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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gepasst hätten.«
    Er schluckte einen Bissen hinunter. »Nicht meine Prophezeiungen waren nebulös, sondern dein Verständnis davon. Bei meiner Ankunft habe ich dich gewarnt, dass ich wieder in dein Leben trete, nicht weil ich es will, sondern weil das Schicksal mich zwingt. Das soll nicht heißen, dass ich nicht den Wunsch hatte, dich wiederzusehen. Ich meinte nur, wenn ich dir irgendwie ersparen könnte, tun zu müssen, was wir tun müssen, würde ich es tun.«
    »Und was ist das genau, was wir tun müssen ?«
    »Genau?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Genau. Exakt. Präzise.«
    »Nun ja, wenn du darauf bestehst. Also genau, exakt und präzise, was wir tun müssen. Wir müssen die Welt retten, du und ich. Wieder einmal.« Er lehnte sich zurück und balancierte den Stuhl auf den Hinterbeinen, dabei schaute er mich aus großen Unschuldsaugen an.
    Ich drückte verzweifelt die Handballen an die Stirn, doch er grinste wie ein Honigkuchenpferd und schließlich konnte ich mein eigenes Lächeln nicht mehr unterdrücken. »Wieder einmal? Ich kann mich nicht erinnern, dass wir es ein erstes Mal getan hätten.«
    »Aber ja doch! Du bist am Leben, etwa nicht? Und es gibt einen Erben für den Thron der Weitseher. Folglich haben wir den Lauf der Zukunft geändert. In dem ausgefahren Gleis des Schicksals warst du der Stein, mein lieber Fitz. Du hast das malmende Rad aus der Spur gehoben und auf eine neue Bahn gebracht. Nun müssen wir natürlich dafür sorgen, dass es dort bleibt und das könnte schwieriger sein als alles andere.«
    »Und was, genau, exakt und präzise, müssten wir tun, um das zu erreichen?« Ich wusste, ich war in Gefahr, wieder Opfer eines seiner Narrenpossen zu werden, doch wie stets, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen.
    »Ganz einfach.« Er aß einen Löffel Ei und genoss meine Ungeduld. »Sehr einfach, genau genommen.« Er schob die Eier auf dem Teller herum, aß noch einen Happen und legte den Löffel hin. Als er den Kopf hob und mich anschaute, war das Lächeln verblasst. Seine Stimme klang ernst. »Ich muss nur dafür sorgen, dass du am Leben bleibst. Wieder einmal. Und du musst dafür sorgen, dass der junge Weitseher den Thron besteigt.«
    »Und der Gedanke, dass ich am Leben bleibe, macht dich traurig?«, forschte ich perplex.
    »Aber nein, nicht doch. Der Gedanke, was du wirst durchmachen müssen, um am Leben zu bleiben, macht mir das Herz schwer.«
    Ich schob meinen Teller weg; mir war der Appetit vergangen. »Du sprichst in Rätseln.«
    »Keineswegs. Das behauptest du nur, weil es dann leichter ist, für uns beide. Aber diesmal, mein Freund, werde ich dir alles haarklein auseinandersetzen. Denk zurück an unser letztes Abenteuer. Gab es nicht Augenblicke, da der Tod leichter und weniger qualvoll gewesen wäre als das Leben?«
    Seine Worte bohrten sich wie Splitter aus Eis in meinen Magen, aber ich bot ihm Paroli. »Ja und? Ist es nicht eigentlich immer so?«
    Nur sehr wenige Male in meinem Leben ist es mir gelungen, den Narren sprachlos zu machen. Dies war eine dieser raren Gelegenheiten. Er starrte mich an, seine fremdartigen Augen wurden größer und größer. Dann strahlte ein breites Grinsen über sein Gesicht. Er stand so abrupt auf, dass er fast den Stuhl umgeworfen hätte, sprang auf mich zu und umarmte mich heftig. »Aber natürlich ist es so«, flüsterte er mir ins Ohr. Und dann, so laut, dass mir fast die Trommelfelle platzten: »Aber natürlich ist es so!«
    Bevor ich mich aus seiner erstickenden Umarmung befreien konnte, sprang er zurück, schlug einen Purzelbaum, dass seine Alltagskleider flatterten wie früher sein Narrengewand, und schnellte leichtfüßig auf den Tisch hinauf. Dort stellte er sich in Positur und warf die Arme weit auseinander, als stünde er noch einmal vor König Listenreichs versammeltem Hofstaat und nicht vor einem Publikum aus nur einer Person. »Der Tod ist immer einfacher und weniger schmerzhaft als das Leben. Bravo, Firlefitz, du hast es erkannt! Und doch entscheiden wir uns, vor die Wahl gestellt, gemeinhin nicht für den Tod. Denn genau betrachtet ist der Tod nicht das Gegenteil von Leben, sondern das Gegenteil der Freiheit zu wählen. Tod ist, was einem zuteil wird, wenn man keine andere Wahl mehr hat. Habe ich Recht?«
    Ansteckend wie seine überdrehte Laune war, brachte ich es dennoch fertig, den Kopf zu schütteln. »Das kann ich nicht beurteilen.«
    »Dann nimm mein Wort dafür. Ich habe Recht. Denn bin ich nicht der Weiße

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