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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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nicht viel: nur 500 Dollar, in kleinen Scheinen. Lachhaft, wenn man bedenkt, was er dabei riskierte. Er schrieb Briefe, in denen er 500 Dollar verlangte, sonst würde er der Frau und den Kindern des Erpreßten Säure ins Gesicht schütten. Reizend, nicht wahr? Der Himmel mag wissen, wie viele schon bezahlt hatten, ehe einer genug gesunden Menschenverstand und den Mumm hatte, uns zu rufen. Und ob Sie's glauben oder nicht: der Erpresserbrief war durch eine Frankiermaschine gelaufen. Vermutlich hatte der Idiot das Porto sparen wollen und ihn daher in seinem Büro unter die Post gegeben. Als er es vier Tage später nochmals mit einem Brief versuchte, haben wir ihn gefaßt. Ich erinnere mich, daß er sagte, er brauche das Geld, weil er sich in Abendkursen für die Aufnahmeprüfung an der Polizeischule vorbereitete. Ich glaube nicht, daß er die geschafft hätte. Sie meinen also, wir kommen der Lösung nur durch einen Zufall auf die Spur, und ich meine das auch, hoffe aber immer noch, daß der Mörder einen Fehler gemacht hat, der ihn verrät.»
    Abner Boone grinste.
    «Sie gehen immer noch davon aus, daß wir schlauer sind als die Verbrecher?»
    «Wenn Sie daran jemals zweifeln», sagte Delaney ernst, «dann wechseln Sie lieber Ihren Beruf.»

11
    Am Dienstagmorgen hörte sich der Chief in Boones Auto vor seinem Haus an, was der Sergeant über seine erfolglosen Versuche zu berichten hatte, die Erinnerungen von Polizeibeamten aufzufrischen, die die Ermittlungen im Fall Maidand ursprünglich geführt hatten.
    «Lauter Nieten», sagte Boone umdüstert. «Sie behaupten durch die Bank, alles, was sie gesehen, gehört oder erfahren haben, steht in ihren Berichten. Ich fürchte, da kommen wir nicht weiter, Chief.»
    «Ich glaube trotzdem, daß es ein guter Einfall war», beharrte Delaney eigensinnig. «Ist noch jemand übrig, den Sie nicht haben erreichen können?»
    «Zwei» sagte der Sergeant. «Ich werde es noch mal versuchen. Einer kommt heute aus dem Urlaub, und der andere muß gerade jemand beschatten; sein Lieutenant will mir nicht sagen, wo. Fahren wir jetzt zu Simon & Brewster?»

    «Ja. Als erstes sehen wir uns die Türen an …» Er hielt inne und sagte: «Moment mal!», stieg aus, kehrte ins Haus zurück und ging in die Küche. Monica saß auf einem Hocker an der Frühstückstheke, trank ihre dritte Tasse Morgenkaffee, stellte ihre tägliche Einkaufsliste zusammen und lauschte dabei dem Transistorgerät. Als er eintrat, blickte sie auf.
    «Was vergessen, Liebster?»
    «Kreppband», sagte er. «Ich weiß, daß wir irgendwo eine Rolle haben.»
    «In der letzten Schublade», sagte die. «Zwischen Sicherungen, Batterien, Taschenlampe, Hammer, Schraubenzieher, Zange, Gummibänder, Klebstoff, Kerzen, Heftpflaster, alten Korken, Pinseln, einem Fläschchen …»
    «Schon gut, schon gut», lachte er. «Ich habe versprochen, aufzuräumen, und ich tue es auch.»
    Er fand die Rolle Kreppband und schnitt ein etwa drei Zentimeter langes Stück davon ab, das er mit einer Ecke auf ein Stück Papier klebte.
    «Was hast du vor?» fragte sie neugierig.
    «Berufsgeheimnis», beschied er sie großspurig. «Schließlich binde ich dir nicht alles auf die Nase.»
    Rasch gab er ihr einen Kuß und ging:
    «Ist mir doch egal!» rief sie laut hinter ihm her.
    Als er wieder im Auto saß, zeigte er Sergeant Boone das Stück Papier mit dem Kreppband.
    «Diesen Trick habe ich von einem ausgefuchsten Einsteigdieb», erklärte er. «Mal angenommen, Sie wollen eine von mehreren Milchglasscheiben kennzeichnen, um sie später rauszuschneiden. Die sehen alle gleich aus, klebt man aber von innen ein Stück Kreppband daran, ist das von draußen zu sehen, sobald Licht durchfällt. Falls Julian Simon eine eigene Bürotür mit Milchglasscheibe zum Korridor hat, werden wir diesen Trick anwenden, und zwar umgekehrt. Ich zeig Ihnen, wie es funktioniert.»
    Boone fuhr nach Manhattan Süd zum Büro Simon & Brewster. Drei Straßenzüge entfernt fanden sie eine freie Parkuhr und legten den Rest des Weges zu Fuß zurück.
    Das Anwaltsbüro lag im sechsen Stock eines modernen zehnstöckigen Bürohauses. Saubere Eingangshalle, kein Portier, Aufzug mit Selbstbedienung. Delaney las die Firmenschilder.
    «Rechtsanwälte, Kunsthändler, drei Stiftungen, eine Theaterzeitschrift, jemand, der Geigen repariert. Wohl kein großer Publikumsverkehr.»
    Der Aufzug war klein, aber schnell. Und leise. Im sechsten Stock stiegen sie aus. Noch immer war ihnen niemand begegnet. Boone

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