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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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die Flamme kupferfarbenen Haares, das in üppiger Pracht über das Brett bis an den Rand des Bildes flutete.
    «Das bin ich!» verkündete Mrs. Maitland stolz und reckte abermals das Kinn. «Dafür habe ich Modell gestanden. Vor Jahren. Und zu vielen anderen Bildern. Ich war Victors erstes Modell. Sie können also versichert sein, Mr. Delaney, wenn ich von Malern und ihren Modellen rede, dann weiß ich, wovon ich spreche. Ich habe vielen Malern Modell gestanden. Mein Körper galt als klassisch. Klassisch!»
    «Wunderschön!» murmelte Delaney. «Wirklich sehr schön», und überlegte gleichzeitig, warum dies der einzige Akt war, dessen Gesicht nicht gezeigt wurde.
    Er klappte das Buch zu und legte es beiseite. Dann ergriff er seinen Homburg und erhob sich.
    «Mrs. Maitland», sagte er, «ich danke Ihnen für Ihre wertvolle Hilfe. Ich kann nur hoffen, daß ich Ihnen nicht ungebührlich lästig gewesen bin.»
    «Nicht im geringsten», sagte sie, offensichtlich froh, daß er sich zum Gehen anschickte.
    «Und ich hoffe ferner, daß Sie mir im Verlauf unserer Ermittlungen noch mehr Zeit gewähren, sollte das notwendig sein. Sie haben diesem bedeutenden Künstler am nächsten gestanden, und darum sind wir für gewisse Informationen, die niemand sonst uns geben kann, auf Sie angewiesen.»
    «Ich will Ihnen nach besten Kräften behilflich sein, den Menschen zu finden, der der Welt ein solches Talent geraubt hat», erklärte sie feierlich.
    Sergeant Boone blickte die beiden fassungslos an. Das waren ja zwei Verrückte.
    Delaney blieb unvermittelt an der Tür stehen.
    «Übrigens, Mrs. Maitland, wie ist Ihr Gatte von hier in sein Atelier gekommen?»
    «Für gewöhnlich hat er sich ein Taxi genommen. Manchmal ist er aber auch mit der U-Bahn gefahren.»
    «Mit der U-Bahn? Hat er die häufig benutzt?»
    «Gelegentlich. Er sagte, er sähe sich gern die Gesichter an.»
    «Der Portier sagte aus, daß Ihr Gatte das Haus an jenem Freitag gegen neun Uhr verließ. Er hat ihn nicht gebeten, ein Taxi zu rufen, sondern ist einfach in westlicher Richtung weggegangen. Wir haben keinen Taxifahrer aufgetrieben, der einen Fahrgast in der Mott Street abgesetzt hätte. Es mag also sein, daß er an diesem Morgen mit der U-Bahn gefahren ist. Hat er Ihnen gesagt, was er vorhatte?»
    «Nein. Ich nahm an, daß er arbeiten wollte.»
    «Er hat von keinem bestimmten Bild oder Modell gesprochen?»
    «Nein.»
    «Hat er im Laufe des Tages angerufen?»
    «Das Mädchen sagt, nein. Ich war, wie Sie wissen, nicht hier.»
    «Natürlich, natürlich.»
    Delaney machte eine Pause, überlegte eine Weile und starrte auf den braunen Samtteppich.
    «Noch etwas, Mrs. Maitland … Was halten Sie persönlich von Saul Geltman?»
    Er blickte auf. Ihre Miene verhärtete sich.
    «Meine Meinung über Mr. Geltman möchte ich lieber für mich behalten», sagte Alma Maitland kalt. «Es mag Ihnen genügen, wenn ich Ihnen sage, daß ich meinen Anwalt beauftragt habe, von der Galerie Geltman eine vollständige und korrekte Abrechnung der Summen zu fordern, die gezahlt worden sind oder noch ausstehen. Ich beziehe mich auf den Nachlaß meines Mannes.»
    «Ich verstehe», sagte Delaney leise. «Nochmals vielen Dank, Mrs. Maitland.»
    Als sie das Haus verließen, stand der Portier draußen, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und nickte den beiden Männern zu.
    «Haben Sie die entzückende Mrs. Maitland angetroffen?» fragte er.
    «Das haben wir», sagte Delaney. «Übrigens… Sie haben angegeben, Maitland habe das Haus damals gegen neun Uhr verlassen. Um welche Zeit ist er denn sonst weggegangen?»
    Der Portier starrte ihn an und zwinkerte vielsagend. «So früh er konnte», sagte er. «So früh er konnte.»
    Im Auto fragte Sergeant Boone: «Nun?»
    «Sie wußte, daß er sie betrog», erklärte Delaney. «Jeder wußte, daß er mit allem ins Bett ging, was da kreucht und fleucht. Sie strickt emsig daran, einen Übermenschen aus ihm zu machen, den Großen Mann ohne Fehl und Tadel. Sie stellt den Kerl bereits auf einen Denkmalsockel!»
    «Glauben Sie ihr, was sie über Maler und Modelle gesagt hat?»
    «Aber ich bitte Sie», sagte Delaney. «Wenn Sie Maler wären und eine nackte Schönheit allein im Atelier hätten, würden Sie in der nur ein Objekt sehen?»
    «Und ob!» Boone lachte. «Ein Sexualobjekt. Chief, im großen und ganzen hab ich schon verstanden, was Sie mit allem bezweckten. Bloß die letzte Frage, die nach Saul Geltman nicht. Was hatte es damit auf sich?»
    Delaney

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