Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
sie starb, statt loszulassen, nistete sie sich im Bewusstsein ihrer Katze ein, um dort weiterzuleben. Sie missbraucht ihr Geschwistertier, eine schändliche Handlung für einen vom Alten Blut. Und sie hat die Katze benutzt, um dich zu verlocken und mit Worten von Liebe zu betören. Ich kann mir nicht denken, worauf sie am Ende hinauswill, aber sie führt nichts Gutes im Schilde. Und meine Freunde kostet es das Leben.«
Ich hätte wissen müssen, dass sie bei ihm war. Ich hätte wissen müssen, dass sie mir nicht erlauben konnte, ihm die Augen zu öffnen. Ein katzenhaftes Fauchen drang aus seinem Mund, als er auf mich lossprang, und es diente mir als Warnung. Ich beugte mich zur Seite, drehte mich hinter ihm her, krallte die Hand in den Rücken seines Hemdes und riss ihn zu mir zurück, umschlang ihn von hinten mit beiden Armen und drückte ihn fest an mich. Er warf den Kopf zurück, um mich im Gesicht zu treffen, erwischte aber nur mein Kinn. Mit diesem Trick konnte mich niemand überraschen, er gehörte zu meinem eigenen Standardrepertoire.
Es war kein Zweikampf, der die Bezeichnung verdiente. Pflichtgetreu befand sich in dem Stadium des Wachstums, wenn der Körper in die Höhe schießt, Arme und Beine viel zu lang scheinen und nichts recht zusammenpassen will, und er kämpfte mit der planlosen Hitzigkeit der Jugend. Ich hingegen war mit meinem Körper vertraut, hatte den Vorteil des größeren Gewichts und verfügte zudem über jahrelange Erfahrung. Da ihm die Arme an den Leib gepresst waren, konnte er nicht viel mehr tun als mit dem Kopf stoßen und mit den Füßen treten. Ich begriff, dass er noch nie auf diese Art mit jemandem gekämpft hatte. Natürlich nicht. Ein Prinz wurde in der Fechtkunst unterwiesen, nicht darin, sich mit den Fäusten zu prügeln. Er kannte auch nicht die Raufereien unter Brüdern, keinen Vater, der den Sohn ab und zu etwas rauer anfasste. Er hatte keine Ahnung, wie man sich gegen einen Angriff wie den meinen zur Wehr setzte. Er stemmte gegen mich, das Äquivalent eines mentalen Rammstoßes mit der Alten Macht. Wie Burrich es bei mir getan hatte – Götter, wie lange war das her! – ließ ich es von mir abprallen und zu ihm zurück. Er erschrak, doch im nächsten Moment verdoppelte er seine Anstrengungen. Ich spürte die Wut, die in ihm kochte. Es war, als würde ich gegen mich selbst kämpfen und ich wusste, er würde vor nichts zurückschrecken, um mich zu verletzen. Zu meinem Glück verausgabte sich seine blinde Raserei an seiner Unerfahrenheit. Er versuchte, sich mit mir hinzuwerfen, aber ich hielt ihn gut im Gleichgewicht. Seine Bemühungen, sich aus meiner Umschlingung zu winden, bewirkten lediglich, dass ich die Arme noch fester um ihn schloss. Sein Kopf war hochrot, als er sich plötzlich vornüber sinken ließ. Einen Moment hing er schlaff und nach Atem ringend in meinem Griff, dann flüsterte er dumpf: »Genug. Du hast gewonnen.«
Ich ließ los und rechnete damit, dass er in den Sand fallen würde. Stattdessen wirbelte er herum, mein eigenes Messer in der Hand und stieß es mir in den Bauch. Wenigstens war das seine Absicht. Die Schnalle meines Schwertgurts fing den Stoß ab, die Klinge rutschte am Leder des Gürtels entlang, stieß an mir vorbei ins Leere und verhedderte sich in meinem Hemd. Der blanke Stahl so dicht an meinem Fleisch machte mich ernsthaft wütend. Ich packte sein Handgelenk, riss es scharf nach oben und das Messer flog davon. Ein Faustschlag gegen die Halsseite warf ihn auf die Knie. Er stieß ein kätzisches Heulen aus, bei dem sich mir die Haare sträubten. Der hassfunkelnde Blick, den er auf mich richtete, war nicht der des Prinzen, sondern eine grausige Kombination aus Katze, Knabe und einer Frau, die sie beide auslöschen würde. Ihr Wille war es, der ihn dazu brachte, aufzuspringen und sich wieder auf mich zu stürzen.
Ich bemühte mich, ihn abzufangen und zu bändigen, aber er kämpfte wie eine Furie, kratzte und spuckte und riss an meinen Haaren. Ich schlug ihm die Faust mitten auf die Brust, was ihn zumindest hätte aufhalten sollen, doch er ging sofort wieder auf mich los, blindwütig, toll. Da wusste ich, dass sie ihn vollkommen in ihrer Gewalt hatte und dass ihr die Schmerzen gleichgültig waren, die ich ihm zufügte. Ich hätte ihn ernsthaft verletzen müssen, um ihn außer Gefecht zu setzen, und selbst in dieser Lage konnte ich mich nicht überwinden, das zu tun. Deshalb warf ich mich ihm entgegen, nahm ihn in die Arme und stieß ihn mit
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