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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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glanzlos, und ich konnte fühlen, wie die Knochen der Wirbelsäule durch ihre Haut stachen. Die Flöhe verließen den toten Wirt; es waren viel zu viele für ein gesundes Tier. Als ich der Heilerin die Katze in die Arme legte, sah ich in ihrem Gesicht Zorn leuchten. Sie sprach sehr leise, sodass Pflichtgetreu wahrscheinlich nicht verstehen konnte, was sie sagte, aber ich. »Nicht einmal, dass die Katze sich nach Katzenart pflegt, hat sie geduldet. Sie hat sie gänzlich beiseite gedrängt und wollte eine Frau in einem Katzenfell sein.«
    Peladine hatte der Nebelkatze menschliche Lebensart aufgezwungen. Sie versagte ihr das ausgiebige Schlafen und Dösen, das Sattfressen an der Beute und die genussvolle Körperpflege, die das naturgegebene Recht einer geschmeidigen kleinen Raubkatze sind. Solches war die Art der Gescheckten, die Alte Macht eigensüchtig zu gebrauchen, nur für ihre eigenen, menschlichen Zwecke. Mir drehte sich der Magen um.
    Die Heilerin trug die tote Katze nach draußen; der Prinz und ich gingen hinter ihr her, Nachtauge zwischen uns. Ein halb fertiger Grabhügel erwartete den kleinen Leichnam. Sämtliche Leute, die Rehgesell mitgebracht hatte, versammelten sich, um der Bestattung beizuwohnen. In ihren Augen stand Trauer, aber Mienen und Haltung verrieten tiefen Respekt.
    Die Heilerin übernahm es zu sprechen, weil Pflichtgetreu zu tief in seinen Kummer versunken war. »Sie ist gegangen, fort von dir, auf einem Weg, den sie allein beschreiten muss. Sie starb für dich, um euch beiden die Freiheit wiederzugeben. Halte in Ehren die Katzenspuren, die sie in deine Seele geprägt hat. Tu von dir ab das Menschsein, welches du mit ihr geteilt hast. Ihr seid nun getrennt.«
    Der Prinz taumelte, als man die letzten Steine auf die Katze legte und das totenstarre, grimmige Zähnefletschen zudeckte. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, um ihn zu stützen, aber er schüttelte die Berührung ab, als hätte ich die Pest. Ich nahm es ihm nicht übel. Sie hatte mir befohlen, sie zu töten, hatte getan, was sie konnte, um mich zu der Tat zu zwingen und dennoch, ich erwartete nicht, dass er mir je verzeihen konnte, ihr Henker gewesen zu sein. Gleich nach dem Ende der Zeremonie brachte die Heilerin dem Prinzen einen Trunk. »Dein Teil an ihrem Tod«, sagte sie, als sie ihm den Becher reichte, und er hatte ihn hinuntergestürzt, ehe Fürst Leuenfarb oder ich es verhindern konnten. Dann bedeutete sie uns, dass ich ihn zurück in die Höhle führen sollte. Dort legte er sich an der Stelle hin, wo seine Katze gestorben war, und erneut übermannte ihn der Jammer.
    Ich weiß nicht, was die Heilerin ihm für einen Trank bereitet hatte, aber das herzzerreißende Schluchzen des Jungen ging irgendwann über in den rauen Atem eines ohnmachtsähnlichen Schlafs. Wenn ich ihn anschaute, wie er dalag, sah er mir nicht ruhig und gelöst aus, nicht wie jemand, der sich gesund schläft. »Ein kleiner Tod«, hatte sie erklärt und mir große Angst eingejagt. »Ich gebe ihm seinen eigenen kleinen Tod, eine Zeit der Leere. Er ist gestorben, musst du wissen, als die Katze getötet wurde. Er braucht diese leere Zeit, um mit ihr tot zu sein. Betrüge ihn nicht darum.«
    Tatsächlich war sein Schlaf so tief, dass er ihn bis an die Schwelle des Todes führte. Die Heilerin bettete ihn auf eine Lagerstatt und ordnete seine Glieder wie die eines Gestorbenen, dabei schimpfte sie: »Sieh sich einer die Blutergüsse an seinem Hals und Rücken an. Wie kann man ein halbes Kind nur so misshandeln?«
    Ich schämte mich zuzugeben, dass die Prügelmale von mir stammten, deshalb stand ich schweigend daneben, während sie ihn kopfschüttelnd warm zudeckte. Endlich wandte sie sich von ihm ab und winkte mich schroff zu sich, um ihr meine Blessuren zu zeigen. »Der Wolf auch. Nachdem der Junge nun versorgt ist, kann ich mich um euch kümmern. Seine Verletzung ist um vieles schlimmer als alles, was blutet.«
    Sie wusch unsere Wunden mit warmem Wasser und bestrich sie mit einer fettigen Salbe. Nachtauge ließ alles über sich ergehen, ohne sich zu rühren. Ich spürte kaum, dass er da war, so fest schottete er sich gegen die Schmerzen ab. Während sie die Kratzer auf meiner Brust und meinem Bauch behandelte, warf sie mir gelegentlich in strengem Ton eine Bemerkung hin. Ich schrieb es der Wirkung von Jinnas Amulett zu, dass sie sich überhaupt herabließ, mit einem Abtrünnigen wie mir zu sprechen.
    Aber das Einzige, was sie zu dem Amulett sagte, war, dass es

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