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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und dem heimlichen Wunsch, ihre Tochter die gesellschaftliche Leiter hinaufsteigen zu sehen. Fürst Leuenfarb war eine bei weitem bessere Partie als Jung-Gentil, andererseits waren sie nicht blind für die Gefahren, die ihrer Tochter drohten. Die Avancen eines Edelmannes einer jungen Dame gegenüber sind nicht gleichbedeutend mit einem Heiratsversprechen. Man musste in Betracht ziehen, dass er möglicherweise nur mit ihr spielte und ihre späteren Aussichten auf dem Heiratsmarkt ruinierte. Eine riskante Gratwanderung für ein junges Mädchen, und die Art wie Lady Wisenvogel ihr Brot auseinander zupfte, ließ erahnen, dass ihr Mutterherz ernsthaft bezweifelte, ob Sydel diesen Balanceakt beherrschte.
    Avoin und Laurel bemühten sich verbissen, ein Gespräch über den heutigen Jagdausflug in Gang zu bringen und die Unterhaltung schleppte sich mühsam weiter, aber der Fürst und Sydel waren zu sehr in ihr Liebesgeflüster vertieft, um sich daran zu beteiligen oder die gespannte Atmosphäre wahrzunehmen. Gentil, an Sydels anderer Seite, war Luft für sie beide.
    Avoin dozierte über die Verwendung von Weinraute bei der Ausbildung der Katzen, denn wie allgemein bekannt, mache jede Katze einen weiten Bogen um alles, was mit dem Geruch dieser Pflanze behaftet sei. Laurel bemerkte, manchmal würden Zwiebeln zu dem gleichen Zweck verwendet. Fürst Leuenfarb bot Sydel eine Leckerei von seinem eigenen Teller an und beobachtete dann hingerissen, wie sie sie verzehrte. Er trank schnell und viel, ein Glas nach dem anderen und es sah aus, als ob er den Wein einfach hinunterschüttete. Mir wurde angst und bange. Der Narr war von jeher betrunken unberechenbar und launisch gewesen. Ob Fürst Leuenfarb sich besser in der Gewalt hatte?
    Gentils Zorn musste aufgeflammt sein, denn ich spürte ein fragendes Echo von irgendwoher. Den Gedanken konnte ich nicht auffangen, nur die Emotion, die ihn begleitete. Jemand war vollauf bereit, um Gentils willen Fürst Leuenfarb in Stücke zu reißen. Kein Zweifel, dass seine Jagdkatze auch sein Geschwistertier war. Für diesen einen unvorsichtigen Augenblick vibrierte das Band zwischen ihnen vor Mordlust. Es währte nur einen Sekundenbruchteil, aber ein Irrtum war nicht möglich. Der junge Bresinga war ein Zwiehafter. Und Lady Bresinga? Ich beobachtete sie, während ich den Blick scheinbar auf einen Punkt hinter ihr gerichtet hielt. Von ihr erreichte mich kein Signal der Alten Macht, aber sie verströmte mütterlichen Unwillen über den Lapsus ihres Sohnes. Weil er jedem, der dafür empfänglich war, sein Altes Blut verraten hatte? Oder weil ihm sein Groll so deutlich anzusehen war? Seine Gefühle unverbrämt zur Schau zu tragen ziemte sich nicht in Adelskreisen.
    Ich stand wie am Abend zuvor während der ganzen Mahlzeit hinter dem Stuhl meines Herrn. Aus den Worten, die gewechselt wurden, konnte ich nicht viel entnehmen, aber aus den Blicken. Das skandalöse Benehmen des vornehmen Gastes vom Königshof faszinierte und schockierte die übrigen Anwesenden. Man tauschte geflüsterte Kommentare und kopfschüttelnde Blicke. Einmal saß Lord Wisenvogel da und atmete stoßweise mit eingekniffenen, vor Zorn weißen Nasenflügeln, während seine Gemahlin leise und beschwörend auf ihn einredete. Sie schien gewillt, die guten Beziehungen zu den Bresingas für die Möglichkeiten einer Einheirat in den Hochadel aufs Spiel zu setzen. Ich suchte derweil Mienenspiele und Gespräche zu deuten, um zu erkennen, wer ein Zwiehafter sein könnte. Die Erkenntnisse ließen sich nicht in Mengenbegriffe fassen, aber als die Tafel aufgehoben wurde, war ich überzeugt, dass sowohl Mutter als auch Sohn Bresinga welche mit der Alten Macht waren. Ihr Jagdmeister nicht. Unter den anderen Gästen gab es zwei, die ich verdächtigte. Eine gewisse Lady Jerrit hatte etwas Katzenhaftes in ihrem Benehmen. Möglicherweise war ihr nicht bewusst, wie sie den Geruch jeder Speise einatmete, ehe sie davon aß. Ihr Gemahl, ein kräftiger, jovialer Hüne, biss mit seitwärts gewandtem Kopf in seine Geflügelkeule, als hätte er dort schärfere Zähne, um das Fleisch vom Knochen zu schneiden. Kleinigkeiten, aber verräterisch. Der Prinz war von Bocksburg nach Burg Tosen geflüchtet, in den Schutz solcher mit der Alten Macht. Von dort vertrieben, würde er nach aller Logik wieder bei Zwiehaften Unterschlupf suchen. Lord und Lady Jerrit wohnten im Süden von hier. Die Spur des Prinzen wies nach Norden, aber was hinderte ihn, einen Bogen zur

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