Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
gebürstet werden wollte, aber die Frau sagte immer, dafür wäre keine Zeit. Katze wurde dünner, und ihr Fell war stumpf. Ich machte mir Sorgen, aber die Frau sagte, dazu wäre kein Grund, es wäre nur die Rolligkeit, und es ginge vorüber. Und ich glaubte ihr. Obwohl die Katze sich wünschte, gebürstet zu werden.« Seine Miene war bedrückt.
»Es hat mir kein Vergnügen gemacht, dir das zu sagen.«
»Ich nehme an, das ist jetzt nicht mehr wichtig.«
Anschließend schwiegen wir beiden geraume Zeit, während ich versuchte herauszufinden, was er mit seinen letzten Worten gemeint haben könnte. Nicht wichtig, dass es mir leid tat, oder nicht wichtig, dass sie tot war?
»Ich habe so viele Dinge geglaubt, die sie mir erzählt hat. Aber ich wusste schon, dass – sie kommen jetzt. Die Krähe hat sie gerufen.« Ein Unterton von Bedauern schlich sich in seine Stimme, die nächsten Worte kamen stockend. »Sie wussten, dass man den Obelisken bewachen musste, nach den vielen Sagen, die sich darum ranken. Aber sie hat nicht zugelassen, dass ich dich warne. Bis jetzt. Nachdem es nicht mehr darauf ankommt. Jetzt findest sie es sogar amüsant.« Plötzlich richtete er sich aus seiner gebeugten Haltung auf. Ein Leuchten trat auf sein Gesicht. »Oh, Katze«, hauchte er.
Panik flammte in mir auf. Ich kämpfte dagegen an. Ein hastiges Absuchen des Horizonts zeigte mir niemanden, nichts. Doch er hatte behauptet, sie kämen, und ich war überzeugt, dass er nicht log. Solange er bei mir war und mit der Katze verbunden, konnte ich nicht hoffen, unentdeckt zu bleiben. Auch wenn ich mich hinter ihm auf Meine Schwarze warf und sie jagte, bis sie tot zusammenbrach, ein Entkommen war unmöglich. Bocksburg war zu weit entfernt und einen anderen sicheren Ort gab es nicht, nirgends Verbündete. Und eine Krähe war ihr Kundschafter. Ich hätte es mir denken können.
Ich ließ alle Vorsicht fahren und griff hinaus nach meinem Wolf. Wenigstens wollte ich wissen, ob er noch am Leben war.
Ich berührte ihn. Schmerz brach über mich herein wie eine Feuerwoge. Mir widerfuhr das Einzige, was noch schlimmer war, als nicht zu wissen, wie es um ihn stand. Ich wusste nun, dass er lebte und litt und immer noch schloss er mich aus seinem Bewusstsein aus. Ich warf mich gegen seine Mauern, aber sie gaben nicht nach. So ehern war seine Abwehr, dass ich mich fragte, ob er sich meiner überhaupt bewusst war. Ich fühlte mich an einen Soldaten erinnert, der verwundet niedergestreckt sein Schwert umklammert hält, das zu brauchen er nicht mehr die Kraft hat, oder an Wölfe, die ineinander verbissen sich gegenseitig erwürgen.
In der Frist dieses Augenblicks, der Dauer eines gequälten Atemzugs, waren die Gescheckten da, erschienen auf dem Hügelkamm über uns, kamen aus dem Wäldchen linkerhand zum Vorschein. Ein Trupp näherte sich von hinten, auf der Grasebene, sechs Mann, wenn ich richtig zählte. Der Hüne auf dem Streitross war bei ihnen. Die Krähe flog über uns hinweg, und diesmal tönte ihr Krächzen spöttisch. Vergeblich suchte ich nach einer Lücke in der Umzingelung. Es gab keine. Bis ich auf Meine Schwarze gestiegen und angaloppiert wäre, konnte man mir ohne Mühe jeden Fluchtweg verlegen. Aus jeder Richtung ritt der Tod auf mich zu. Ich blieb stehen und zog mein Schwert, dabei kam mir der törichte Gedanke, dass ich es vorgezogen hätte, mit Veritas’ Klinge in der Hand zu sterben, statt mit diesem gebrauchten Katzbalger. Ich wartete.
Oh, sie hatten es nicht eilig. Im Schlenderschritt kamen sie näher; mir erschien es wie das langsame, aber stetige Zuziehen einer Würgeschlinge. Vielleicht wollten sie auskosten, wie das gestellte Wild seine aussichtslose Lage erkannte und verzweifelte. Mir blieb viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Ich schob das Schwert zurück in die Scheide und nahm stattdessen das Messer zur Hand. »Steig ab«, forderte ich Pflichtgetreu auf. Er schaute mich verständnislos an. »Absteigen«, wiederholte ich im Befehlston, und er gehorchte, allerdings musste ich zugreifen und ihn halten, weil er einknickte und zu stürzen drohte, während sein linker Fuß noch im Steigbügel hing. Als er auf dem Boden stand, schlang ich einen Arm um seine Brust und setzte ihm vorsichtig das Messer an die Kehle. »Es tut mir Leid«, sagte ich und meinte es ernst. Entschlossenheit strömte wie Eiswasser durch meine Adern. »Aber besser tot als das, was die Frau mit dir im Sinn hat.«
Er hielt vollkommen still. Ich wusste nicht, ob er Angst
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