Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
hohen Herrschaften, ihre Pferde zu wenden und ihnen die Sporen zu geben, um möglichst schnell in die willkommene Kühle der dicken Steinmauern der Burg zurückzukehren. Wir Knechte folgten, so schnell wir konnten. Meine Schwarze hielt leicht mit den edlen Jagdrössern Schritt, obwohl wir in deren Staubwolke ritten.
Die Bresingas und ihre Gäste begaben sich stante pede in ihre jeweiligen Gemächer, um den Staub abzuwaschen und sich umzukleiden, während andere ihre nass geschwitzten Pferde und die schlecht gelaunten Katzen versorgten. Ich folgte meinem Herrn, der forsch durch die Korridore schritt, beeilte mich, ihm die Tür aufzuhalten und verschloss und verriegelte sie, nachdem auch ich eingetreten war.
Als ich mich umdrehte, wusch er sich bereits Gesicht und Arme. »Was gibt es Neues?«, fragte er.
Ich erstattete Bericht.
»Wird er sich erholen?« erkundigte er sich besorgt.
»Der Prinz? Das kann ich nicht wissen.«
»Unfug! Ich spreche von Nachtauge.«
»Ich bin zuversichtlich. Später werde ich ihm noch mehr Wasser und etwas zu Fressen bringen. Er hat Schmerzen, aber ans Leben geht es ihm vermutlich nicht.« Obwohl mir der Anblick der entzündeten Kratzwunden nicht gefallen hatte. Der Narr schien meine Gedanken zu lesen.
»Ich habe eine Salbe, die ihm helfen könnte, sofern er duldet, dass du ihn damit behandelst.«
Ich musste lächeln. »Da habe ich meine Zweifel, aber ich nehme sie trotzdem gern mit.«
»Gut. Dann bleibt mir nur noch, einen Vorwand zu fabrizieren, damit wir alle drei die Burg gleich nach dem Mittagessen verlassen können. Die Fährte darf nicht kalt werden. Auch halte ich es nicht für wahrscheinlich, dass wir hierher zurückkehren.« Während er sprach, wechselte er das Wams, bürstete sich den Staub von der Hose und wischte mit einem Tuch seine Stiefel blank. Er unterzog sich im Spiegel einer kritischen Musterung, dann fuhr er hastig mit einer Bürste durch sein feines Haar. Die silberblonden Strähnen folgten der Bürste wie fliegende Spinnenfäden im Altweibersommer und blieben daran haften. Der Flaum an seinen Schläfen sträubte sich wie die Schnurrhaare einer Katze. Er stieß einen ärgerlichen Laut aus und schloss die schwere Silberspange, mit der er sein Haar im Nacken zusammenhielt. »So, das muss reichen. Pack Er ein, Dachsenbless. Wir brechen auf, sobald man die Tafel aufgehoben hat.« Damit rauschte er hinaus.
Auf dem Tisch standen vom Abend vorher noch Obst und Käse und Brot. Das Brot schmeckte altbacken, aber ich war so hungrig, dass es mich nicht störte. Ich aß, während ich hastig meine eigenen Habseligkeiten verstaute. Fürst Leuenfarbs Gepäck stellte mich vor größere Probleme. Ich konnte mir nicht mehr vergegenwärtigen, wie er es fertig gebracht hatte, so viel Kleidung und Kram in einem so kleinen Behältnis unterzubringen. Zu guter Letzt hatte ich alles hineingepresst, auch wenn ich mir lieber nicht vorstellen wollte, wie die feinen Hemden aussehen würden, wenn sie wieder zum Vorschein kamen.
Ich war fertig, aber im großen Saal saß man noch zu Tisch. Ich nutzte die Gelegenheit und schlüpfte in die Küche hinunter, wo ich mir einen Imbiss aus kaltem Bier und scharfen Würstchen einverleibte. Ich hatte noch nichts verlernt, denn als ich ging, steckten drei dicke Scheiben von einer gebratenen Keule im Brustlatz meines Kittels.
In unsere Gemächer zurückgekehrt, verbrachte ich kostbare Stunden damit, ungeduldig auf Fürst Leuenfarbs Rückkehr zu warten. Ich sehnte mich danach, zu Nachtauge zu denken, und wagte es nicht. Mit jeder Minute, die verging, entfernte sich der Prinz weiter von uns. Der Nachmittag zerrann mir ungenutzt zwischen den Fingern. Ich warf mich auf mein Bett. Trotz meiner Ungeduld und Sorge musste ich eingenickt sein.
Das Klappen der Tür weckte mich. Ich wälzte mich vom Bett und kam auf die Füße, schlaftrunken, aber doch erpicht, endlich aufzubrechen. Der Narr schloss die Tür hinter sich und meinte in Erwiderung meines erwartungsvollen Blicks vergrätzt: »Es ist einigermaßen schwierig, die Fesseln der hiesigen Gastfreundschaft abzuschütteln. Auch zu diesem Mahl waren Gäste geladen, und nicht nur unsere drei Wiesenvögel. Die Bresingas scheinen fest entschlossen, mich ihren sämtlichen Nachbarn zu präsentieren. Sie haben Abendessen und Teegesellschaften und weitere Jagdpartien arrangiert, unter Einbeziehung sämtlicher Familien im Umkreis von – ich weiß nicht. Es ist mir nicht gelungen, einen Grund zu erfinden, der
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