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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wenn sie das entsprechende Alter erreichen, fortgeschickt werden, auf eine Art von Suche, um ein Geschwistertier zu finden. Dabei ist es nicht so, dass man ein Tier mit der entsprechenden Fähigkeit auswählt und es sich wie einen Tanzbären dienstbar macht. Vielmehr geht die Hoffnung dahin, dass der Suchende einem gleichgesinnten Tier begegnen wird, sei es ein Wild-oder Haustier, welches gewillt ist, eine Verschwisterung einzugehen. Einfach ausgedrückt, muss das Tier, damit ein solcher Bund geschlossen werden kann, im gleichen Maß der Alten Macht teilhaftig sein wie der Mensch. Obwohl ein Zwiehafter sich bis zu einem bestimmten Grad mit jedem Tier ins Einvernehmen setzen kann, wird keine Verschwisterung Zustandekommen, wenn das Tier nicht über ebenbürtige Fähigkeiten verfügt und dem Menschen zugeneigt ist.
    Doch jede Beziehung birgt die Gefahr des Missbrauchs. Wie es vorkommt, dass ein Ehemann sein Weib prügelt, oder die Frau durch verächtliche Rede und Geringschätzung die Seele des Mannes zerstört, so geschieht es auch, dass ein Mensch sein Geschwistertier unterdrückt Am häufigsten geschieht dies, wenn ein Zwiehafter Mensch sich ein Geschwistertier erwählt, welches noch zu jung ist, um das Ausmaß dieser Entscheidung fürs Leben zu begreifen. Seltener sind solche Fälle, wo Tiere ihre verschwisterten Menschen demütigen oder knechten, aber man hat davon gehört. Zum Beispiel soll die volkstümliche Ballade von Strabanz Grausohn auf dem Schicksal eines Mannes beruhen, der so töricht war, sich mit einem wilden Ganter zu verschwistern. Hernach verbrachte er sein ganzes Leben damit, den Jahreszeiten zu folgen, wie sein Geschwistertier es tat
    DACHSENBLES’
›GESCHICHTEN VON DER ALTEN MACHT‹
    Es war der dritte Tag von des Narren Besuch und der Morgen dämmerte zu hell und zu früh. Der Narr war vor mir auf und falls das Gelage der letzten Nacht für ihn Folgen hatte, ließ er sich nichts anmerken. Schon jetzt versprach es, ein heißer Tag zu werden, deshalb hatte er nur ein kleines Kochfeuer angezündet, gerade ausreichend, um den Haferbrei fürs Frühstück zu kochen. Ich ließ derweil die Hühner hinaus und brachte Vierklee und die Stute des Narren zu einem Wiesenhang am Meer. Das Pony ließ ich frei grasen, bei Malta hielt ich es für besser, sie anzupflocken. Sie bedachte mich dafür mit einem vorwurfsvollen Blick, begann dann aber zu grasen, als wäre die karge Weide genau das, worauf sie jetzt Lust hatte. Ich blieb eine Zeit lang stehen und schaute auf die unruhige See. Sie lag unter der hellen Morgensonne wie gehämmertes blaues Metall. Eine ganz leichte Brise wehte landeinwärts und strich durch mein Haar. Mir war, als hätte jemand laut zu mir gesprochen, und ich wiederholte die Worte: »Zeit für eine Veränderung.«
    Eine Zeit der Veränderung, hörte ich den Wolf wie ein Echo. Es war nicht genau das, was ich gesagt hatte, doch es erschien mir zutreffender. Ich reckte mich, rollte die Schultern und ließ mir von dem tändelnden Lüftchen die Kopfschmerzen wegblasen. Ich hob meine Hände und betrachtete sie, lange und forschend. Es waren die Hände eines Bauern, grob und schwielig, dunkel gegerbt von Erde und Wetter. Ich kratzte meine stoppeligen Wangen; seit Tagen hatte ich mir nicht mehr die Mühe gemacht, mich zu rasieren. Meine Kleider waren solide und sauber, doch wie meine Hände trugen sie die Spuren meiner täglichen Arbeit und waren überdies geflickt. Alles was eben noch richtig und bequem gewesen war, schien plötzlich eine Verkleidung zu sein, eine Maskerade, um mich in der Ruhezeit einer Metamorphose zu schützen. Plötzlich verlangte es mich danach, aus meinem Leben auszubrechen und – nicht Fitz zu sein, der ich gewesen war, sondern Fitz, wie er hätte werden können, wenn er nicht für die Welt gestorben wäre. Ein seltsamer Schauer überlief mich. Aus heiterem Himmel fiel mir ein Sommermorgen aus meiner Kindheit ein, als ich beobachtete, wie ein Schmetterling sich unter Mühen aus seiner Puppenhülle befreite. Hatte es ihn dazu getrieben, weil er spürte, die Starre und Undurchsichtigkeit, die ihn so lange geschützt hatte, war zu beengend geworden, um sie noch länger zu ertragen?
    Ich holte tief Atem, hielt ihn an und stieß ihn seufzend aus. Meine plötzliche Unzufriedenheit sollte damit verschwinden, und das tat sie, aber nicht vollständig. Eine Zeit der Veränderung, hatte der Wolf gesagt. »Nun gut. Und zu was verändern wir uns?«
    Du? Das weiß ich nicht. Ich weiß

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