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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hinüber, aber sein Gesicht war ausdruckslos. Er teilte meine Begeisterung nicht.
    »Was ist los?«
    Er lächelte schief. »Ich habe mir gerade vorgestellt, wie uns zumute wäre, wenn du diesen Burschen gestern Nacht totgeschlagen hättest, um aus ihm herauszubekommen, wohin sie mit dem Prinzen wollten.«
    Ich hatte kein Bedürfnis, mir das vorzustellen, ich wollte auch nicht darüber sprechen, deshalb konzentrierte ich meine Aufmerksamkeit auf die Hufabdrücke. Nachtauge und ich führten, der Narr folgte. Die Pferde waren hungrig und Meine Schwarze besonders ungnädig deswegen. Sie rupfte bei jeder Gelegenheit gelb geäderte Weidenblätter ab und trockene Grasbüschel, und ich ließ sie gewähren. Wäre es mir möglich gewesen, meinen Hunger auf diese Weise zu stillen, hätte ich mich ebenfalls am Herbstlaub gütlich getan.
    Während wir in flottem Tempo weiterritten, las ich aus der Fährte die Eile des Reiters, der sich sputete, seinen Leuten die Nachricht zu bringen, dass ihr Ausguck spurlos verschwunden war. Er ritt auf dem Weg des geringsten Widerstandes, wo er das Pferd laufen lassen konnte, eine Berglehne hinauf, durch eine Waldzunge. Der Tag war noch jung, als wir auf die Reste eines Lagers unter dem Laubdach eines Eichenwäldchens stießen.
    »Sie dürften eine nasse, stürmische Nacht hinter sich haben«, äußerte der Narr und ich nickte. Die Feuerstelle war eine schwarze Pfütze mit angekohlten Holzstücken, von dem Wolkenbruch ertränkt und nicht wieder angezündet. Eine Wolldecke hatte ihre Umrisse in das vollgesogene Erdreich eingeprägt; jemand hatte sich dort feucht gebettet. Der Boden war von Fuß- und Hufabdrücken wie umgepflügt. Hatte ein weiterer Trupp Gescheckter hier gewartet? Die weiterführenden Spuren überdeckten sich gegenseitig. Reine Zeitverschwendung, sie auseinander klamüsern zu wollen.
    »Wären wir gestern weitergeritten, nach dem Hinterhalt bei den Bäumen, hätten wir sie hier erwischt«, sagte ich zerknirscht. »Ich hätte es mir denken können. Sie haben den Burschen dort postiert, weil sie wussten, dass sie nicht mehr viel weiter reiten würden. Er hatte kein Pferd. Es ist so offensichtlich. Verdammt, der Prinz war gestern so nah, wir hätten nur die Hand auszustrecken brauchen …«
    »Dann kann er heute auch nicht weit sein. Es ist besser so, Fitz. Das Schicksal hat uns in die Hände gespielt. Zu zweit sind wir schneller und beweglicher und wir können noch hoffen, sie zu überrumpeln.«
    Stirnrunzelnd studierte ich die Spuren. »Nichts deutet darauf hin, dass Laurel und ihr Schützling hier vorbeigekommen sind. Man hat also einen Mann losgeschickt, um ihren Posten abzuholen, doch er kam allein zurück mit der Nachricht, dieser sei verschwunden. Was sie sich dabei gedacht haben, ist schwer zu sagen, aber eindeutig sind sie in größter Eile aufgebrochen, ohne sich um das Schicksal ihres Bogenschützen zu kümmern. Sie werden jetzt doppelt auf der Hut sein.«
    Ich kaute auf meiner Unterlippe. »Sie werden den Prinzen nicht kampflos hergeben.« Mein nächster Gedanke gefiel mir nicht, trotzdem sprach ich ihn aus. »Wir müssen davon ausgehen, dass sich auch der Prinz zur Wehr setzen wird. Selbst wenn er gutwillig mitkommt, große Hilfe können wir von ihm nicht erwarten. Gestern Nacht war er so unbestimmt …« Ich schüttelte den Kopf und schob meine Bedenken vorerst beiseite.
    »Wie sieht also unser Plan aus?«
    »Wir überrumpeln sie, wenn sich die Gelegenheit bietet, schlagen mit aller Härte zu, nehmen, weswegen wir gekommen sind, und geben Fersengeld. Und reiten nach Bocksburg wie die Wilde Jagd, weil wir erst dort in Sicherheit sind.«
    Er dachte den Gedanken bis zu dem Punkt weiter, vor dem ich zurückgescheut war. »Meine Schwarze ist stark und schnell. Zögere nicht, auf der Flucht mit dem Prinzen Malta und mich zurückzulassen, wenn wir euch aufhalten.«
    Und mich.
    Der Narr schaute zu Nachtauge hinunter, als ob er ihn gehört hätte.
    »Ich glaube nicht, dass ich das tun kann«, antwortete ich vieldeutig.
    Keine Angst Ich werde ihn beschützen.
    Eine schwere Last senkte sich auf meine Seele. Ganz tief in meinem Innern verschloss ich die bange Frage: Aber wer wird dich beschützen? Es würde nicht dazu kommen, gelobte ich mir. Ich würde keinen von beiden zurücklassen. »Ich habe Hunger«, bemerkte der Narr. Es war keine Beschwerde, nur eine Feststellung, trotzdem wünschte ich, er hätte es für sich behalten. Manche Dinge lassen sich leichter ertragen, wenn man

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