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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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kunstvoll stilisiert wie seine Erscheinung. Tiefe, klangvolle Stimme, dröhnendes Lachen, Gesten, so fließend, langsam und gemessen wie die eines Tiefseetauchers. Ernster Ausdruck in den Augen. Aufrichtigkeit in dem strahlenden Lächeln. Eleganz in der Art, wie er eine weiße Augenbraue hob oder nonchalant den Fuß vom übergeschlagenen Bein hängen ließ. Alles in allem ein Prachtstück.
    «Verzeihen Sie, daß ich Sie nochmals mit Fragen zum Fall Maitland behellige, Mr. Simon», sagte der Chief, «aber wir können die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen.»
    «Selbstverständlich nicht», tönte der Advokat. «Wir brennen darauf, daß der Fall gelöst und der Gerechtigkeit Genüge getan wird.»

    «Ein wunderschönes Büro haben Sie hier», sagte der Chief und blickte sich um. Seitlich vom Sofa, wo sie saßen, befand sich eine Tür, die leider nicht gut zu sehen war.
    «Freut mich, daß es Ihnen gefällt, Mr. Delaney.» Simon ließ den Blick selbstgefällig über seine getäfelten Wände, die Bücherregale und die gerahmten Drucke von Spy schweifen. «Es geht doch nichts über Eichenholz und Leder, wenn man Mandanten beeindrucken will - stimmt's?»

    Er lachte volltönend, und sie lächelten pflichtschuldig.
    «Ich nehme an, Sie möchten etwas über Saul Geltman hören», fuhr er fort, «denn der stellt ja meine einzige Verbindung zum Fall Maitland dar. Wie ich schon zuvor gesagt habe, betrat er mein Büro, dieses Zimmer hier, um etwa zehn Uhr vormittags an dem Tag, da Victor Maitland, wie ich höre, ermordet wurde. Saul und ich sind vielbeschäftigte Männer, und wir hatten unsere Konferenz schon mehrmals verschoben.»
    «Sie beraten ihn in allen Rechtsfragen, Sir?» erkundigte sich Boone. «Auch die Galerie betreffend?»
    «Ja, so ist es. Und in seinen Steuersachen. Ich habe auch sein Testament aufgesetzt. Gelegentlich gebe ich ihm einen Tip, wie er sein Geld anlegen soll, doch befolgt er den nicht immer.» Sein Mund klappte auf, Jackettkronen blitzten. «Deshalb hatten wir viel zu bereden, als wir an diesem Freitagvormittag endlich zusammenkamen. Um es noch einmal zu wiederholen: Er traf gegen zehn Uhr ein. Wir sprachen über verschiedene Dinge, und gegen zwölf ließ ich Sandwiches und etwas zu trinken kommen. Wobei mir einfällt: Ich vergesse meine Pflichten als Gastgeber. Dabei habe ich eine zwar kleine, doch wohlbestückte Bar hier. Darf ich Ihnen etwas anbieten?»
    «Vielen Dank, nein», lehnte Delaney ab. «Sehr freundlich von Ihnen. Und nach dem Essen besprachen Sie sich weiter?»
    «Nun, natürlich haben wir auch beim Essen geredet. Die Besprechung dauerte bis gegen halb zwei; um diese Zeit ging Saul von hier fort, und zwar, soviel ich weiß, in seine Galerie. Das ist alles, was ich Ihnen erzählen kann, meine Herren.»
    «Er verließ Sie um Punkt halb zwei, Mr. Simon?» fragte Delaney.
    «Oh, nicht Punkt halb zwei.» Sich genau festzulegen wies Simon mit einer Handbewegung weit von sich; so wichtig konnte das nicht sein. «Fünf Minuten früher, fünf Minuten später. Soweit ich mich erinnere.»
    «Was Mr. Geltman zwischen zehn und halb zwei irgendwann einmal nicht in diesem Büro?»
    «Nein, er war an diesem Freitagvormittag zwischen etwa zehn Uhr vormittags und gegen halb zwei nachmittags ständig bei mir. Oh, Moment mal!» Er schnippte mit den Fingern. «Einmal ist er aufs Klo gegangen. Dort hinten.» Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf eine massive Holztür in der Wand zwischen den Bücherregalen. «Aber er blieb höchstens zwei, drei Minuten fort.»

    «Abgesehen davon war er aber ununterbrochen hier bei Ihnen?»
    «Ja, das war er.»
    «Haben Sie vielen Dank», sagte Delaney unvermittelt, klappte sein Notizbuch zu und stand abrupt auf. «Sie haben uns sehr geholfen, und wir danken Ihnen.»
    Sergeant Boone stand auf, desgleichen J. Julian Simon. Der Anwalt schien überrascht von dem unerwarteten Ende der Befragung, angenehm überrascht. Er strahlte, wurde womöglich noch zuvorkommender; es fehlte nicht viel, und er hätte den Polizeibeamten die Arme um die Schultern gelegt.
    «Es ist mir stets ein Vergnügen, den tüchtigen Männern von der New Yorker Polizei zu helfen», tönte er herzhaft.
    «Hat Miss Hemley den Imbiß hereingebracht?» fragte Delaney überraschend scharf.
    «Was?» fragte Simon erschrocken. «Ich verstehe nicht.»
    «Sie haben Sandwiches für sich und Geltman kommen lassen. Hat Miss Hemley die in Ihr Büro gebracht?»
    «Wieso - ah - nein, das hat sie

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