Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
weiß verfärbt. Gar genug für mich.
    »Essen ist fertig!«, verkündete ich.
    »Ich habe keinen Hunger.« Stimme und Blick des Prinzen waren abwesend.
    »Iss trotzdem, solange es etwas zu essen gibt.« Ich sagte es im Ton einer beiläufigen Anordnung.
    Ob es mein Gabenbefehl war oder sein eigener gesunder Menschenverstand – schwer zu sagen, doch nachdem ich mich von den Meeresfrüchten bedient hatte, kam er um das Feuer herum und nahm sich seinen Anteil. In gewisser Weise erinnerte er mich an die erste Zeit mit Nachtauge. Der Welpe war misstrauisch und aggressiv gewesen, doch gleichzeitig pragmatisch genug, um zu erkennen, dass er wohl oder übel Futter von mir annehmen musste, wenn er am Leben bleiben wollte. Und der Prinz war sich vermutlich im Klaren darüber, dass er ohne mich kaum Aussichten hatte, in die Bocksmarken zurückzukehren, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit und halbwegs lebendig.
    Oder mein Gabenbefehl hatte sich derart fest in ihn eingebrannt, dass sogar ein Vorschlag von mir unbedingt befolgt werden musste.
    Das Schweigen währte so lange wie die Mahlzeit, sogar noch darüber hinaus. Schließlich brach ich es. »Letzte Nacht habe ich mir die Sterne angesehen.«
    Der Prinz nickte. Es dauerte etwas, bis er sagte: »Wir sind weit weg von zu Hause.«
    »Unter Umständen steht uns eine lange Reise bevor, ohne irgendwelche Ausrüstung. Weißt du, wie man sich in der Wildnis durchschlägt und unterwegs nur von dem ernährt, was man am Wegrand findet?«
    Erneut folgte meinen Worten ein Schweigen. Sein Stolz verbot ihm, mit mir zu reden, aber ich verfügte über Wissen, das er dringend brauchte. Ich hörte, welche Überwindung es ihn kostete, die Frage zu stellen. »Und der Weg, auf dem wir hergekommen sind? Ist er uns verschlossen?« Eine Falte grub sich zwischen seine Augenbrauen. »Wo hast du diese Art der Zauberei gelernt? Ist es die Gabe?«
    Ich brach ein kleines Stück Wahrheit ab und fütterte ihn damit. »König Veritas hat mich in der Gabe unterwiesen. Das ist lange her.« Damit er nicht weiterfragen konnte, fuhr ich schnell fort: »Ich habe vor, die Klippen am Ende des Strandes zu ersteigen und mich umzuschauen. Womöglich befinden wir uns ganz in der Nähe einer menschlichen Ansiedlung.« Wenn ich den Jungen hier lassen musste, wollte ich alles tun, um ihn an einem sicheren Ort unterzubringen, wo er auf meine Rückkehr warten konnte. Und falls der Gabenpfeiler nicht aus dem Wasser auftauchte, mussten wir uns auf einen langen Marsch nach Hause einstellen. Was das anging, war mein Entschluss eisern. Ich würde in die Bocksmarken zurückkehren und wenn es auf allen vieren war. Und dann – dann würde ich jeden einzelnen dieser Gescheckten aufspüren und ihnen einen langsamen Tod bereiten. Dieser Vorsatz wirkte als Ansporn, mich endlich in Bewegung zu setzen. Ich zog Strümpfe und Stiefel an. Die Federn lagen noch im Sand. Ein Fingerschnippen beförderte sie in meinen Hemdärmel. Später musste ich sie besser verstecken, ich hatte keine Lust, mir für den Prinzen langatmige Erklärungen auszudenken. Pflichtgetreu sagte nichts zu meinem Vorhaben, doch als ich aufstand und mich auf den Weg machte, schloss er sich mir an. An dem Süßwasserrinnsal machte ich Halt, um mich zu waschen und meinen Durst zu löschen. Der Prinz beobachtete mich, und als ich fertig war, kniete er sich etwas oberhalb von mir hin, um ebenfalls zu trinken. Während er beschäftigt war, band ich mir einen Streifen von meinem Hemd um den Unterarm und steckte die Federn dahinter. Als er zurückkam, waren sie wieder von meinem Ärmel verdeckt. Zusammen setzten wir unseren Weg fort. Das Schweigen fühlte sich an wie eine schwere Last, die wir zwischen uns trugen. Ich spürte, wie er über das nachdachte, was ich ihm über seine Angebetete erzählt hatte. In mir stauten sich Worte, es drängte mich, ihm einen Vortrag zu halten, ihm in grellen Farben auszumalen, was diese Frau mit ihm vorhatte, bis er es wirklich begriff. Und ich wollte ihn fragen, ob sie immer noch in seinem Bewusstsein war und lauschte. Doch ich biss mir auf die Zunge und fasste mich in Geduld. Er war nicht dumm. Ich hatte ihm gesagt, wie es war. Jetzt musste ich ihm Gelegenheit geben, sich darüber klar zu werden, welche Konsequenzen er daraus ziehen wollte.
    Zu meiner Erleichterung fanden wir keine weiteren Federn. Aber auch sonst fanden wir nichts Brauchbares, obwohl das Gestade mehr als die übliche Menge an Treibgut abzubekommen schien. Da gab es verrottete

Weitere Kostenlose Bücher