Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
silbernen Netz mit einem blauen Edelstein darinnen. Burrich hatte ihn meinem Vater gegeben. Ich war der nächste gewesen, der ihn trug und hatte ihn dem Narren anvertraut, der ihn nach meinem Tod Molly bringen sollte, als letzten Gruß. In seiner Weisheit hatte er es nicht getan. Und jetzt?
»Warte«, sagte ich. »Lass es sein.«
Er sah mich verwundert an.
»Gib ihm ein anderes Aussehen, wenn du es für nötig hältst. Aber trag ihn, Bitte.«
Zögernd ließ er die Hände sinken. »Bist du sicher?«
»Ja«, bestätigte ich und wusste, so war es richtig.
Als ich am nächsten Morgen aufstand, fand ich den Narren bereits gestiefelt und gespornt. Seine Satteltaschen standen fertig gepackt auf dem Tisch. All seine Habseligkeiten, die nach und nach einen Platz in meiner Stube gefunden hatten, waren verschwunden. Er trug die gleichen vornehmen Kleider wie am Tag seiner Ankunft. Der kostbare Aufzug bildete einen krassen Gegensatz zu der bescheidenen Tätigkeit des Rührens in einem Topf mit Haferbrei, der er sich hingebungsvoll widmete.
»Dann willst du tatsächlich heute aufbrechen?«, fragte ich überflüssigerweise.
»Gleich nach dem Frühstück.«
Wir sollten mit ihm gehen.
Es war seit Tagen der erste direkte Gedanke, den der Wolf mir sandte. Überrascht schaute ich zu ihm hin, der Narr ebenfalls.
»Und was wird aus Harm?«, fragte ich.
Nachtauge sah mich an, als müsste ich mir diese Frage selbst beantworten können. Konnte ich aber nicht. »Ich kann nicht weg von hier«, sagte ich zu beiden. Sie sahen nicht überzeugt aus. Ich kam mir kleingeistig vor und unbeweglich und mochte mich selbst nicht leiden. »Ich habe Verpflichtungen hier«, verteidigte ich mich gereizt. »Ich kann nicht einfach weggehen, und der Junge findet das Haus leer, wenn er kommt.«
»Nein, das geht natürlich nicht«, pflichtete der Narr mir bereitwillig bei, aber auch das ging mir gegen den Strich, als hätte er es nur gesagt, um mich zu beschwichtigen. Von einem Moment zum anderen war meine Morgenlaune verdorben. Das Frühstück verlief in mürrischem Schweigen und als wir uns vom Tisch erhoben, hasste ich auf einmal die klebrigen Schüsseln und den Breitopf. Der Gedanke an meine täglichen, ewig gleichen Besorgungen erschien mir unerträglich.
»Ich werde dein Pferd satteln«, sagte ich missmutig. »Es wäre zu schade wenn das feine Wams einen Fleck bekäme.«
Er sagte nichts, als ich polternd meinen Stuhl zurückstieß, aufstand und hinausging.
Malta schien zu spüren, dass es auf die Reise gehen sollte, denn sie war nervös, wenn auch nicht widerborstig. Ich ließ mir Zeit, sodass, als sie fertig war, ihr Fell glänzte wie ihr Lederzeug. Fast hatte mein innerer Aufruhr sich gelegt, doch als ich sie hinausführte und den Narren vor der Veranda stehen sah, eine Hand auf Nachtauges Rücken, wallte die Unzufriedenheit von Neuem in mir auf und trotzig gab ich ihm die Schuld. Wäre er nicht hier aufgetaucht, hätte ich nie gemerkt, wie sehr er mir fehlte. Ich hätte mich weiterhin nach der Vergangenheit gesehnt, aber nicht wie jetzt nach einer Zukunft.
Ich fühlte mich verbittert und alt, als er kam, um mich zum Abschied in die Arme zu schließen. Dass ich wusste, meine Haltung war kindisch und ungerecht, machte es nicht besser. Ich stand steif in seiner Umarmung, erwiderte sie kaum. Ich dachte, er würde es dabei bewenden lassen, doch als sein Mund dicht an meinem Ohr war, flüsterte er säuselnd: »Lebwohl, Herzlieb.«
Trotz allem musste ich lächeln. Ich drückte ihn kurz und trat zurück. »Glück auf den Weg, alter Freund«, sagte ich brummig.
»Dir ebenfalls«, gab er ernst zurück und schwang sich in den Sattel. Ich schaute zu ihm auf. Der aristokratische junge Mann auf dem edlen Ross erinnerte in nichts an den Narren, den ich als Junge gekannt hatte. Erst als unsere Blicke sich trafen, erkannte ich in seinen Augen wieder den Freund von einst. Eine Zeitlang blickten wir uns wortlos an. Dann ließ er die Stute mit einer leichten Zügelhilfe und einer Gewichtsverlagerung eine halbe Drehung vollführen. Sie warf den Kopf hoch, forderte einen langen Zügel. Er tat ihr den Willen und sie verfiel in einen federnden Kanter. Ihr seidiger Schweif flatterte wie eine Fahne. Ich schaute ihm nach und, als er nicht mehr zu sehen war, dem Staub, der über dem Weg in der Luft hing.
In die Hütte zurückgekehrt stellte ich fest, dass er das Geschirr und den Topf abgewaschen und weggeräumt hatte. In der Mitte der Tischplatte, vorhin von
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