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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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vor Jahren gepaßt haben. Jetzt barst die Jacke mit den Messingknöpfen beinahe.
    «Wir untersuchen den Mord an Maitland», sagte Delaney.
    «Immer noch?» fragte der Mann.
    «Sie haben ihn gekannt?» fragte Delaney.
    «Klar hab ich ihn gekannt und das schon einem Dutzend Polypen erzählt.»
    «Erzählen Sie es mir noch mal», sagte Delaney. «Was für ein Mensch war Maitland?»
    «Wie ich schon den anderen gesagt habe, schwer in Ordnung, der Typ. Gab große Trinkgelder. Sehr große.»
    «Haben Sie ihn jemals betrunken gesehen?»
    «Selbstverständlich hab ich ihn betrunken gesehen. Oft sogar. Und wenn er schwer geladen hatte, half ich ihm aus'm Taxi raus, brachte ihn zum Fahrstuhl und bis an seine Wohnungstür. Dann hab ich für ihn geklingelt. Am nächsten Tag gab er mir dann immer ein bißchen was extra.»
    «Haben Maitlands eigentlich viele Freunde?» fragte Delaney. «Gäste? Haben sie oft Einladungen gegeben?»
    «Nicht so viele», antwortete der Portier. «Mrs. Maitland hat ein paar Freundinnen. Ein- oder zweimal im Jahr gaben sie auch 'ne Party. Aber nicht so wie Jacobson im zweiten Stock. Bei dem geht's dauernd rund.»
    «Hat Maitland jemals eine Frau mit nach Hause gebracht?»
    Die Kinnlade des Pförtners klappte zu; sein ohnehin gerötetes Gesicht wurde womöglich noch röter.
    «Nun haben Sie sich mal nicht so», drängte Delaney ihn.
    «Einmal!» flüsterte der Mann. «Nur ein einziges Mal. Da hat er 'ne wirklich schnuckelige Schnepfe angeschleppt, aber nach fünf Minuten flog sie wieder raus. Mrs. Maitland hat einen Riesenzirkus gemacht.»
    «Wann war das?»
    «So ungefähr vor einem Jahr. Das einzige Mal, seit ich hier Dienst mache. Und das werden im Juli sieben Jahre.»
    «Bringt der Sohn jemals Mädchen mit nach Hause?»
    «Nicht daß ich wüßte. Es kommt schon mal vor, daß er mehrere einlädt, aber nie eine allein.»
    «Rauchen Sie Zigarren?» fragte Delaney.
    «Was?» Der Portier schien erschrocken. «Klar rauch ich Zigarren.»
    Delaney griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein schweinsledernes Etui hervor, ein Weihnachtsgeschenk von Monica. Er nahm die Kappe ab und hielt dem Portier das gefüllte Etui hin.
    «Nehmen Sie sich eine», sagte er.
    Der Portier griff mit spitzen Fingern etwas geziert eine heraus.
    «Danke», sagte er. «Ob Sie's glauben oder nicht, es ist das allererste Mal in meinem Leben, daß ein Polyp mir was schenkt.»

    «Glaub ich gern», sagte Delaney.
    Alma Maitland erwartete sie vor der Tür ihrer Wohnung im vierten Stock. «Ich dachte schon, Sie hätten sich verirrt», sagt sie kühl lächelnd.
    «Der Aufzug war unterwegs», sagte Delaney und nahm seinen Homburg ab. «Mrs. Maitland? Ich bin Edward Delaney. Und dieser Herr hier ist Sergeant Abner Boone.»
    Sie reichte beiden eine kühle Hand.
    «Sergeant Boone kenne ich schon», sagte sie.
    «Ja», sagte Delaney. Er gab sich gewichtig, geradezu weltmännisch. Was er sagte, klang bombastisch. «Es ist außerordentlich zuvorkommend von Ihnen, uns von einem Augenblick auf den anderen zu empfangen. Wir wissen das sehr wohl zu schätzen. Gestatten Sie, daß wir eintreten?»
    «Selbstverständlich», sagte sie, beeindruckt von der Gewichtigkeit seines Auftretens. Sie ging voran und schloß die Tür. «Ich habe gedacht, am besten unterhalten wir uns im Wohnzimmer. Dort ist es am gemütlichsten.»
    Wenn Mrs. Maitland ihr Wohnzimmer gemütlich fand, mochte Delaney sich ausmalen, wie es anderswo in der Wohnung aussah. Der karge Raum, in den Mrs. Maitland sie führte, sah aus wie eine Schaufensterdekoration. Alles war so präzise arrangiert, so genau aufeinander abgestimmt, so bar jeden Hinweises darauf, daß hier gewohnt wurde, daß Zigarettenasche oder ein Furz Blasphemie gewesen wären.
    Sie nahmen in unleugbar teuren, aber unbequemen Sesseln aus hellem Holz Platz und legten die Hüte auf einem Cocktailtisch ab, der aussah, als bestünde er aus einer frei schwebenden Glasplatte. Es roch ganz leicht nach einem Luftreiniger mit Zitronenduft. Das Zimmer besaß den Charme eines Operationssaals. Was Delaney erwartet hatte, waren flammende Bilder von Maitland an den Wänden. Was er erblickte, waren Stahlstiche, die Londoner Straßenhändler darstellten.
    «Mrs. Maitland», erklärte er förmlich, «darf ich zunächst einmal meiner aufrichtigen Anteilnahme am tragischen Tod ihres Gatten Ausdruck verleihen?»
    «Ich danke Ihnen», murmelte sie. «Das ist sehr freundlich von Ihnen.»
    «Er war ein großer Künstler.»
    «Der

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