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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nur, dass du dich veränderst und manchmal macht es mir Angst. Was mich angeht, die Veränderung ist leichter zu erklären. Ich werde alt.
    Ich schaute ihn an. »Das werde ich auch.«
    Nein. Du wirst älter, aber du wirst nicht alt, wie ich alt werde. Das ist so, und wir beide wissen es.
    Es zu leugnen, wäre Heuchelei gewesen. »Und folglich?« fragte ich herausfordernd, um den Stier bei den Hörnern zu packen und mein aufkeimendes Unbehagen zu überspielen.
    Folglich nähern wir uns einer Zeit der Entscheidung. Und es sollte unsere Entscheidung sein, nicht etwas, das von außen kommt und uns zwingt, dieses oder jenes zu tun. Ich denke, du solltest dem Narren von unserer Zeit bei denen mit der Alten Macht erzählen. Nicht weil er für uns entscheiden kann oder will, sondern weil wir beide besser denken können, wenn wir unsere Gedanken mit ihm teilen.
    Dies war eine sehr sorgfältig aufgebaute Überlegung des Wolfs, eine fast allzu menschliche Logik von dem Teil von mir, der auf vier Beinen lief. Ich warf mich neben ihm auf die Knie und schlang die Arme um seinen Nacken. Von einer Bangigkeit erfüllt, über deren Ursachen ich mir nicht Rechenschaft abzulegen wagte, drückte ich ihn fest an mich, als könnte ich ihn in meine Brust hineinschieben und dort für ewig bewahren. Er duldete es einen Moment lang, dann senkte er den Kopf und wand sich aus meiner Umschlingung. Ein paar Sprünge von mir entfernt, blieb er stehen, schüttelte sein zerzaustes Fell zurecht und schaute dann aus schmalen Augen unverwandt aufs Meer hinaus, als erkunde er ein neues Jagdrevier. Ich seufzte. »Ich erzähle es ihm. Heute Abend.«
    Er schaute mich über die Schulter hinweg an, die Nase tief, die Ohren nach vorn gespitzt. Ein Funke des alten Schalk irrlichterte in seinen Augen. Ich weiß, das wirst du, kleiner Bruder. Keine Bange.
    Dann, mit einem Satz, der seine Hundejahre Lügen strafte, schnellte er davon und wurde zu einem grauen Strich, der blitzartig zwischen Strauchwerk und Grasinseln verschwand. Meine Augen konnten ihm nicht folgen, so geschickt war er, doch mein Herz begleitete ihn, wie stets. Mein Herz, dessen war ich gewiss, würde ihn immer aufspüren können, würde immer einen Ort finden, an dem wir uns trafen und eins waren. Ich schickte diesen Gedanken hinter ihm her, doch ich erhielt keine Antwort.
    Nach einem Umweg über den Hühnerstall, wo ich die Eierausbeute des Tages einsammelte, kehrte ich in die Hütte zurück. Der Narr garte Eier in der Glut, während ich Tee aufbrühte. Wir nahmen unser Frühstück mit nach draußen in den blauen Morgen und machten es uns auf der Veranda gemütlich. Der Wind vom Meer drang nicht bis in mein kleines Tal. Die Blätter der Bäume hingen still an den Zweigen. Nur die Hühner waren rege, gackerten und scharrten auf dem staubigen Hof.
    Mir war nicht bewusst, wie lange mein Schweigen schon währte, bis der Narr es brach. »Schön ist es hier«, bemerkte er und zeigte mit dem Löffel auf die Baumreihen. »Der Bach, der Wald, das Meer nahebei. Ich verstehe, dass du lieber hier sein willst als in Bocksburg.«
    Er hatte immer ein Talent gehabt, meine Gedanken auf den Kopf zu stellen. »Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass ich lieber hier sein will«, antwortete ich langsam. »Ich habe nicht den einen Ort mit dem anderen verglichen und mich dann für diesen entschieden. Es hat sich so gefügt, dass wir in einem Winter vor Jahren in dieser Gegend in einen bösen Sturm geraten sind, und als wir unter den Bäumen Schutz suchten, stießen wir auf alte Karrengleise. Sie führten uns zu einer verlassenen Hütte – dieser hier –, und wir gingen hinein.« Ich zuckte die Achseln. »Und sind geblieben.«
    Er legte den Kopf schräg. »Obwohl dir die ganze weite Welt offen stand, um irgendwo ein neues Zuhause zu wählen, hast du nicht gewählt. Du hast einfach eines Tages aufgehört zu wandern.«
    »Offensichtlich.« Die nächsten Worte, die mir auf die Lippen drängten, hätte ich fast hinuntergeschluckt, denn sie schienen mir nicht zum Thema zu gehören. »Ingot liegt nicht weit von hier.«
    »Deshalb hat es dich hergezogen?«
    »Das glaube ich nicht. Ich bin dort gewesen, habe mir die Ruinen angesehen und mich erinnert. Eine Geisterstadt. Normalerweise zieht ein verlassener Ort Leute an, die alles noch Brauchbare wegschleppen. Aber nicht Ingot.«
    »Zu viele böse Erinnerungen«, meinte der Narr. »Ingot war nur der Anfang, doch was dort geschehen ist, hat sich den Menschen unauslöschlich

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