Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
kann.«
»Narr, hör auf damit!« Auch noch darüber zu spaßen.
»Und nicht einmal auf den Mund. Nur ein warmer Druck meiner Lippen auf seine Handfläche, ein einziges Spitzeln meiner Zunge.« Er lächelte matt. »Er riss die Hand zurück, als hätte ich ihn gebrandmarkt.« Plötzlich hickste er laut und zog dann eine saure Grimasse. »Er ist entlassen, Dachsenbless. Begebe Er sich in Seine Kammer. Ich brauche Ihn bis zum Morgen nicht mehr.«
»Bist du sicher?«
Er nickte, ein ruckartiges, vehementes Auf und Ab des Kopfes. »Geh weg«, sagte er klar und deutlich. »Wenn ich mich übergeben muss, will ich dich nicht dabeihaben.«
Ich verstand seinen Wunsch den Rest seiner angeschlagenen Würde zu bewahren, zog mich in meine Kammer zurück und schloss die Tür zwischen uns. Um für den frühen Aufbruch gerüstet zu sein, begann ich, meine Siebensachen einzupacken. Als ich ihn kurze Zeit später die gerechte Strafe erdulden hörte, ging ich nicht zu ihm hinüber. Bei manchen Verrichtungen sollte ein Mensch mit sich allein sein dürfen.
Ich schlief nicht gut. Mich verlangte danach, Trost bei Nachtauge zu suchen, aber die Gefahr der Entdeckung war zu groß. Sie mochten notwendig sein, dennoch fühlte ich mich von den politischen Manipulationen des Narren besudelt. Ich sehnte mich danach, das gradlinige, saubere Leben eines Wolfs zu leben. Gegen Morgen weckte mich das Rumoren des Narren, der nebenan in seinem Schlafgemach hin und her ging, aus einem oberflächlichen Schlummer.
Als ich nachschaute, fand ich ihn, von seinen Ausschweifungen gezeichnet, am Tisch sitzend. Die frischen Kleider, die er angelegt hatte, ließen ihn noch grauer und zerknitterter aussehen. Sein Haar war strähnig und wirr. Vor ihm standen ein kleiner Kasten und ein Spiegel. Verwundert schaute ich zu, wie er den Finger in ein Näpfchen tauchte und sich etwas unter die Augen rieb. Er seufzte. »Ich verabscheue mich für das, was ich gestern Nacht getan habe.«
Er brauchte nicht ins Detail zu gehen. Ich versuchte, sein Gewissen zu beruhigen. »Man kann es auch so betrachten, dass du ihnen einen Gefallen getan hast. Vielleicht ist es besser, dass sie bevor sie vermählt sind herausfinden, dass Sydels Herz nicht so beständig ist, wie Gentil glaubt.«
Er verweigerte den Trost mit einem Kopfschütteln. »Hätte ich nicht aufgespielt, hätte sie nicht getanzt. Ihre ersten Anbandelungsversuche waren nichts weiter als unschuldige Koketterie. Ich denke, es liegt in der Natur eines heranwachsenden Mädchens zu tändeln, wie es für Knaben natürlich ist, mit ihren Muskeln und ihrem Wagemut zu prahlen. Mädchen in diesem Alter sind wie kleine Katzen, die nach einem Grashalm springen, um ihre Fähigkeiten zu erproben und zu üben. Sie kennen noch nicht die Bedeutung des Spiels.« Seufzend widmete er sich wieder dem Kästchen mit den farbigen Pulvern.
Ich schaute schweigend zu, wie er sich noch elender schminkte, als er ohnehin schon aussah und sich obendrein zehn Jahre älter machte, indem er die Linien in seinem Gesicht durch Schattierung hervorhob.
»Hältst du das für notwendig?«, fragte ich, als er den Kasten zuklappte und mir bedeutete, ihn wegzuräumen. Ich verstaute ihn in seinen Taschen, die bereits akkurat gepackt für die Abreise bereit standen.
»Allerdings. Ich möchte sichergehen, dass der Liebesbann, den ich über Sydel geworfen habe, restlos gebrochen ist bevor wir abreisen. Sie soll mich als jemanden sehen, der erheblich älter ist als sie und ein zügelloser Wüstling. Sie wird sich fragen, was um Edas Willen ihr in den Sinn gekommen ist und sich zu Gentil flüchten. Ich hoffe, dass er sie wieder nimmt. Es wäre besser, als wenn sie die Jahre ihrer Jugendblüte damit zubringt, sich in Sehnsucht nach mir zu verzehren.« Er stieß einen melodramatischen Seufzer aus, aber ich wusste, der Spott galt ihm selbst. An diesem Morgen zeigte Fürst Leuenfarbs Fassade Risse und der Narr schimmerte hindurch.
»Ein Liebesbann?«, fragte ich skeptisch.
»Selbstverständlich. Keiner kann mir widerstehen, weder Männlein noch Weiblein, wenn ich es darauf anlege, sie zu verführen. Keiner, das heißt, dich ausgenommen.« Er schaute mich an und rollte liebeskrank die Augen. »Doch habe ich jetzt nicht die Muße darüber zu trauern. Er muss hingehen und Lady Bresinga mitteilen, dass Sein Herr um eine Unterredung unter vier Augen nachsuchen lässt. Dann klopfe Er an Mamsell Laurels Tür und sage ihr, dass wir in Bälde aufbrechen werden.«
Als ich
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