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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mir vermutlich das Leben gerettet hatte. »Die Katze wollte dich töten, daran besteht kein Zweifel«, meinte sie. »Aber es war nicht ihr Wille und nicht ihre Schuld, gewiss nicht. Und es ist auch nicht die Schuld des Jungen. Schau ihn dir an. Er ist nach unseren Bräuchen immer noch ein Kind, bei weitem zu jung, um sich zu verschwistern«, tadelte sie mich Vorwurfsvoll, als wäre es meine Schuld. »Er weiß nichts von unseren Regeln, und sieh doch, wie er darum leiden muss. Ich will dich nicht belügen. Es ist gut möglich, dass er an dem Verlust stirbt oder eine Verdüsterung des Gemüts erfährt, die bis ans Ende seiner Tage nicht von ihm weicht.« Mit einem Ruck zog sie den Verband um meinen Bauch stramm. »Jemand sollte ihn die Wege des Alten Bluts lehren. Die richtige Art, mit seiner Magie umzugehen.« Sie hob die Augenbrauen und schaute mich abwartend an, aber ich blieb stumm. Als sie sich umdrehte und wegging, schnaubte sie verachtungsvoll.
    Nachtauge hob müde den Kopf und legte ihn auf mein Knie. Ich war mit Salbe und geronnenem Blut verschmiert. Er richtete den Blick auf den schlafenden Jungen. Wirst du sein Lehrer sein?
    Ich bezweifle, dass er Wert darauf legt, von mir etwas zu lernen. Ich bin der Mörder seines Geschwistertiers.
    Wenn nicht du, wer dann?
    Ich ließ die Frage offen und streckte mich im Dunkeln neben ihm aus. Wir lagen zwischen dem Erben der Weitseher und dem Rest der Welt.
    Nicht weit von uns, im mittleren Bereich der Höhle, saß Rehgesell mit Fürst Leuenfarb am Feuer in einer Runde, zu der auch Laurel gehörte, die Heilerin und zwei weitere Eltren. Ich beobachtete sie zwischen den Wimpern hindurch. Die anderen unserer Retter schienen mit den üblichen Verrichtungen beschäftigt zu sein, die beim Kampieren zum Abend anfallen. Einige hatten es sich hinter Rehgesell auf ihren Deckenrollen bequem gemacht. Sie schienen es zufrieden zu sein, den jungen Mann für sich sprechen zu lassen, doch ein Gefühl sagte mir, dass es sich bei ihnen möglicherweise um diejenigen handelte, die in der Gruppe das Sagen hatten. Einer rauchte eine langgestielte Pfeife. Ein anderer, mit Bart, war hingebungsvoll damit beschäftigt, sein Gürtelmesser zu schärfen. Das Schaben des Wetzsteins war eine monotone Untermalung des Stimmengemurmels. Ihrer lässigen Pose zum Trotz spürte ich, wie gespannt sie auf das lauschten, was am Feuer geredet wurde. Rehgesell mochte für sie sprechen, aber ich fühlte, sie achteten genau darauf, dass er das sagte, was er sagen sollte.
    Natürlich dachte man nicht daran, Tom Dachsenbless mit in die Runde zu bitten, um auch ihm zu erklären, wofür er seinen Kopf hingehalten und sein Blut vergossen hatte. Was war denn Tom Dachsenbless anderes als ein Abtrünniger von seinesgleichen, ein Lakai der Krone? Er war um vieles verachtenswerter als Laurel, denn obwohl aus dem Schoß einer Familie vom Alten Blut geboren, hatte sie die Magie nicht geerbt. Man erwartete von ihr, dass sie wie auch immer ihren Weg in der Welt machte, auf ewig halb blind und taub für das Leben, das um sie herum blühte und summte und brodelte. Keine Schande für sie, dass sie Jagdmeisterin der Königin war. Ich spürte sogar einen verqueren Stolz bei denen vom Alten Blut, dass eine von ihnen, ihrer Behinderung zum Trotz, so hoch hatte steigen können. Ich jedoch leugnete absichtlich mein Blut, und alles zwiehafte Volk machte einen großen Bogen um mich.
    Einer kam mit Fleisch auf Spießen und hängte es übers Feuer. Der Geruch erinnerte mich an etwas.
    Hunger? , fragte ich Nachtauge.
    Zu müde zum Essen, lehnte er ab, und ich schloss mich ihm an. Davon abgesehen scheute ich mich, Leute um Essen zu bitten, die uns unverhohlen aus ihrer Gemeinschaft ausschlossen. Es hatte sein Gutes, wir ruhten ungestört im äußeren Kreis der Dunkelheit. Ich schluckte noch daran, dass der Narr nur wenige Worte an mich gerichtet hatte. Ein Fürst Leuenfarb hatte eben nichts mit den Schrammen eines Dieners zu schaffen, ebenso wenig wie es Tom Dachsenbless anstand, ein Aufhebens um die Launen seines Herrn zu machen. Wir mussten auch weiterhin unsere Rollen spielen. Folglich stellte ich mich schlafend, doch unter gesenkten Lidern beobachtete ich die Runde am Feuer und hörte zu, was gesprochen wurde.
    Anfangs drehte sich die Unterhaltung um allgemeine Dinge; ich schnappte das ein oder andere auf und zog daraus meine Schlussfolgerungen. Rehgesell berichtete Laurel, was es in der Familie eines gemeinsamen Ohms Neues gab. Das

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