Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
Laurel mit euch reitet. Sie macht sich in diesem Moment reisefertig.«
»Wir brauche keinen Dritten im Bunde!«, beschwerte sich Fürst Leuenfarb aufgebracht. »Je weniger Menschen von unserem Unternehmen wissen desto besser.«
»Sie ist der Königin Leibjägerin und in vielen Dingen ihre Vertraute. Die Familie ihrer Mutter lebt weniger als einen Tagesritt von Tosen entfernt. Sie behauptet, die Gegend dort gut zu kennen, von Aufenthalten als Kind. Eine ortskundige Führerin könnte hilfreich sein. Davon abgesehen ist es Kettrickens ausdrücklicher Wunsch. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es sinnlos ist, die Königin umstimmen wollen, wenn sie einen Entschluss gefasst hat.«
»Ich glaube, mich an ähnliche Erfahrungen erinnern zu können«, bemerkte der Fürst, doch der schmollende Tonfall klang mehr nach dem Narren. Ich fühlte, wie ein Lächeln meine Mundwinkel krümmte. Auch ich wusste wie es war, den Gletscherblick dieser blauen Augen auf sich zu spüren. Ich fragte mich, wer diese Laurel sein mochte und was sie getan hatte, um das Vertrauen der Königin zu gewinnen. Fühlte ich einen Stich der Eifersucht, dass jemand meinen Platz als Kettrickens Vertrauter am Hof eingenommen hatte? Nun, fünfzehn Jahre waren vergangen, seit ich ihr in dieser Funktion zur Seite gestanden hatte. Kaum zu erwarten, dass sie keinen Nachfolger fand für Fitz, den Weltflüchter.
Fürst Leuenfarb gab sich verdrossen geschlagen. »Nun, wenn es denn sein muss. Aber ich werde ihr nicht aufwarten. Tom, hast du gepackt?«
»Ich bin so gut wie fertig«, erwiderte ich und fügte geistesgegenwärtig hinzu: »Ich brauche nur einen Moment. Viel einzupacken habe ich nicht.«
»Ausgezeichnet. Vergiss nicht deine neue Garderobe. Ich will mich auf Burg Tosen meines Dieners nicht schämen müssen.«
Nach einer gehorsamen Verbeugung ging ich in meine Kammer. Ich stopfte das Bündel von Meister Scrandon in die neuen Satteltaschen, die ich auf meiner Pritsche vorfand. Sie war mit Fürst Leuenfarbs Goldfasan bestickt. Für die Nachtarbeit, die in Burg Tosen wahrscheinlich zu tun war, packte ich einige meiner alten Kleidungsstücke ein und schaute mich dann in dem kleinen Gelass um. Mein neues altes Schwert hing bereits am Gürtel. Weiter hatte ich meinem Gepäck nichts hinzuzufügen. Keine Phiolen, keine raffinierten kleinen Mordwerkzeuge. Ich fühlte mich seltsam nackt, obwohl ich doch mit solchen Dingen seit Jahren nichts mehr zu tun gehabt hatte.
Als ich, die Satteltaschen über der Schulter, wieder in das Empfangsgemach trat, bat Chade mich mit erhobener Hand zu warten. »Noch eine Kleinigkeit.« Er reichte mir eine Rolle aus Leder, dabei hielt er den Blick abgewandt. Als ich sie in der Hand wog, wusste ich ohne nachschauen zu müssen, was sie enthielt. Diebshaken und anderes ausgeklügeltes Gerät unseres verstohlenen Gewerbes. Fürst Leuenfarb schaute angelegentlich zur Decke, während ich die Rolle in meinem Gepäck verschwinden ließ. Früher einmal hatten meine Kleider viele kleine Taschen für derlei Utensilien gehabt. Nun, ich hoffte, mein Schicksal hatte nicht Wendungen in petto, die mich nötigten, zu den alten Gewohnheiten zurückzukehren.
Der Abschied war eilig und merkwürdig. Fürst Leuenfarb wünschte Chade unter Beobachtung höfischer Etikette Lebwohl, als hätten wir Zuschauer, vor denen wir uns nicht verraten durften. Ich hielt es für geraten, ihrem Beispiel zu folgen und verneigte mich respektvoll vor Chade, wie der Diener vor dem Herrn, er aber packte meine Schultern und drückte mich kurz und heftig an sich. »Ich danke dir, mein Junge!«, flüsterte er mir ins Ohr. »Beeil dich und bring unseren Prinzen wohlbehalten nach Hause zurück. Und sei nachsichtig mit dem Jungen. Die Schuld liegt ebenso bei mir wie bei ihm.«
Seine Worte ermutigten mich, ebenfalls offen zu sprechen. »Dann kümmere du dich um meinen Jungen. Und um Nachtauge. Ich hätte nie erwartet, dass ich Jinna meinen gesamten Hausstand aufbürden muss.«
»Ich werde dafür sorgen, dass es ihnen an nichts fehlt«, versprach er, und ich weiß, er las die Dankbarkeit in meinen Augen. Dann sputete ich mich, meinem Herrn die Tür aufzuhalten, und folgte ihm mit unser beider Gepäck durch die Flure der Burg. Von links und rechts wünschte man ihm gute Reise, und er dankte freundlich, doch ohne sich aufzuhalten.
Falls Fürst Leuenfarb ernsthaft gehofft hatte, sich ohne Laurel davonstehlen zu können, erlebte er eine Enttäuschung. Sie wartete mit den
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