Die Zwerge
vor kurzem noch mit dem Famulus sprechen sehen. Die fette, aufgedunsene Figur in der dunkelgrünen Robe gehörte dem abtrünnigen Magus, der seinen Ziehvater umgebracht hatte.
In Wirklichkeit sah der Mensch noch widerlicher aus. Bluttränen liefen ihm über die Wangen, das Fett und die Haut hingen weich vom Gesicht und verzerrten die Züge. Er stank, als hätte er sich in einer Grube mit verwesenden Abfällen gewälzt.
»Ihr seid weit gekommen«, sprach er mit säuselnder Stimme. »Nun ist es genug.« Er richtete seine Augen auf Tungdil, die verquollene Hand reckte sich ihm entgegen. »Gib mir den Lederbeutel mit den Artefakten und die Bücher, die du in Grünhain stahlst, danach bist du frei.«
Tungdil packte trotzig seine Axt. »Nein. Es sind die Sachen meines Herrn, und er hat nicht gesagt, dass du sie bekommen sollst.«
Nôd’onn lachte. »Hört, wie er spricht, der tapfere Zwerg.« Er machte einen Schritt nach vorn. »Was du mit dir herumträgst, ist mein Eigentum. Ich werde nicht weiter verhandeln.« Er rammte den Gehstab in die Erde und neigte das Ende mit dem Onyx leicht nach vorne.
Der Rucksack und der Beutel mit den magischen Gegenständen lebten plötzlich, sie zerrten an Tungdil, um sich von ihm zu befreien. Er klammerte sich an die Riemen, um sie aufzuhalten, doch die Kräfte, welche der Magus einsetzte, waren zu stark. Die Lederschlaufen rissen ab und glitten durch seine Finger. Im letzten Augenblick stellte er den Fuß auf einen Sackzipfel.
Kurz entschlossen hob er die Axt. »Ich werde die Artefakte vernichten«, drohte er.
»Nur zu. Du würdest mir Arbeit abnehmen«, forderte ihn Nôd’onn auf. Er hob die Rechte, spreizte die Finger und ballte sie abrupt zu einer Faust.
Die Gepäckstücke wurden mit enormer Kraft in die Luft gerissen, dass der Zwerg sie nicht mehr zu halten vermochte. Sie fielen einem riesigen Ork auf den Arm, der sie grunzend an sich drückte.
Der Magus hustete unvermittelt; ein Blutrinnsal sickerte aus der Nase, das er sich mit einer hastigen Bewegung wegwischte. »Kehrt in euer Reich zurück, Zwerge, und richtet eurem König aus, dass ich sein Land benötige. Er kann es mir überlassen, ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wird, oder aber meine Truppen und Verbündeten erscheinen und nehmen es sich mit Gewalt.« Er deutete auf Tungdil. »Den hier könnt ihr mitnehmen. Ich habe keine Verwendung für ihn.«
Die beiden Brüder schwiegen; sie hielten ihre Waffen mit eiserner Entschlossenheit und warteten eine günstige Gelegenheit ab, um den Magus anzugreifen. Sobald er durch etwas abgelenkt würde, wollten sie ihn in Grund und Boden schlagen, doch noch fehlte es an dem passenden Ereignis, das seine Aufmerksamkeit und die der Orks auf sich zog.
Ein wenig abseits entstand unvermittelt Unruhe unter den Bestien. Es wurde geschoben und geschubst, erste böse Worte fielen. Ein besonders eindrucksvolles, muskulöses Exemplar zog sein Schwert und rammte es dem Nächststehenden aufgrunzend bis zum Heft in den Bauch. Innerhalb von Lidschlägen entspann sich ein blutiges Scharmützel in der Rotte.
Ingrimmsch senkte unmerklich den Kopf – ein untrügliches Vorzeichen für seinen Angriff gegen den Magus. Die braunen Augen richteten sich fest auf die Knie Nôd’onns.
»Du schlägst seinen Stab entzwei«, befahl er Tungdil auf Zwergisch. »Es wäre gelacht, wenn wir ihn nicht bezwängen.« Worte wie Selbstüberschätzung oder Zweifel schienen Boїndil fremd zu sein.
»Nein. Mit gewöhnlichen Waffen gelingt es uns nicht.« Tungdil schielte zu dem gerüsteten Scheusal, das den Rucksack und den Beutel mit den Artefakten hielt. »Wir brauchen diese Dinge. Wenn er sie vernichten will, so fürchtet er sie nicht ohne Grund«, wisperte er.
»Dann kennst du deine Aufgabe, Tungdil. Achtet auf mein Signal«, brummte Ingrimmsch, doch bevor die drei Zwerge losschlugen, kam ihnen jemand zuvor.
Vom Hügel aus stieß ein gleißender Strahl herab und traf den verräterischen Magus in die Seite. Der Mann keuchte auf, die Finger gaben den Stab frei, und er taumelte nach rechts.
Die nächste Lanze aus reiner Magie schoss heran und verdampfte zehn Orks zu stinkenden Überresten aus Metall und Fleisch. Die übrigen Bestien grölten durcheinander und schauten sich nach dem neuen Angreifer um. Rasch entdeckten sie die schmale Gestalt auf der Anhöhe und stürmten die sanfte Erhebung hinauf.
Nôd’onn fuhr herum und öffnete die Rechte; sein Stab schnellte vom Boden auf und flog ihm in die Hand.
Auf
Weitere Kostenlose Bücher