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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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lauter und bedrohlicher, und daher lief er so schnell zurück wie er konnte. Ihn hielt nichts mehr hier, er wollte nur mehr aus dem Schwarzjoch und vor den Geistern fliehen.
    Das Wispern, Schreien und Krachen ließen nach, je weiter er sich aus dem Stollenabschnitt entfernte.
    Tungdil empfand selten Furcht, aber der Tafelberg stellte sein Herz auf eine harte Probe. Lieber stand er in strahlendem Sonnenschein oder im dichtesten Regen, als eine Nacht in diesem Gestein zu verbringen. Jetzt, wo er das entsetzliche Geheimnis der Festung zu einem Teil kannte, sah er die Geister seiner toten Ahnen um sein Nachtlager stehen.
    Nach unzähligen Stunden der Suche entdeckte er zwar keinen ausdrücklichen Verweis auf den Verbleib Goréns, aber er fand den Namen einer Elbin mehrfach in selbst verfassten Liebesgedichten. Ein Ort war so oft auf den brüchigen Landkarten eingekreist worden, dass Tungdil annahm, Gorén sei dorthin weiter gezogen: nach Grünhain.
    Um dorthin zu gelangen, standen Tungdils Füßen weitere dreihundertfünfzig Meilen nach Nordwesten bevor. Der Famulus hatte sich allem Anschein nach in den Forst zurückgezogen, der als Ausläufer des Ewigen Waldes galt, welcher wiederum im Elbenreich Âlandur lag. Legenden sprachen von der besonderen, friedvollen Stimmung, die zwischen den Stämmen herrschte; das Laub fiel und spross stets neu, ohne sich um Winter, Sommer, Frühjahr und Herbst zu kümmern.
    Tungdil zählte die Hinweise zusammen und grinste. Er hat sich in ein Spitzohr verliebt und ist zu ihr gegangen. Die unbekannte Elbin bescherte ihm also eine Verlängerung seines Abenteuers, und das sorgte nicht unbedingt dafür, dass er die Spitzohren lieber mochte.
    Der Zwerg wollte in die Küche zurückkehren, um von dort aus den Gang nach draußen zu nehmen, doch in Gedanken versunken verpasste er eine Abzweigung. Auf diese Weise sah er noch mehr von der Festung der Dritten. Er erkannte, dass sich der Stamm Lorimburs zwar Mühe gegeben hatte, Eindrucksvolles zu schaffen, aber es war ihnen nicht gelungen. Wände hingen schief, die Abstände zwischen den Tritten passten nicht, waren unregelmäßig gehauen. Der Fluch von Vraccas, der auf ihnen lastete, ließ sie das Elementarste aller Zwergenhandwerke mehr schlecht als recht beherrschen.
    Schließlich stand er vor einem Torbogen, den die Erbauer mitten in den Fels gehauen hatten. Laut las er die Runen, die auf dem Schlussstein standen, und schon wurde eine Fuge in der massiven Wand sichtbar. Die Flügel aus Stein schoben sich malmend auseinander, um ihn nach draußen zu entlassen. Kaum hatte Tungdil ihn passiert, verschloss sich der Ausgang hinter ihm. So sehr er tastete und suchte, er entdeckte keine verräterische Spalte, die auf den Eingang hinwies. Wenigstens das konnten die Dritten.
    Der kurze Weg durch den dichten Tannenwald erleichterte ihm die Gewöhnung an das Tageslicht, und als er schließlich die Straße entlang in Richtung Grünhain trottete, machte ihm die Helligkeit schon nichts mehr aus.
    Zum ersten Mal auf seiner Reise freute sich Tungdil über das Summen der Bienen, den Geruch von Gras und den hellen Sonnenschein. Alles war besser als das Schwarzjoch.

V
     
     
    Das Geborgene Land, das Zauberreich Lios Nudin
im Jahr des 6234sten Sonnenzyklus,
Frühsommer
     
    A m Abend versammelten sich die sechs Frauen und Männer im Saal, um ihre Vorbereitungen zu treffen.
    Die Stühle um den Malachittisch herum wurden entfernt. Auf den Marmorboden zeichneten sie einen großen Kreidekreis und versahen ihn mit farbigen Symbolen, Runen und Schriftzeichen; diese dienten dazu, die beschworene Magie nach der gelungenen Beschwörung festzuhalten und eine gewisse Zeit zu binden, damit sie nicht wirkungslos verpuffte. Dann sollten die Energien gleichzeitig in den Tisch in der Mitte geleitet werden.
    Es dauerte Stunden, bis diese Arbeiten beendet waren. Kein Wort wurde gesprochen, denn eine Unterhaltung gefährdete die Konzentration, und ein falscher Strich hätte zur Folge gehabt, dass alles von neuem hätte aufgemalt werden müssen.
    Lot-Ionan war als Erster fertig und betrachtete den dunkelgrünen Malachittisch, mit dem es eine besondere Bewandtnis hatte. Er hatte das ungewöhnliche Möbelstück einst bei einem Krämer entdeckt und mehr in dem Stein gesehen. Seine Nachforschungen hatten ergeben, dass die Mine, aus der der dunkelgrüne Malachit stammte, im Ausläufer eines Magiefeldes lag. So hatten seine Versuche die besondere Fertigkeit des Gesteins aufgedeckt, Magie zu

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