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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Jahre lang genug gewesen. Welcher Dämon ritt mich jetzt?
    Von dort war es nicht weit bis zum nächsten beunruhigenden Gedanken. Wo steckte Harm? Ich hatte Tee für drei aufgegossen und auch für drei Personen Essen hingestellt. Harm kam immer hungrig von einer Arbeit oder einer Reise nach Hause. Es machte mir Sorgen, dass er seine Verstimmung nicht überwinden konnte, um mitzuessen. Während Merle weiterredete, wanderten meine Augen immer wieder zu seiner unberührten Schüssel. Sie bemerkte es.
    »Hör auf, dich verrückt zu machen«, sagte sie beinahe unwirsch. »Er ist ein Junge, mit dem Trotzkopf eines Jungen. Wenn sein Hunger groß genug ist, wird er schon kommen.«
    Oder er verdirbt schönen frischen Fisch, indem er ihn über einem Feuer verbrennt. Der Gedanke des Wolfs antwortete meinem unwillkürlichen Spüren nach ihm. Sie waren unten am Bach. Harm hatte sich aus einem heruntergefallenen Ast einen behelfsmäßigen Speer zurechtgemacht, und der Wolf war einfach ins Wasser gesprungen, um längs des überhängenden Ufers zu jagen. Wenn die Fische in Schwärmen zogen, war es nicht schwer für ihn, einen dort in die Enge zu treiben und zu packen. Das kalte Wasser war schlecht für seine Gelenke, aber bald konnte er sich am Feuer des Jungen wärmen. Uns geht es gut. Mach dir keine Sorgen.
    Eitler Rat, aber ich tat, als würde ich ihn annehmen. Wir aßen fertig, und ich räumte den Tisch ab. Während ich Ordnung machte, saß Merle am Kamin vor dem Abendfeuer und zupfte die Harfe, bis die vereinzelten Töne zu dem alten Lied von des Müllers Tochter zusammenliefen. Als das Geschirr gespült und weggeräumt war, gesellte ich mich zu ihr, mit einem Becher des von Chade spendierten Lebenswassers für jeden von uns. Ich saß im Sessel, sie auf dem Boden, den Rücken an meine Beine gelehnt, während sie spielte. Ich beobachtete ihre Hände auf den Saiten; mein Blick blieb an den verkrümmten zwei letzten Fingern ihrer linken Hand hängen, die ich zu verantworten hatte. Damals, auf dem Weg ins Hohe Reich, um Veritas zu finden, hatte man sie ihr gebrochen, auf Burls Befehl, um mich einzuschüchtern. Als das Lied zu Ende war, beugte ich mich hinunter und küsste sie. Sie erwiderte den Kuss, legte die Harfe zur Seite und widmete sich der Sache mit Nachdruck.
    Dann stand sie auf und ergriff meine beiden Hände, um mich aus dem Sessel zu ziehen. Als ich ihr in die Schlafkammer folgte, bemerkte sie: »Du bist angespannt heute Abend.«
    Ich brummte zustimmend. Zuzugeben, dass sie vorhin meine Gefühle verletzt hatte, wäre kindisch und kleingeistig gewesen. Wollte ich, dass sie mich belog, mir vormachte, ich sei immer noch jung und ansehnlich, wenn der Augenschein dagegen sprach? Die Zeit hatte ihren Tribut von mir gefordert, das war alles und ganz natürlich. Und trotzdem kam sie immer wieder. War das nicht eine Art Kompliment?
    »Du wolltest mir etwas erzählen«, erinnerte sie mich.
    »Nachher.« Die Vergangenheit griff nach mir, aber ich schob ihren kalten Griff beiseite, entschlossen, mich an den warmen Händen der Gegenwart zu freuen. Dieses neue Leben war nicht so übel. Es war einfach und übersichtlich, ohne Konflikte. War es nicht das Leben, von dem ich früher geträumt hatte? Ein Leben, in dem ich meine eigenen Entscheidungen traf? Und ich war nicht allein. Ich hatte Nachtauge und Harm, und Merle, wenn sie mich besuchte. Ich öffnete ihre Weste, dann ihre Bluse und entblößte ihre Brüste, während sie die Nesteln an meinem Hemd öffnete. Sie schmiegte sich an mich, rieb sich an mir mit der schamlosen Hingabe einer schnurrenden Katze. Ich legte die Arme um sie und senkte den Kopf, um ihren Scheitel zu küssen. Auch dies waren einfache Freuden, deshalb umso süßer. Meine Matratze war tief und duftend wie das Wiesenheu und die Kräuter, mit denen ich sie frisch gefüllt hatte. Wir sanken hinein. Für eine Weile hörte ich auf zu denken und bemühte mich, uns beide zu überzeugen, dass ich ungeachtet des äußeren Anscheins noch immer ein junger Mann war.
    Einige Zeit später trieb ich schwerelos im Vorhof des Schlafs. Manchmal denke ich, es findet sich mehr Erholung an jenem Ort zwischen Wachen und Schlafen als im wirklichen Schlummer. Das Bewusstsein wandert im Zwielicht beider Seiten und findet die Wahrheiten, die sowohl Tageslicht als auch Träume verschleiern. Dinge, die wir nicht zur Kenntnis nehmen wollen, lauern dort, warten auf diesen Zustand der Wehrlosigkeit.
    Ich erwachte. Meine Augen waren offen und

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