Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
die Gescheckten unterwegs waren, konnten wir sie nicht überholen, um einen Hinterhalt zu legen, auch wenn das raue und unwegsame Gelände uns die Möglichkeit geboten hätte. »Am besten warten wir, bis sie ihr Nachtlager aufgeschlagen haben und versuchen dann, uns des Prinzen zu bemächtigen«, schlug der Narr vor.
»Zwei Fehler«, erwiderte ich. »Erstens, bis zum Abend haben sie möglicherweise den Ort erreicht zu dem sie wollen. Wenn wir Pech haben, ist es eine befestigte Siedlung oder sie treffen dort den Rest ihrer Verbündeten. Zweitens, selbst wenn sie noch einmal lagern, werden sie Wachen aufstellen, wie letztens auch. An denen müssten wir erst vorbei.«
»Und wie sieht dein Plan aus?«
»Warten, bis sie heute Abend ihr Lager aufschlagen, falls sich nicht vorher eine aussichtsreichere Gelegenheit bietet.«
Je weiter der Nachmittag voranschritt, desto mehr schwand meine Hoffnung auf einen halbwegs leichten und glücklichen Ausgang unseres Unternehmens. Der Pfad, dem wir folgten, war kein reiner Wildwechsel, er wurde von Menschen benutzt und führte irgendwohin, zu einer Stadt einem Dorf oder wenigstens einem Thingplatz. Wir durften nicht wagen, den Abend abzuwarten und ein kaum noch wahrscheinliches Nachtlager.
Folglich rückten wir auf. Das zerklüftete Terrain war uns dienlich, denn sobald sie den Kamm einer Anhöhe überquert hatten und talwärts ritten, konnten wir ein weiteres Stück aufschließen. Einige Male mussten wir den Pfad verlassen, um die Deckung der Kammlinie auszunutzen, aber die Gescheckten vor uns schienen überzeugt zu sein, dass sie sich jetzt auf sicherem Boden befanden. Sie schauten nicht oft über die Schulter. Wenn sie zwischen den Bäumen zum Vorschein kamen, studierte ich ihre Marschordnung. Der Mann auf dem Streitross ritt an der Spitze, gefolgt von den beiden Frauen; die zweite führte das ledige Pferd. Der Prinz ritt an vierter Stelle, hinter ihm kamen die beiden anderen Männer. Ihr Tempo war das von Leuten, die vor Anbruch der Dunkelheit noch eine Strecke Wegs hinter sich bringen wollen.
»Er sieht aus wie du als Junge«, meinte der Narr, als wir wieder einmal aus der Deckung beobachteten, wie sie einer nach dem anderen unserem Blick entschwanden.
»Mich erinnert er an Veritas«, widersprach ich. Es stimmte. Der Junge sah aus wie Veritas, aber noch größere Ähnlichkeit hatte er mit dem Portrait meines Vaters. Ob er aussah wie ich im selben Alter, konnte ich nicht beurteilen. Er hatte dickes, schwarzes Haar, störrisch wie das von Veritas und mir. Flüchtig ging mir durch den Sinn, ob auch mein Vater sich zu Lebzeiten zähneknirschend den Kamm durch den ungebärdigen Schopf hatte ziehen müssen. Ich kannte ihn nur von seinem Konterfei, und darauf war er tadellos frisiert. Pflichtgetreu hatte den Körperbau meines Vaters, größer und feingliedriger als der untersetzte Veritas. Noch wirkte er schlaksig, doch mit den Jahren würde er Muskeln ansetzen. Sein Sattelsitz war ausgezeichnet. Und wie ich es bei dem Hünen und dem großen Pferd gemerkt hatte, konnte ich bei ihm die Verbundenheit mit der Katze erkennen, die hinter ihm auf dem Pferd saß. Den Kopf hielt Pflichtgetreu stets ein wenig zurückgeneigt, um sich der Nähe seines Geschwistertiers bewusst zu sein. Seine Nebelkatze war die kleinste von den dreien, doch größer als ich erwartet hatte. Hochbeinig. Lohfarbenes Fell mit einer wellenförmigen Zeichnung aus hellen und dunklen Streifen. Auf ihrem Sattelpolster sitzend, die Krallen in das Leder gegraben, reichte sie dem Prinzen bis zum Nacken. Ihr Kopf drehte sich von einer Seite zur anderen, sie registrierte aufmerksam jede Kleinigkeit der vorbeiziehenden Umgebung. An ihrer Haltung konnte man erkennen, dass sie es leid war, getragen zu werden und sich lieber selbst ihren Weg gesucht hätte.
Ihn und das Tier zu trennen, mochte sich als der schwierigste Teil unserer »Rettungsmission« erweisen, trotzdem zog ich nicht für einen Moment in Erwägung, sie beisammen zu lassen. Zu seinem eigenen Besten, musste Pflichtgetreu von seinem Geschwistertier getrennt werden, wie Burrich seinerzeit mich und Nosy auseinander gerissen hatte.
»Die Verschwisterung ist nicht, wie sie sein soll. Eher scheint es, als wäre er eingefangen worden. Umgarnt. Die Katze beherrscht ihn. Doch – es ist nicht die Katze. Eine dieser Frauen ist darin verwickelt, vielleicht eine Lehrerin der Alten Macht, wie Rolf Schwarzbart es für mich gewesen ist, die ihn ermuntert, sich rückhaltlos auf
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