon erhob sich etwas taumelnd.
    «Ich betrachte das Gespräch als beendet und fordere Sie auf, zu gehen», sagte er mit schwerer Zunge.
    Delaney erhob sich ebenfalls, doch knöpfte er den Rock auf und stemmte die Arme in die Taille. Er hob die Rockschöße und drehte sich einmal herum, so daß Simon Hemd und Hosenbund sah. «Ich bin sauber», sagte er dabei, «kein Mikrofon, kein Minitonband, nichts. Wir sprechen jetzt unter vier Augen.»
    «Kein Wort mehr», lehnte Simon ab.
    «Es wäre aber nur zu Ihrem Nutzen», beharrte Delaney, knöpfte die Jacke zu und setzte sich. «In Ihrem eigenen Interesse. Wollen Sie nicht hören, was ich zu sagen habe?»
    Aus Simons Gesicht schien das Blut zu weichen, die gebräunte Haut, das Werk zahlloser Massagen und vieler Stunden unter der künstlichen Sonne wurde schwammig und blaß, er glich einem angestochenen Ballon. Er fiel mehr in seinen Sessel, als daß er sich darauf niederließ.
    «O ja, Sie möchten es schon hören», fuhr Delaney ingrimmig fort. «Sie wollen schließlich wissen, was Ihnen bevorsteht, wenn Sie sich dazu durchringen, Geltmans Freund zu bleiben. An dem bewußten Freitag erschien er hier um zehn. Sie verschlossen die

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