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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hielten. Ihr Verschwisterter, da war ich mir sicher, stellte vorläufig keine Gefahr mehr dar. Mein Schwertstoß war ihm tief in die Seite gedrungen.
    Das Geplänkel dauerte mir zu lange. Ich konnte den Reiter vor mir nicht mit meinem Schwert erreichen, aber seine Katze befand sich durchaus innerhalb meiner Reichweite. Ich beugte mich aus dem Sattel und führte einen Hieb nach ihr. Das Tier schnellte geschmeidig zur Seite, aber meine Klinge hinterließ eine lange flache Schmarre an ihrer Flanke. Wut-und Schmerzgeheul aus einer tierischen und einer menschlichen Kehle belohnte mich. Der Schmerz seines Geschwistertiers ließ den Mann im Sattel wanken und für einen schwindelnden Augenblick spürte ich die von der Alten Macht beflügelten Verwünschungen, die beide mir entgegenschleuderten. Ich schloss meine Mauern, setzte die Hacken ein. Meine Schwarze tat einen Satz nach vorn und die beiden Pferde stießen mit Wucht zusammen. Ich schwang die Klinge gegen den Gescheckten und bei dem Versuch, sich zu ducken, rutschte er aus dem Sattel. Reiterlos und verstört ergriff sein Reittier, kaum dass es eine Lücke erspähte, an Meine Schwarze vorbei die Flucht. Sogleich gab das Pferd des Prinzen dem Gedränge vor ihm nach und schob sich rückwärts auf den kleinen Felstisch am Einstieg des Pfades.
    Die Nebelkatze des Prinzen kauerte mit gesträubtem Fell auf ihrem Polster und fauchte mich an. Etwas stimmte nicht mit ihr. Sie war entstellt, auf eine äußerlich nicht sichtbare Art, die mich abstieß. Noch während ich zu ergründen versuchte, was es sein könnte, wendete Pflichtgetreu sein Pferd, und ich fand mich Auge in Auge mit Kettrickens und Veritas Sohn.
    Ich habe Leute den Moment in ihrem Leben schildern hören, als sie glaubten, die Zeit bliebe stehen. Wäre es doch für mich so gewesen. Ich sah mich urplötzlich einem jungen Mann gegenüber, der bis zu dieser Sekunde für mich nur ein Name gewesen war, eine Idee.
    Er hatte mein Gesicht. Er hatte so genau mein Gesicht, dass ich die kleine Stelle unter seinem Kinn wusste, wo das Haar gegen den Strich wuchs und schwer zu rasieren sein würde, wenn er erst alt genug war, um sich zu rasieren. Er hatte meine Kinnpartie und meine Nase – die Nase, wie sie gewesen war, bevor Kujon in Edels Kerker die Faust ausrutschte. Und wie man es mir nachsagte, wenn die Raserei des Kampfes mich packte, fletschte er die Zähne in einer Grimasse mörderischer Wut. Veritas’ Seele hatte in seine junge Gemahlin den Samen für das Gemüt dieses Jünglings gepflanzt, aber sein Fleisch war aus meinem Fleisch gezeugt. Ich schaute in das Gesicht meines Sohnes, den ich nie gesehen hatte und mich nie als seinen Vater betrachtet, und wie mit einem einzigen tönenden Hammerschlag war das Band zwischen uns geschmiedet.
    Hätte die Zeit für mich stillgestanden in jenem Moment, wäre ich vorbereitet gewesen auf den gewaltigen Schwerthieb, den er in weitem Bogen gegen mich führte, denn mein Sohn teilte nicht meinen Augenblick betäubten Wiedererkennens. Wie ein Berserker ging er auf mich los und sein Kampfschrei war das kehlige, an-und abschwellende Heulen einer aufs Äußerste gereizten Katze. Ich beugte mich, um der Klinge auszuweichen, so weit zurück, dass ich um ein Haar aus dem Sattel gefallen wäre, trotzdem schlitzte sie mein Hemd auf und zog eine Bahn aus brennendem Schmerz quer über meine Brust. Als ich mich wieder aufrichtete, sprang die Katze mich an, kreischend wie ein Weib. Ich riss den Arm hoch, um sie abzuwehren und schrie vor Abscheu, als sie gegen mich prallte. Bevor sie sich an mir festkrallen konnte, schleuderte ich sie mit einer heftigen Drehung dem Katzenreiter entgegen, den ich eben aus dem Sattel befördert hatte. Aufjaulend stürzte sie mit ihm zu Boden, wobei sie unter ihn zu liegen kam, kroch hervor und rettete sich hinkend vor Meine Schwarzes stampfenden Hufen. Der Blick des Prinzen folgte seiner Katze, auf seinen Zügen malte sich Entsetzen.
    Eine bessere Gelegenheit brauchte ich nicht. Ich prellte ihm das Schwert aus der gelockerten Faust. Pflichtgetreu war darauf vorbereitet, gegen mich zu fechten, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass ich seine Zügel ergriff und ihm die Gewalt über sein Pferd entriss. Ich stemmte das Knie gegen Meine Schwarzes Schulter, und, o Wunder, sie gehorchte und machte auf der Hinterhand kehrt. Ich setzte die Hacken ein, und sie warf sich in einen ungestümen Galopp. Des Prinzen Pferd folgte bereitwillig. Es war froh, dem Lärm und Getümmel

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