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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Seele reden, und warum es nicht gleich hinter mich bringen.
    Harm seufzte und setzte sich auf Nachtauges andere Seite. Er hob einen Zweig auf und stocherte damit im Feuer herum. »Ich glaube, sie hat nicht damit gerechnet, dass es herauskommen könnte. Ihr Gemahl lebt nicht in der Burg. Er kam angereist, um sie zu überraschen, um das Frühlingsfest mit ihr zu feiern.« Der Zweig fing Feuer. Er warf ihn in die Flammen. Seine Finger durchkämmten Nachtauges Fell.
    Ich stellte mir einen ehrsamen, älteren Bauersmann vor, vielleicht mit erwachsenen Kindern aus einer früheren Ehe. Offenbar liebte er sie, wenn er die Reise nach Bocksburg unternahm, um sie zu überraschen. Das Frühlingsfest war traditionell ein Fest der Liebenden, alter wie junger.
    »Sein Name ist Dewin«, fuhr Harm fort, »und er ist irgendwie mit Prinz Pflichtgetreu verwandt. Er ist ein großer Mann und sehr vornehm gekleidet. Sein Umhang war doppelt so weit wie er sein brauchte, mit einem Pelzkragen. An beiden Armen trägt er silberne Reifen. Er ist auch stark. Beim Tanz hat er Merle hochgehoben und herumgeschwenkt, und alle Leute sind zurückgetreten, um ihnen zuzuschauen.« Harm ließ mich nicht aus den Augen, während er sprach. Ich glaube, er fand meine offensichtliche Bestürzung tröstlich. »Ich hätte mir denken können, dass du es nicht weißt. Du würdest einen so distinguierten Mann nicht zum Hahnrei machen.«
    »Ich würde keinen Mann zum Hahnrei machen«, fand ich die Kraft zu sagen. »Nicht wissentlich.«
    Er seufzte, als wäre ihm ein Stein vom Herzen gefallen. »So, wie du es mich gelehrt hast.« Nach Jungenart wandten sich seine Gedanken sofort seinem eigenen Befinden zu, wie ihn dieser Vorfall berührt hatte. »Es war komisch, als ich gesehen habe, wie sie sich küssen. Ich habe noch nie gesehen, dass Leute sich auf diese Art küssen, außer bei dir und Merle. Erst dachte ich, dass sie dich betrügt und dann, als ich hörte, dass er als ihr Gemahl vorgestellt wurde …« Er legte den Kopf schräg. »Das war wirklich schlimm für mich. Ich dachte, dass du es weißt und dass es dir egal ist. Ich dachte, du hättest mich vielleicht all diese Jahre das Eine gelehrt und das Andere getan. Ich fragte mich, ob du mich für so dumm gehalten hast, dass ich es nie merke, ob du und Merle über mich gelacht habt, dass ich so einfältig bin. Es hat mir keine Ruhe gelassen, bis ich anfing, an allem zu zweifeln, was du mir je beigebracht hast.« Er richtete den Blick in die Flammen. »Es war scheußlich, sich so hintergangen zu fühlen.«
    Ich war froh zu hören, dass er sich auf diese Weise mit dem Vorfall auseinander setzte. Viel besser, als wenn er anfing zu grübeln, wie es in mir aussehen mochte. Sollte er seinen Gedanken ihren Lauf lassen. Meine eigenen Gedanken bewegten sich in eine andere Richtung, knarrend wie ein alter Karren, der nach dem Winter für die Frühjahrsarbeit aus dem Schuppen gezogen wird. Ich stemmte mich gegen die Drehung der Räder, die mich zu einer unausweichlichen Erkenntnis führte. Merle war verheiratet. Warum nicht? Sie hatte nichts zu verlieren und alles zu gewinnen. Ein wohl ausgestattetes Heim mit ihrem vornehmen wahrscheinlich adeligen Gemahl, Reichtum und Sicherheit für ihre alten Tage. Und für ihn eine hübsche und charmante Gemahlin, eine gefeierte Menestrelle. Er konnte sich in ihrem Ruhm sonnen und dem Neid anderer Männer.
    Und wenn sie Urlaub von ihm brauchte, nun, dann zog sie hinaus, wie es die Vaganten taten, und kam zu mir und vergnügte sich, und weder er noch ich wussten um unser Geweih. Er und ich? Konnte man glauben, dass es nur uns beide gab?
    »Hast du gedacht, du wärst der Einzige, mit dem sie Umgang hat?«
    Immer frei heraus, mein Harm. Mit welchen Fragen hatte er Merle wohl auf dem Heimritt bedrängt?
    »Ich habe mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht«, gab ich zu. So viele Dinge im Leben waren einfacher, wenn man nicht zu viele Gedanken daran verschwendete. Vermutlich hätte ich wissen müssen, dass Merle sich anderen Männern hingab. Sie war eine Vagantin, und die Vaganten waren ein lockeres Völkchen. Damit hatte ich unser Verhältnis vor mir selbst gerechtfertigt und indirekt auch vor Harm. Sie sprach nie darüber, und ich fragte nicht, so blieben ihre anderen Liebhaber hypothetische Wesen, gesichts-und körperlos. Jedenfalls waren es keine Ehemänner. Merle war ihm durch ein Gelöbnis verbunden und er ihr. Das war für mich der entscheidende Unterschied.
    »Was wirst du jetzt

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