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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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aus Mahagoni. Das Enrico und das Paglieri im Village. Moscowitz und Lupowitz an der Second Avenue. Sie würden es nicht glauben, wie gut das Essen da war. Richtig schlemmen konnte man, für wenig Geld. Rindfleisch mit Meerrettichsauce, Pökelfleisch und Weißkohl - und Wild, natürlich nur während der Jagdsaison. Einmal habe ich bei Steuben's Wildschweinsteak gegessen. Können Sie sich das vorstellen? Drinks, die nicht verwässert waren. Kellner, die ihr Geschäft verstanden. Das alles verschwindet nach und nach, Sergeant», endete er bekümmert. «Dies Lokal ist eines von den letzten. Wenn auch das noch zumacht, gibt es nirgendwo mehr anständiges Hammelfleisch, oder können Sie mir sagen, wo ich dann essen gehen soll?»
    «Leider nein, Sir», sagte Boone betrübt, und Delaney lachte.
    «Ich werde sentimental. Aber es ist schon traurig, anzusehen, wie die alten, guten Restaurants eines nach dem andern schließen. Allerdings werden immer wieder neue aufgemacht, darunter ausgesprochen gute. Das ist ja das Schöne an New York. Es verjüngt sich immer wieder. Na, da kommen unsere Drinks. Aber wo bleibt Wolfe?»
    Der stand aber schon an ihrem Tisch, nur wollten sie ihren Augen nicht trauen.
    Groß und gertenschlank, trug er einen schwarzen Spitzbart und ein Schnurrbärtchen. Sein flaschengrüner Samtanzug war übertrieben tailliert, die Rockschöße weit. Dazu trug er ein rostfarbenes Hemd mit offenem Kragen und einen auffällig gemusterten Seidenschal um den muskulösen Hals. Ein dunkler Typ, mit funkelnden Augen und einem gewinnenden Lächeln, scharf wie eine Messerklinge, auf kühle Art attraktiv, gefährlich für alle Frauen und gut die Hälfte aller Männer. Er registrierte die Verblüffung seiner Kollegen, warf den Kopf zurück und ließ die weißen Zähne blitzen.
    «Lassen Sie sich von diesem Aufzug nicht täuschen», begrüßte er sie. «Das ist meine Arbeitskluft. Daheim in Brooklyn trage ich eine schmutzige Khakihose und Tennisschuhe. Sie müssen der Chief sein? Ich bin Lieutenant Bernie Wolfe. Bleiben Sie sitzen!»

    Sie gaben einander die Hand, Wolfe ließ sich neben Boone nieder und bestellte einen Kir. Das lasterhafte Lächeln schien auf seinen Zügen festgefroren, er konnte es wohl nicht mehr ablegen.
    «Toll hier.» Er musterte die verräucherten Wände und die uralte Einrichtung. «Ich nehme Spanferkel auf Toast. Ob Sie's glauben oder nicht, als ich das letzte Mal hier war, habe ich einen Heiratsantrag gemacht.»

    «Und seit wann sind Sie verheiratet?» fragte Delaney.
    «Der Antrag wurde abgelehnt, aber wir schlafen gelegentlich miteinander.»
    Diesen Ton behielt er während der ganzen Mahlzeit bei, zu der er und Delaney dunkles englisches Bier aus Zinnkrügen tranken. Der Chief und sein Gehilfe genossen die frische, unbekümmerte Art, wie er erzählte. Eben erst hatte er einen besonders hübschen Fall abgeschlossen.
    «Auf der East Side wohnt ein Ganove in einem schicken Penthouse. Jede Menge Moos, er hat nämlich seine Finger in allem möglichen, Import, Export, handelt mit allem und jedem. Aber plötzlich geht ihm der Kies aus. Vielleicht hat er sich verspekuliert - was weiß ich. Jedenfalls ist er von einem Tag auf den nächsten blank, die Banken rücken nichts mehr raus, und vor Geldverleihern hat er einen Heidenschiß. Immerhin bleibt ihm noch eine hübsche Sammlung von Matisse- und Picasso-Zeichnungen. Die Dinger sind echt, er hat Expertisen, hat sie schon häufig an Ausstellungen verliehen. Sie sind über jeden Zweifel erhaben, völlig koscher. Und für hunderttausend versichert. Aber das reicht ihm nicht; er braucht mehr, um wieder flott zu werden. Nun muß man wissen, daß moderne Arbeiten, solche Krakeleien auf weißem Papier, kinderleicht zu fälschen sind, wohingegen einen Rembrandt zu fälschen schon schwieriger ist. Aber Kritzeleien von Miro fälschen, das schafft auch ein Klempner. Na schön. Unser Schlaumeier beauftragt ein paar dunkle Typen damit, ihm seine Sammlung zu klauen, alle Blätter auf einmal. Während unser Freund Gäste zum Dinner hat, platzen diese Typen rein, fuchteln mit ihren Kanonen rum, nehmen die Bilder von den Wänden und hauen wieder ab. Alles vor Zeugen. Er rechnet sich aus, daß ihm das hunderttausend von der Versicherung einbringt und weiß, daß die Blätter nie wieder aufzutreiben sein werden, weil er den Brüdern mit den Strumpfmasken eingebleut hat, sie sollen das Zeug verbrennen. Was sie da mitgenommen haben, sind nämlich Fälschungen, die er selbst

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