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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hinzu: »Sie will auch nicht, dass ich mit dir spreche. Oder dir zuhöre. Es ist schwer. Sie bedrängt mich.«
    »Habt Ihr den Wunsch, mich zu töten?«
    Wieder ließ er sich mit der Antwort Zeit, beinahe als müsste er die Worte, nachdem er sie gehört hatte, einzeln nehmen, von allen Seiten betrachten und wieder einordnen. Und ich bekam doch keine Antwort auf meine Frage, denn mit seiner nächsten Bemerkung wechselte er das Thema.
    »Du hast gesagt, sie wäre tot. Das hat sie sehr erzürnt.«
    »Weil es die Wahrheit ist.«
    »Sie sagte, sie würde es erklären. Später. Sie sagte, das müsse mir genügen.« Er schaute mich nicht an, doch als ich den Blick auf ihn richtete, drehte er den Kopf ganz zur Seite, wie um sicherzugehen, dass seine Augen nicht unwillkürlich zu meinem Gesicht irrten. »Dann war – dann war sie ich. Und sie hat dich mit dem Messer angegriffen. Weil ich – es nicht getan hatte.« Ich konnte nicht beurteilen, ob er verwirrt war oder beschämt.
    »Mich nicht getötet hattest?«, soufflierte ich das Wort.
    »Nicht wollte«, nickte er.
    Ich staunte, mit welcher Dankbarkeit ich dieses kleine Stückchen Wissen aufnahm. Er hatte sich geweigert, mich zu ermorden, während ich glaubte, allein mein Gabenbefehl wäre das Hindernis gewesen. »Ich habe mich ihr widersetzt. Schon einige Male habe ich sie enttäuscht, aber diesmal ist sie wirklich zornig auf mich.«
    »Und als Strafe für Euren Ungehorsam stößt man Euch weg und schließt Euch aus.«
    Er bewegte einmal langsam und entschieden den Kopf von einer Seite zur anderen. »Nein. Die Katze kümmert es nicht, ob ich dich töte oder nicht. Sie wäre immer bei mir. Aber die Frau – sie ist enttäuscht über meinen Mangel an Ergebenheit. Deshalb – trennt sie uns. Mich von der Katze. Die Frau denkt, ich hätte freudig ihrem Wunsch willfahren müssen. Wie können sie mir vertrauen, wenn ich nicht bereit bin, in allen Dingen meine Loyalität zu beweisen?«
    »Und Ihr beweist Eure Loyalität, indem Ihr tötet, wenn man Euch befiehlt zu töten?«
    Er schwieg lange, und ich hatte Muße, eigenen Gedanken nachzuhängen. Ich hatte getötet, wenn man mir befahl zu töten. Absoluter Gehorsam gehörte zu meinem dem König geleisteten Vasalleneid, war Teil des mit meinem Großvater geschlossenen Handels. Er versprach, mir eine Erziehung zu geben, wenn ich ihm Ergebenheit gelobte.
    Ich stellte fest, dass ich nicht wollte, dass Kettrickens Sohn jemandem auf diese Art ergeben war.
    Er seufzte. »Es war – sogar noch mehr als das. Sie will die Entscheidungen treffen. Alle Entscheidungen. Immer. Genau wie sie der Katze sagt, was sie jagen soll, und ihr dann die Beute wegnimmt. Wenn sie uns – zu sich nimmt, fühlt es sich an wie Liebe. Aber sie kann sich auch von uns entfernen und dennoch stehen wir unter ihrem Bann …« Er konnte mir ansehen, dass ich nicht verstand, was er erklären wollte. Nach einer Weile fügte er bedrückt hinzu: »Es gefiel mir nicht, als sie meinen Körper benutzte, um dich anzugreifen. Auch wenn es nicht darum gegangen wäre, dich zu töten, hätte es mir nicht gefallen. Sie schubste mich einfach zur Seite, genau wie …« Es wollte ihm nicht über die Zunge. Ich rechnete ihm hoch an, dass er sich endlich doch überwand, es auszusprechen. »Genau wie sie die Katze weggeschubst hat, wenn sie keine Lust hatte zu tun, was Katzen gern tun. Wenn sie es satt hatte, gebürstet zu werden oder nicht mehr spielen mochte. Der Katze gefällt es auch nicht, aber sie weiß nicht, wie man sich wehrt. Ich weiß es. Ich wehrte mich, und das missfiel ihr. Es missfiel ihr auch, dass die Katze mitbekam, wie ich es tat. Ich glaube, das ist der Hauptgrund für meine Bestrafung: dass ich zurückgeschubst habe.« Er schüttelte den Kopf, selbst verwundert, und meinte dann: »Sie ist so wirklich. Wie kannst du überzeugt sein, dass sie tot ist?«
    Ich konnte ihn nicht anlügen. »Ich fühle es. Nachtauge ebenfalls. Er sagt, die Katze ist innerlich zerfressen von ihr wie von Würmern, die sich durch ihr Fleisch bohren. Er hatte Mitleid mit der Katze.«
    »Oh.« Es klang sehr klein. Ich warf einen Blick zu ihm hinauf und fand, dass er jetzt mehr grau als blass aussah. Sein Blick wurde abwesend, folgte seinen Gedanken in die Vergangenheit. »In der ersten Zeit als sie bei mir war, liebte sie es, gebürstet zu werden. Ich pflegte ihr Fell bis es weich war wie Seide und glänzte. Doch nachdem wir Bocksburg verlassen hatten – nun, manchmal war es so, dass die Katze

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