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Die Zweitfrau

Die Zweitfrau

Titel: Die Zweitfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ploetz
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und leicht reizbar. Er flieht in sein Zimmer, taucht nur noch zu den Mahlzeiten auf. Liegt viel im Bett, ohne zu schlafen, er grübelt vor sich hin. So gut es geht, kümmere ich mich um ihn, versuche ihn aus dieser Phase zu holen. Ich versuche mit ihm zu reden, aber ich finde schnell heraus, dass er an einem Problem arbeitet und bevor er nicht für sich selbst zu einem Ergebnis gekommen ist, wird er nicht mit mir über seine Gedanken reden. Es muss reifen. Ich bemühe mich, das zu verstehen, aber hin und wieder fühle ich mich ausgeschlossen, will helfen und kann doch nichts tun. Die Situation ist unschön. Natürlich nicht nur für mich, besonders für Peter. Aber auch ich merke langsam, dass ich an meine persönlichen Grenzen stoße.

Kapitel 18

    Was mich nervös macht, fast wütend, ist, dass Peter für sich beschlossen hat, den Kindern nichts zu sagen. Das finde ich unerhört. So geht das nicht! Da ich jedoch keinen Streit mit ihm provozieren will, warte ich, bis er zu einem Kontrolltermin zu seiner Hausärztin geht und rufe in dieser Zeit unverzüglich bei den Kindern an. Ich teile ihnen mit, was nun bei den neuen Untersuchungen gefunden worden ist. Alessa ist bestürzt und ich bitte sie, ihrem Vater nicht zu sagen, dass ich bei ihr angerufen und sie informiert habe.
    Thomas reagiert zunächst recht locker. Zu lange schon leben alle mit dem Wissen, dass der Vater schwer krank ist. Aber ich sage ihm eindringlich, dass wir uns jetzt auf dem letzten Stück des Weges befinden. Und da ich keine Telefonnummer von Jochen habe, bitte ich sowohl Alessa als auch Thomas, diesen zu unterrichten. Ich will ihn nicht ausschließen, aber ich habe keine Möglichkeit ihn direkt zu informieren.
    Schon am Nachmittag ruft erst die Tochter, dann der Sohn beim Vater an und erkundigt sich nach seinem Befinden. Und natürlich können sie nicht für sich behalten, dass ich sie informiert habe. Sie bitten ihren Vater, mir nicht böse zu sein, aber sie finden es wirklich wichtig, dass sie Bescheid wissen und sind froh, dass ich angerufen habe. Peter wiegelt alles ab, wie es seine Art ist.
    „Macht mal nicht so viel um mich her“, rät er beiden Kindern und erklärt, so gut es geht, die Situation.
    „Nein, ein richtiges Gespräch mit dem Oberarzt hat noch nicht stattgefunden, das steht noch an. Also macht euch mal keine Gedanken.“
    Anschließend kommt er zu mir und sagt: „ So, du hast also die Kinder informiert.“
    „Hör mal“, gebe ich zur Antwort, „es geht doch nicht, dass sie nicht Bescheid wissen. Stell dir doch mal vor, du stirbst und sie sind nicht darauf vorbereitet. Weißt du, was du ihnen damit antun würdest? Mir übrigens auch, denn wie soll ich ihnen je wieder in die Augen schauen können? Ich kann doch nicht so tun, als hätte ich nichts gewusst. Das geht einfach nicht.“
    Er legt den Arm um mich:
    „Danke, dass du das gemacht hast. Ich weiß immer nicht so richtig, was ich sagen soll. Komme mir vor wie ein Angeber, der sich wichtigmachen will. Ich bin froh, dass du mir das Telefonat abgenommen hast.“
    Die nächste Chemo in der Klinik steht an und zuvor geht Peter, wie immer, zu unserer Ärztin und lässt sich Blut abnehmen. In der Klinik wird ihm sofort mitgeteilt, dass keine Chemo gemacht werden kann, weil seine Blutwerte extrem schlecht sind. Also wieder nach Hause. Die Blutwerte bessern sich, die Schmerzen nehmen ab und so wird in der darauffolgenden Woche die Chemo nachgeholt.
    Endlich, nach dieser Chemo findet dann doch das Gespräch mit dem Oberarzt statt. Peter liegt daran, dass ich bei dem Gespräch zugegen bin. Das ist mir sehr recht, denn er neigt dazu, Dinge, die er nicht hören will, einfach nicht zu hören. Ich höre ganz anders zu, wenn etwas gesagt wird, stelle ganz andere Fragen an die Ärzte.
    Der Arzt nimmt sich wirklich Zeit für uns. Mir fällt auf, dass er auf Fragen wartet - Erklärungen von sich aus, die gibt er nicht. Peter aber will Antworten, er will wissen, wo er steht, wie es weiter gehen wird. Und so teilt ihm der Arzt mit, dass eine erneute OP nicht mehr in Frage kommt. Man kann erneut bestrahlen, aber das will Peter auf keinen Fall. Dann wird noch eine stärkere Chemo angesprochen, was jedoch momentan nicht in Frage kommt. Zunächst muss man nun abwarten, wie die jetzige Chemo anschlägt. Als das Gespräch fast zu Ende ist, stellt Peter die wichtigste Frage, die ihn immer wieder beschäftigt.
    „Wie wird das Ende sein? Werde ich ersticken?“
    Seit seiner Kindheit hat er immer

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