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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aufzureißen. Fast wäre es ihr gelungen. Genau in dem Augenblick kam der Mann mit den Pferden. Der Junge stieg vom Baum herab in den Sattel, und wie der Blitz war die Katze hinter ihm auf dem Pferd. Sie galoppierten davon, und ich blieb hier liegen.
    Lass mich deinen Bauch sehen.
    Erst Wasser, bevor du in mir herumstocherst.
    Meine Schwarze ärgerte mich und tänzelte zweimal zur Seite, bevor es mir gelang ihre Zügel zu fassen. Danach band ich sie fest an einen Strauch und kehrte mit Wasser und meinem Proviant zu Nachtauge zurück. Ich ließ ihn aus meinen zusammengelegten Händen trinken, dann teilten wir das Essen. Ich hätte gern das Blut von den Rissen, soweit ich sie sehen konnte, abgewaschen, aber ich wusste, er würde es nicht dulden. Die Wunden schließen sich von selbst. Ich habe sie saubergeleckt
    Ich will wenigstens einen Blick auf deinen Bauch werfen.
    Widerwillig ließ er mich gewähren. Die Wunden dort sahen viel hässlicher aus. Offenbar hatte die Katze ihn regelrecht umarmt und am Bauch fehlte ihm das dicke Fell, das seinem Rücken einem gewissen Schutz geboten hatte. Ich sah zerschlitzte Haut, klaffende Furchen im Fleisch, die anfingen zu nässen. Das einzig Erfreuliche war, dass die Krallen die Bauchdecke nicht ganz aufgerissen hatten. Ich hatte gefürchtet, Eingeweide hervorquellen zu sehen, aber die Verletzungen beschränkten sich auf Haut und Muskelgewebe. Ich verfluchte mich, dass ich keine Wundsalbe bei mir hatte. Zu lange her, dass ich an solche Dinge hatte denken müssen, meine Reisevorbereitungen ließen zu wünschen übrig.
    Weshalb hast du nicht nach mir gerufen? Dass ich kommen soll und dir helfe?
    Du warst zu weit weg, um rechtzeitig hier sein zu können. Und – Beunruhigung färbte seine Gedanken – ich hatte das Gefühl, sie wollten, dass ich dich rufe. Der Mann auf dem großen Pferd und die Katze. Sie lauschten, als wäre mein Ruf nach dir ein Wild, welches sie aus der Deckung locken wollten.
    Der Prinz nicht.
    Nein. Kleiner Bruder, etwas überaus Merkwürdiges ist hier im Gange. Der Prinz war überrascht, als der Reiter mit dem ledigen Pferd auftauchte. Doch ich spürte, die Katze war nicht überrascht, die Katze erwartete den Mann mit dem Pferd. Der Prinz weiß nicht alles, was sein Geschwistertier tut. Er geht blind in diese Verschwisterung. Die Waage ist nicht im Gleichgewicht. Einer gibt, und der andere nimmt, ohne wiederzugeben. Und die Katze ist – nicht richtig.
    Er konnte es mir nicht deutlicher machen. Eine Weile saß ich still neben ihm, die Finger in seinem Fell vergraben, und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Der Prinz war geflohen. Jemand, den er nicht gerufen hatte, war gekommen, um ihn von Nachtauge wegzuholen, in eben demselben Moment, als die Katze durch ihre Attacke den Wolf ablenkte. Um ihn wohin zu bringen?
    Ich habe sie eine Strecke verfolgt. Doch es ist, wie du gesagt hast: Ich kann nicht mehr mit einem galoppierenden Pferd Schritt halten.
    Konntest du nie.
    Nun, du auch nicht. Du konntest nicht einmal mit einem trabenden Wolf mithalten, jedenfalls nicht lange.
    Richtig. Das stimmt. Ich strich glättend über sein Fell und versuchte, ein dürres Blatt von einer der verschorften Wunden abzuzupfen.
    Lass das! Ich beiße dir die Hand ab! Und er hätte es tun können. Schnell wie eine zustoßende Schlange hatte er nach meinem Handgelenk geschnappt und hielt es zwischen den Kiefern eingeklemmt. Er ließ mich kurz seine Zähne spüren, eine Andeutung dessen, was sein könnte, dann gab er mich frei. Sie blutet nicht, also lass sie in Ruhe. Hör auf, mich zu bemuttern, und folge dem Wild.
    Um was zu tun?
    Vor allem anderen töte die Katze. Rachsucht sprach aus ihm, nicht Ernst. Er wusste so gut wie ich, welche Folgen es für den Prinzen hatte, wenn wir sein Geschwistertier ermordeten.
    Allerdings, ich weiß es. Wie schade, dass er nicht die gleichen Skrupel hatte wie du, als es darum ging, dein Geschwistertier zu töten.
    Er weiß nicht, dass du mit mir verschwistert bist.
    Sie wussten, ich bin verschwistert mit irgendjemandem, und hätten zu gern herausgefunden mit wem. Dieses Wissen hat sie nicht davon abgehalten, mir Verletzungen zuzufügen. Ich fühlte, wie seine Gedankengänge die meinen überholten, Schlussfolgerungen zogen, bis zu denen ich noch nicht gelangt war. Sei wachsam, Wandler. Ich erkenne dieses Muster von früher. Du glaubst, es ist eine Art Spiel, mit Grenzen und Regeln. Du willst den Prinzen nach Hause bringen, wie die Wölfin den

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