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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ein einziges Mal angehabt und zwar an dem Tag, als sie es mir gab. Ich musterte es kritisch und dachte, dass Chade pikiert sein würde und der Narr belustigt. Nun, wie so viele andere Dinge ließ es sich nicht ändern.
    Da war auch noch ein Kasten, vor Jahren angefertigt und im Dachgebälk des Schuppens verstaut. Ich angelte ihn herunter und klappte ihn auf. Trotz der ölgetränkten Tücher, in die sie eingewickelt war, hatte Veritas’ Klinge an Schärfe und Glanz verloren. Als ich den Gürtel mit der Scheide umlegte, stellte ich fest, dass ich ein neues Loch in die Lasche stechen musste, wenn er bequem passen sollte. Ich zog den Bauch ein und schnallte ihn zu. Dann wischte ich mit einem öligen Lappen über die Klinge und ließ das Schwert in die Scheide gleiten. Als ich es probeweise herauszog, lag es mir schwer in der Hand, aber so wunderbar ausbalanciert wie eh und je. Ich überlegte, ob ich es tragen sollte. Immerhin bestand die Gefahr, dass jemand die Waffe wiedererkannte und unangenehme Fragen stellte. Andererseits war auch die Gefahr nicht zu unterschätzen, dass mir jemand die Kehle durchschnitt, weil ich kein Schwert hatte, um mich zu verteidigen.
    Ich löste das Problem, indem ich das edelsteinbesetzte Heft mit Lederriemen umwickelte. Die Scheide selbst war abgewetzt, aber heil und passte zu jemandem wie mir. Ich zog noch einmal blank, machte einen Ausfall und überdehnte Muskeln, die an eine solche Beanspruchung nicht mehr gewöhnt waren. Ich nahm wieder die Ausgangsstellung ein und schlug ein paar Kreuzhiebe.
    Belustigung. Nimm lieber eine Axt.
    Ich habe keine mehr. Veritas selbst hatte mir dieses Schwert verliehen. Doch sowohl er als auch Burrich hatten mir erklärt, dass für meine Art zu kämpfen eher die derbe Axt in Frage kam, statt des mit Geschick und Überlegung zu führenden Schwertes. Ich versuchte eine Attacke, Parade, Attacke. Mein Gehirn erinnerte sich an Meisterin Hods Lektionen, aber mein Körper hatte Schwierigkeiten, die Bewegungen auszuführen.
    Du hackst Holz mit einer.
    Das ist keine Kriegsaxt. Mit dem Beil würde ich mich lächerlich machen. Ich schob das Schwert in die Scheide, drehte mich um und schaute, wo er war.
    Nachtauge saß in der Tür des Schuppens, die Rute ordentlich um die Pfoten gelegt. Seine dunklen Augen glitzerten spöttisch. Er wandte den Kopf, blickte unschuldig in die Ferne. Ich glaube, eins der Hühner ist heute Nacht gestorben. Zu traurig. Armes altes Ding. Früher oder später kommt der Tod zu uns allen.
    Er log natürlich, doch er hatte die Befriedigung zu sehen, wie ich das Schwert vergaß und mich beeilte nachzusehen, ob es sich tatsächlich so verhielt. Alle meine sechs Hühner gackerten stillvergnügt vor sich hin und nahmen Staubbäder in der Sonne. Der Hahn thronte auf einem Zaunpfahl und hatte ein wachsames Auge auf seinen Harem.
    Merkwürdig. Ich hätte schwören können, die fette weiße Henne da wäre gestern ein wenig blass um den Kamm gewesen. Ich werde mich hier in den Schatten legen und auf sie aufpassen. Er ließ dem Gedanken die Tat folgen und machte sich im flirrenden Schatten der Birken lang, ohne den Blick von den Hühnern abzuwenden. Ich ließ ihm das Vergnügen und kehrte in die Hütte zurück.
    Harm wachte auf, als ich gerade dabei war, ein neues Loch in die Lasche des Schwertgurts zu bohren. Schlaftrunken kam er zum Tisch, um zu sehen, womit ich beschäftigt war. Als sein Blick auf das Schwert fiel, war er mit einem Schlag hellwach. »Wo kommt das denn her?«
    »Ich besitze es schon lange.«
    »Ich habe es nie an dir gesehen, wenn wir zum Markt gingen. Du hast immer nur dein Gürtelmesser getragen.«
    »Eine Reise nach Bocksburg ist etwas anderes als der Weg zum Markt.« Seine Frage veranlasste mich, mir über meine Motive, das Schwert wieder in Gebrauch zu nehmen, Gedanken zu machen. Als ich damals von Bocksburg Abschied nahm, gab es viele Menschen, die mir den Tod wünschten. Für den Fall, dass mir einer davon, oder mehrere, über den Weg liefen, wollte ich gerüstet sein. »In einer Hafenstadt treiben sich erheblich mehr Schurken und Totschläger herum als auf einem kleinen Bauernmarkt.«
    Ich war fertig mit dem Gürtel und probierte ihn an. Besser. Ich zog das Schwert und hörte Harms scharfes Einatmen. Selbst mit dem lederumwickelten Griff konnte man es nicht für eine Alltagswaffe halten. Dies war eine von einem Meister geschmiedete Klinge.
    »Kann ich es einmal nehmen?«
    Ich nickte und er nahm es ehrfürchtig auf. Um es richtig

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